Arzneimittel und Therapie

Lactobacillus kontra Helicobacter

Kann ein Probiotikum Antibiotika ersetzen?

rr | Für das Nahrungsergänzungsmittel Pylosan® wird mit der Aussage geworben, dass der darin enthaltene Lactobacillus-Stamm „eine Besiedelung mit Helicobacter pylori auf sanfte und natürliche Weise reduzieren kann“. Ein Werbeversprechen, das einen falschen Eindruck erwecken könnte.

Eine Besiedelung des Magens mit Helicobacter pylori kann zu akuter und chronischer Gastritis bis hin zu Geschwüren im Magen und im Zwölffingerdarm führen. Die aktuelle S2k-Leitlinie empfiehlt zur Eradikation eine Kombinationstherapie mit Protonenpumpeninhibitor und zwei oder drei Antibiotika (Clarithromycin, Metronidazol, Amoxicillin) über mindestens sieben Tage. Das gleiche Ziel, aber einen anderen Ansatz verfolgt das Probiotikum Pylosan®: Hier soll ein inaktiviertes Milchsäurebakterium den Kampf mit dem Magenkeim aufnehmen. Pro Kapsel sind 1 × 1010 koloniebildende Einheiten Lactobacillus reuteri DSM 17648 (100 mg) enthalten, daneben 5 mg Zink und 1,25 µg Vitamin B12. Empfohlen werden zweimal täglich eine Kapsel über 14 Tage oder länger.

Foto: © Organobalance
Ein Konglomerat der Bakterien Lactobacillus reuteri (blau) und Helicobacter pylori (rot) unter dem Elektronenmikroskop.

Punkt für Lactobacillus

Laut Herstellerangaben ist die Wirkweise von Lactobacillus reuteri rein physikalisch: Es bindet hochspezifisch an Oberflächenstrukturen von H. pylori und bildet ein Konglomerat, das über die Peristaltik des Gastrointestinaltrakts abtransportiert und verdaut werden kann. Auf diese Weise soll Pylosan® verhindern, dass sich H. pylori wieder an der Magenschleimhaut ansiedelt. Die Inhaltsstoffe Zink und Vitamin B12 dienen der Unterstützung des Heilungsprozesses und der Funktionsfähigkeit des Magens.

In einer einfachblinden, randomisierten, Placebo-kontrollierten Studie mit 128 Probanden reduzierte die zwei­wöchige Anwendung von L. reuteri tatsächlich signifikant die Keimdichte von H. pylori in ansonsten gesunden Erwachsenen.

Punkt für Helicobacter

Eine Reduzierung der Keimdichte ist nach Einschätzung von Prof. Dr. Wolfgang Fischbach, Chefarzt der Gastroenterologie am Klinikum Aschaffenburg-Alzenau und Erstautor der Leitlinie, jedoch ein sinnloser Ansatz: „Wenn man eine H. pylori-assoziierte Erkrankung behandeln oder ihr vorbeugen möchte, muss man für eine konsequente und vollständige Eradikation sorgen. Eine Keimreduzierung wäre wie ein bisschen Antibiotika, aber nur kurz und nicht zu viel.“ Vorstellbar wäre dagegen ein Nutzen dieser Strategie zur Besserung von unspezifischen Oberbauchbeschwerden im Sinne einer Dyspepsie, die zumindest teilweise auf eine Infektion mit H. pylori zurückgeführt werden. Aber auch hier fehlen Belege.

Vorläufiges Ergebnis

Der Hersteller rudert auf Nachfrage etwas zurück: Ob mit dem Probiotikum eine komplette Eradikation von H. pylori erreicht und auf eine antibiotische Therapie verzichtet werden kann, muss noch geprüft werden. Man habe jedoch selbst keine Studien initiiert. Nach derzeitiger Datenlage wird das Präparat begleitend und im Anschluss an eine Antibiose empfohlen sowie in Fällen, in denen eine Antibiotika-Gabe nicht gewünscht wird. Mit dieser Aussage ist auch Prof. Fischbach zumindest in puncto Anschlussbehandlung einverstanden: „Probiotika können allenfalls unterstützend gegeben werden, um die Verträglichkeit zu verbessern und so indirekt die Eradikationsraten zu steigern.“ Sein Fazit lautet: Einem Patienten, der frühere Antibiosen schlecht vertragen hat, könnte ein Probiotikum begleitend empfohlen werden. Verzichtet werden kann auf eine Antibiotika-Therapie aber nicht. |

Literatur

Holz C, et al. Probiotics Antimicrob Proteins 2015;7(2):91-100

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