DAZ aktuell

Jeder Zweite lässt sich von 2 Euro locken

Online-Befragung: Boni wichtiger als Beratung und Qualität

FRANKFURT/MAIN (wes) | Dass die Sorgen der deutschen Apotheker über die Rezeptboni ausländischer Arzneimittelversender nicht aus der Luft gegriffen sind, zeigt eine aktuelle Umfrage: Jeder Zweite gab an, seine Rezepte zukünftig im Versand einlösen zu wollen, wenn er dafür 2 Euro Bonus bekommt.

Die Unternehmensberatung Sempora ist für ihre jährliche „Versandapotheken-Studie“ bekannt. Auf der Konferenz „Zukunft Apotheke“ des Tochter-Unternehmens Inspirato stellte Sempora-Geschäftsführer Tobias Brodt­korb am Montag eine Verbraucherbefragung zum Thema Rezeptboni vor – die Ergebnisse bestätigen die Sorgen über tiefgreifende Auswirkungen des EuGH-Urteils auf die deutsche Apothekenlandschaft.

Drei Tage nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das besagt, dass die deutsche Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel für ausländische Versandapotheken nicht gilt, hatte Sempora rund 1000 Verbraucher online befragt. Die Hälfte der Befragten (51%) gab dabei an, für einen Bonus von 2 Euro pro Arzneimittel ihre Rezepte immer oder meistens im Versand einlösen zu ­wollen. Dabei waren Jüngere eher ­versandaffin: von den 16- bis 28-Jährigen wollten das 62 Prozent tun, von den über 50-Jährigen aber immer noch 41 Prozent.

Auch die Sorge, ausgerechnet die Chroniker, die viele Arzneimittel benötigen, an den Versand zu verlieren, scheint berechtigt. Denn die Bereitschaft, für Boni den Versandhandel zu wählen, steigt mit der Anzahl der verordneten Arzneimittel. Von denjenigen, die ein bis sechs Arzneimittel pro Jahr verordnet bekommen, würden 49 Prozent diese für 2 Euro pro Präparat im Versand bestellen. Bei ­denen mit sieben bis zwölf Verordnungen waren es dagegen 58 Prozent, von denen mit mehr als zwölf Arzneimitteln 56 Prozent.

Das entscheidende Argument für den Versandhandel scheint dabei der Preis zu sein. So sagten nur 43 Prozent der Befragten, dass bei guter Beratung und Qualität der Apotheke ein Rezeptbonus nicht entscheidend sei. Würde die deutsche Preisbindung gelockert oder gar aufgehoben, würde dieser Trend noch verstärkt: 32 Prozent ­würden ausschließlich in Apotheken gehen, die Boni gewähren, weitere 41 Prozent überwiegend in solche ­Apotheken, ergab die Befragung. Nur 5 Prozent gaben an, weiterhin ausschließlich in ihre Stammapotheke zu gehen, auch wenn sie woanders Boni bekämen.

Wenig überraschend bestätigt die Umfrage auch die Sorge, dass mit einem „Verlust“ von Rezepten auch OTC-Umsatz abwandert: 58 Prozent gaben an, dass wenn es in den Apotheken Rx-­Boni gäbe, sie auch ihre Selbstmedi­kation in solchen Apotheken erwerben würden, die Boni bieten.

Die Frage, ob die Arzneimittel aus dem In- oder Ausland kommen, ist den Befragte dabei nicht gleichgültig. Vorausgesetzt auch deutsche Versandapotheken würden Boni bieten, wäre die Frage, ob die Apotheken im Inland sitzt, für 62 Prozent relevant. |


Inspirato zeichnet aus

Auf dem „Zukunft Apotheke“-Kongress wurde am Montagabend erstmals der „Inspirato Industry Award“ verliehen. Gekürt wurden die nach Meinung von 48 Entscheidern aus der OTC-Industrie beste Versandapotheke und die beste Apothekenkooperation.

Foto: Inspirato
Preisverleihung: Sempora-Geschäftsführer Tobias Brodt­korb übergab den „In­spirato Industry Award“, der in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen wurde.

Bei den Kooperationen überzeugten die Easy-Apotheken die Industrievertreter am meisten. Das Kooperationskonzept schnitt in den insgesamt 14 Kategorien, von „professionelle und partnerschaftliche Zusammenarbeit“, „Durchgriff auf die Kooperationsmitglieder“ und „Preis-Leistungs-Verhältnis“ bis zu „Vermarktungsmöglichkeiten“ oder „Category Management“, am besten ab. Auf Platz zwei kam die MVDA-Dachmarke Linda, auf Platz drei die Gehe-Kooperation „gesund leben“.

Bei den Versandapotheken kürten die Industrie-Entscheider die Shop Apotheke zur Jahresbesten. Die OTC-Tochter der Europa-Apotheek Venlo, die mit dem Geld aus dem kürzlich voll­zogenen Börsengang ihre europäische Expansion vorantreiben will, überzeugte in insgesamt ebenfalls 14 Kategorien. Auf Platz zwei kam die Versandapotheke medpex, auf Platz drei Apo-Rot.

Unterstützt wurde die Konferenz „Zukunft Apotheke“, in deren Rahmen die Preisverleihung stattfand, unter anderem durch eine Medienpartnerschaft mit der „Pharmazeutischen Zeitung“, dem „Zentralorgan“ der deutschen Apotheker. Deren Herausgeber, die ABDA, kämpft zurzeit heftig für ein Verbot des Versandhandels zumindest mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln.

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