Prisma

Immer weniger Mütter stillen ihre Babys

Folgeschäden in Milliardenhöhe

cae | Aufklärungskampagnen über die Vorteile des Stillens sind längst nicht so erfolgreich wie die Werbung für industriell hergestellte Ersatznahrung. Immer weniger Babys werden deshalb mit Muttermilch ernährt. Epidemiologen und Gesundheitsökonomen warnen und fordern effektive Maßnahmen zur Förderung des Stillens.
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Muttermilch ist für Babys die beste Nahrung, und Stillen tut auch den Müttern gut.

Der Anteil der zwölf Monate alten Kinder, die noch gestillt werden, beträgt in Indien 92 Prozent gegenüber 27 Prozent in den USA, 23 Prozent in Deutschland und knapp ein Prozent in England. Der Trend zeigt allerdings, dass die armen Länder in dem Maße, wie sie sich wirtschaftlich entwickeln, auch bezüglich der Ernährung der Säuglinge den Westen nachahmen: Industriell gefertigte Kindernahrung wird immer beliebter. Laut einer Schätzung betrug der weltweite Umsatz im Jahr 2014 rund 50 Milliarden Dollar. Im selben Jahr soll das Nicht-Stillen ­einen Schaden von 300 Mrd. Dollar verursacht haben, was 0,5 Prozent des globalen Brutto­nationaleinkommens entspricht. Wenn 90 Prozent der Kinder bis zum Alter von sechs Monaten ausschließlich und danach bis zum ­Alter von 23 Monaten teilweise mit Muttermilch ernährt würden, könnten jährlich 823.000 Kinder am Leben bleiben, die unter den heutigen Bedingungen sterben.

Die Metaanalyse von vielen Studien zum Thema Stillen ergab: Stillen senkt die Anfälligkeit für Infektionskrankheiten wie Dysenterie (in den Tropen oft lebensbedrohlich), Bron­chitis oder Mittelohrentzündung. Es wirkt sich auch auf das spätere Leben aus, indem es die Intelligenz fördert und die Häufigkeit von Zahnfehlstellungen sowie die Risiken für Über­gewicht und Diabetes senkt. Kein eindeutiger Zusammenhang besteht zwischen Stillen und Allergien, Bluthochdruck und Hypercholesterolämie. Das einzige Risiko für den Säugling betrifft die Zahngesundheit, weil der Milchzucker Karies hervorrufen kann.

Wichtig ist es, mit dem Stillen innerhalb einer Stunde nach der Geburt zu beginnen. Diese Frist wird bei ­Babys, die durch Kaiserschnitt zur Welt gekommen sind, häufig nicht ­eingehalten.

Mit dem Stillen sinkt das Brustkrebsrisiko der Frauen signifikant: Schätzungsweise 20.000 Frauen weniger würden jährlich an Brustkrebs sterben, wenn sie die oben genannten Empfehlungen zum Stillen befolgt ­hätten. Möglicherweise senkt das ­Stillen auch die Risiken für Ovarialkarzinom und Diabetes Typ 2. |

Quellen

Victora CG, et al. Breastfeeding in the 21st century: epidemiology, mechanisms, and lifelong effect. Lancet 2016;387:475-490

Rollins NC, et al. Why invest, and what it will take to improve breastfeeding practices? Lancet 2016;387:491-504

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