Prisma

Raupenpilz für viele Zwecke

Gemüse, Potenz- und Arzneimittel

cae | Als eine Art „natürliches Viagra“ macht der Raupenpilz Schlagzeilen. Dabei werden die aus ihm hergestellten Arzneimittel in China vor allem bei vielen anderen Indikationen genutzt. Die Studien zu den Wirkmechanismen und zur Wirksamkeit sind noch nicht systematisch ausgewertet worden.
Foto: Jankovoy – Fotolia.com

Der Raupenpilz ist ein Mycel, das etwa das Aussehen der Schmetterlingslarve hat, die er völlig durchdrungen und aufgezehrt hat.

Der Chinesische Raupenpilz (Ophio­cordyceps sinensis), der entfernt mit den Trüffeln verwandt ist, kommt im Tibetischen Hochland und im Hima­laya zwischen 3000 und 5000 m Höhe vor. Im Spätherbst infizieren Pilz­sporen die in der oberen Bodenschicht überwinternden Larven eines Wurzelbohrers (Nachtschmetterling) und verzehren ihn, worauf sie im Sommer oberirdische Fruchtkörper bilden. ­Gesammelt wird allerdings nicht der Fruchtkörper wie bei den meisten Pilzen, sondern das Mycel, das die Form der ehemaligen Schmetterlingslarve (Raupe) an­genommen hat. Ursprünglich wurde es vor allem als Gemüse verzehrt, worauf der tibetische, ins Chinesische übernommene Name hinweist, etwa: Winterraupe-Sommerkraut. Spätestens seit dem 17. Jahrhundert wird er auch arzneilich verwendet, und seit 1964 ist er im amtlichen Chinesischen Arzneibuch (CP) monografiert. Aktuell steht der Raupenpilz als Aphrodisiakum hoch im Kurs – mit sinkenden Mengen, aber steigenden Preisen. Schon im Jahr 2004 wurde der Wert der Wildsammlung in China auf 10 Mrd. Yuan (damals ca. 1 Mrd. Euro) geschätzt.

Als Hauptwirkstoff wird das Nucleosid­analogon 3‘-Desoxy-adenosin diskutiert, das den Trivialnamen Cordycepin trägt. Wenn dieses bei der Transkription anstelle von Adenosin als Baustein der RNA-Synthese verwendet wird, bricht die Synthese ab. Dies kann von Vorteil sein, wenn die Boten-RNA praktisch fertig ist und nur das An­fügen von an sich unnötigen Adenosin-Bausteinen, eines sogenannten Poly(A)-Schwanzes, verhindert wird. Zudem hemmt Cordycepin auf die gleiche ­Weise wie Sirolimus (Rapamycin) den mTOR-Signalweg, der viele physiologische Funktionen beeinflusst; dies erklärt teilweise die vielfältigen Anwendungsgebiete des Pilzes.

Der Raupenpilz und nahe Verwandte werden in China auch künstlich kul­tiviert, um aus den (teils asexuellen) Fruchtkörpern Wirkstoffe zu extrahieren und zu Fertigarzneimitteln zu verarbeiten. Die offizinellen Drogen in der CP heißen Hirsutella sinensis, Paecilomyces hepiali und Mortierella hepiali. Die weltweit verbreitete Art Cordyceps militaris wird in China vor allem als Nahrungsmittel, aber zunehmend auch als Arzneirohstoff kultiviert. |

Quellen

Hardeep S., et al. Pharmacological and therapeutic potential of Cordyceps with special reference to Cordycepin. 3 Biotech 2014;4(1):1-12

Dong C, et al. Cordyceps industry in China. Mycology 6;2015:121-129

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