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Aus den Ländern
Routine und Feiern
Die Landesapothekerkammer Hessen hat 60. Geburtstag
Der Haushalt: Ausgeglichen, solide gerechnet und konservativ
Einen ausgeglichenen Haushaltsentwurf für 2017 präsentierte Klaus LangHeinrich, Mitglied im Finanzausschuss der Kammer. Die Einnahmen aus den Kammerbeiträgen werden mit 2,87 Mio. Euro berechnet, wobei immer ein Unsicherheitsfaktor bestehe, der sich aus den Entwicklungen im Apothekenwesen ergibt. Für die Bilanzierung erweist sich die zunehmende Zahl an Filialapotheken als schwierig, denn je mehr Filialapotheken bestehen, umso geringer werden die gezahlten Beiträge. Die übrigen Einnahmen seien ähnlich wie in den Vorjahren angestiegen, so LangHeinrich. Eine Zunahme um 20.000 Euro im Vergleich zu 2016 verzeichnet die Position Gebühren für Seminare und Praktika, da hier die Schulungen für das Athina-Projekt erfasst sind. Die Gesamterträge belaufen sich auf 5,275 Mio. Euro. Auf der Seite der Ausgaben nannte LangHeinrich die Position der Reisespesen, die vorsorglich erhöht angesetzt wurde, um auch unvorhergesehe Veranstaltungen abdecken zu können. Vorstellbar sei ein außerordentlicher Apothekertag, Rufe danach seien in den letzten Wochen laut geworden. Der Posten für die EDV wurde vorsorglich um 68.000 Euro im Vergleich zu 2016 höher angesetzt. Begründet wurde das mit einem neuen Programm zur Mitgliederverwaltung und der erweiterten und neu gestalteten Kammerhomepage. Zudem gehe man davon aus, dass auch bei der Erstellung des elektronischen Heilberufeausweises zusätzliche Kosten entstehen werden. Der Etat für die Weiterbildung wurde leicht erhöht, die anderen Positionen bleiben ähnlich wie 2016. Insgesamt sei der Haushalt mit einem Ausgabevolumen von 5,275 Mio. Euro ausgeglichen, betonte LangHeinrich, er sei vorsorglich, seriös und konservativ gerechnet. Die Delegiertenversammlung stimmte einstimmig für diesen Haushaltsplan. LangHeinrich stellte auch den Haushalt des Versorgungswerkes vor. Aus 2016 resultieren Erträge von 46.666 Mio. Euro, sie sind vorsorglich um 2% reduziert worden. Die Erträge aus Zinsen und Ähnlichem betragen 60 Mio. Euro und seien weiterhin schwach wachsend. Der Rechnungszinsfuß 2016 wird erreicht werden. Der vorgelegte Haushalt ermöglicht einen stabilen Überschuss, der ausreiche, die erforderlichen Rückstellungen zu erhöhen. Die Delegiertenversammlung nahm auch diesen Haushaltsplan einstimmig an.
Die Lage nach der Entscheidung des EuGh
Kammerpräsidentin Ursula Funke berichtete von den Ereignissen nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshof (EuGH). Alle seien davon überrascht worden, so Funke, trotzdem wurde schnell reagiert. Sowohl in der Kammer als auch auf Bundesebene habe man sich noch an dem gleichen Tag damit beschäftigt, wie die nächsten Schritte aussehen könnten. Die Mitglieder wurden am gleichen Tag informiert, wie die Sachlage und die rechtliche Situation in Deutschland aussieht und vor allem auch, wie sich die Mitglieder verhalten sollen. In Hessen, so Funke, gebe es keine Probleme mit Preisdumping-Aktionen. Schnell wurden Informationsmaterialien für die Mitglieder und auch für Patienten zur Verfügung gestellt, die auch auf Bundesebene übernommen worden sind. Die Kammer hat sofort Kontakt mit dem hessischen Sozialministerium und dem Regierungspräsidium aufgenommen und Gespräche geführt. Schnell wurde im Sozialministerium erkannt, dass ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln notwendig sei, um in Deutschland zuverlässig weiterarbeiten zu können. Alle hessischen Bundestagsabgeordneten wurden angeschrieben und ihnen die Situation geschildert. Mit unterschiedlichen Reaktionen: Die SPD wolle alle Möglichkeiten prüfen, aber keine vorschnellen Entscheidungen treffen, alles müsse gut überlegt werden. Die CDU stellt sich in einem Schreiben hinter die Apothekern. Sie hält eigentlich das Versandhandelsverbot für sinnvoll, hat aber rechtliche Bedenken. Auch hat die Kammer sehr intensive Pressearbeit betrieben, wobei eine große Unkenntnis über die Arzneimittelversorgung in Deutschland festgestellt wurde, aber auch ein großer Unwille. Es sei erschreckend, wie in eigentlich seriösen Medien beleidigende Meldungen über den Berufsstand zu lesen sind. Die Diskussion um ein Verbot des Versands mit Rx-Arzneimitteln geht weiter. Allerdings sei man gehörig unter Zeitdruck, so Funke. Deutlich ist nun, dass das Rx-Versandverbot nicht in das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz aufgenommen wird. Es werde für das von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe geplante Verfahren einen eigenen Gesetzentwurf geben. Da ein Versandverbot einen Eingriff in den EU-Binnenmarkt darstellt, muss es ein sogenanntes Notifizierungsverfahren durchlaufen. Und das könne sich bis in den Sommer hinziehen. Als fatal schätzt Funke die bevorstehende Bundestagswahl ein, denn es gelte der Grundsatz der Diskontinuität. Alle Initiativen, die noch im Gesetzgebungsverfahren sind und nicht bis zur Bundestagswahl abgeschlossen sind, würden am Ende der Legislaturperiode verfallen. Trotzdem sollten die Apotheker alles unternehmen, die Bevölkerung von der Wichtigkeit des Rx-Versandverbots für den Weiterbestand des deutschen Apothekenwesens zu überzeugen. Funke rief die hessischen Delegierten auf, sich aktiv an der von der ABDA geplanten Unterschriftenaktion zu beteiligen und die Politiker vor Ort und auf Bundesebene zu kontaktieren, um sie von einem Rx-Versandverbot zu überzeugen.
Die Berufsvertretung ist mehr denn je gefordert
In seinem Grußwort betonte der hessische Minister für Soziales und Integration, Stefan Grüttner, dass es sich aus Sicht des Landes in der Vergangenheit gezeigt hat, dass man sich immer aufeinander verlassen konnte und kann. Zwar habe man nicht immer die gleiche Auffassung, aber häufig genug, um konstruktiv und gut zusammen arbeiten zu können. Grüttner schätze die Apotheke als zuverlässiger und kompetenter Partner für das Land. Er müsse auch feststellen, dass die Landesapothekerkammer die Interessen einer Berufsgruppe vertritt, die in der Öffentlichkeit nicht so wahr genommen wird, wie die Ärzteschaft. Aber Grüttner ist überzeugt, dass die Apotheker in der Bevölkerung eine ebenso hohe Wertschätzung genießen wie die Ärzte. Die Arzneimittelversorgung in den Apotheken sei für die Gesundheit der Menschen einfach unersetzlich. Grüttner sprach den Spagat der Selbstverwaltung an: Der Staat überträgt der Apothekerkammer ein Stück weit die Pflicht, im Sinne des Gemeinwohls für Ordnung im Beruf zu sorgen, gibt ihr Sanktionsmöglichkeiten bis hin zur Berufsgerichtsbarkeit. Gleichzeitig hätten die berufsständischen Organisationen aber das Recht und auch die Pflicht, die Politik in Gesundheitsfragen nicht nur zu beraten, sondern auch Kritik zu üben und vor allen Dingen die Interessen des Berufsstandes insgesamt gegenüber Staat und Gesellschaft zu vertreten. Grüttner betonte, wie wichtig es aus seiner Sicht ist, dass nicht nur Nachwuchs für die Apothekenlandschaft generiert werde, sondern auch Nachwuchs für die Selbstverwaltung in den Kammern und Verbänden.
Regeln für alle
In seinem Festvortrag beschrieb Prof. Dr. Winfried Kluth von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg das Spannungsfeld zwischen Interessenvertretung und Qualitätssicherung, in dem sich die berufliche Selbstverwaltung bewegt. Das Modell der Kammer sei immer noch aktuell und zukunftsfähig, aber zunehmend werde es wichtiger, die Berufsvertretung in Gesetzgebung, Aufsicht und Interessenvertretung einzubeziehen. Der Beruf des Apothekers gilt als Vertrauensberuf. Dieser Begriff trifft auf Rechts- und Wirtschaftsberufe wie Steuerberater oder Rechtsanwälte ebenso zu wie auf die Heilberufe. Grundlage ist das Phänomen der Arbeitsteiligkeit in der modernen Gesellschaft. Keiner kann alles wissen, Spezialisten differenzieren ihre Kenntnisse immer weiter aus.
Ein Vertrauensberuf trifft in besonders wichtigen und schicksalhaften Situationen eine Entscheidung für den Einzelnen. Menschen, die die Leistungen solcher Vertrauensberufe in Anspruch nehmen, befinden sich oft in einer Ausnahmesituation, in der Entscheidungen getroffen werden müssen, die Krankheit, Prozessführung oder Vermögensverfügungen betreffen. Vertrauen sei aber nur möglich, wenn sich alle in der Gesellschaft an Regeln halten, die als verbindlich akzeptiert werden. Darauf zu achten, dass die Regeln eines Berufsstandes eingehalten werden, ist eine elementare Aufgabe der Kammern. Die Einbeziehung der Berufsträger in die Berufsgesetzgebung, Berufsaufsicht, Interessenvertretung und Qualitätssicherung ist aktueller denn je. Unerlässlich ist aber dabei die Orientierung an der Grundidee des öffentlichen Amtes und des Ehrenamtes, das dem Kammermodell erst seine Legitimation verleiht. Die Kernbereiche der klassischen Berufsaufsicht sind nach der Einschätzung von Kluth weiterhin die Grundlage einer nachhaltigen Qualitätssicherung. |
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