Prisma

Struwwelpeter wider Willen

Genmutationen machen Haare „unkämmbar“

cae | Ein Wildwuchs der Haare kann angeboren sein. Bei Europäern tritt das „Syndrom der unkämmbaren Haare“ sehr selten auf, meistens bei blonden Kindern. Im Erwachsenenalter schwächt sich das Syndrom ab.
Foto: privat
Kämmen und bürsten nützt hier nichts: Kind mit Struwwelpeter-­Syndrom.

Das „uncomable hair syndrome“ (UHS) wurde erstmals im Jahr 1973 wissenschaftlich beschrieben, und bis jetzt sind erst gut 100 Fälle bekannt geworden. Bei den Betroffenen kräuselt sich das Kopfhaar und lässt sich auch durch Kämmen und Frisieren nicht glätten. Die ebenfalls geläufige Bezeichnung „Struwwelpeter-Syndrom“ trifft den Sachverhalt also nur bezüglich des Aussehens, aber nicht bezüglich der Ursache, die kürzlich aufgeklärt wurde.

Humangenetiker um Regina Betz in Bonn und Kollegen in Toulouse haben entdeckt, dass die deformierten Haare durch Mutationen der Gene PAID3, TGM3 und TCHH entstehen. Die beiden ersteren codieren zwei Enzyme: Peptidylarginin-Deiminase 3 und Transglut­aminase 3. TCHH codiert das argininreiche Strukturprotein Trichohyalin, das sich mit sich selbst und anderen Strukturproteinen vernetzt und an mehreren Stellen des Epithels vorkommt. In der inneren Haarwurzelscheide des Haarfollikels wird Trichohyalin mit Filamenten vernetzt und trägt damit wesentlich zur Gestaltung des Haarschaftes bei. Bei diesem Prozess sorgt die Peptidylarginin-­Deiminase dafür, dass das Arginin im Trichohyalin großenteils in Citrullin umgewandelt wird; die Transglutaminase wiederum fördert die Vernetzung. Wenn aufgrund einer Genmutation das Trichohyalin oder eines der beiden Enzyme nicht richtig funktioniert, wird das Haar instabil. Die Gründe für die Instabilität haben die Autoren anhand von dreidimensionalen Proteinmodellen dargelegt. Dass jedes einzelne der beiden Enzyme bei einem Defekt das UHS hervorruft, haben sie durch Ausschaltung (Knock-out) der jeweiligen Gene bei Mäusen nachgewiesen.

Die drei Genmutationen werden autosomal rezessiv vererbt. Sie verursachen keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sondern wirken sich nur auf die Haare aus. |

Quelle

Basmanav FBÜ, et al. Mutations in three genes encoding proteins involved in hair shaft formation cause uncombable hair syndrome. Am J Hum Genet; Epub 17.11.2016

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