- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 45/2016
- Ein Wochenende rund ums ...
Aus den Ländern
Ein Wochenende rund ums Blut
Scheele-Tagung in Binz auf Rügen
Der Vorsitzende der Scheele-Gesellschaft, Prof. Dr. Christoph Ritter, Greifswald, und Prof. Dr. Burkhard Hinz, Rostock, führten durch das Programm.
Dr. Hartmut Bettin, Greifswald, berichtete über die lange Geschichte des Blutes als Heilmittel. Dem Blut wurde im Mittelalter eine verjüngende und lebensspendende Kraft zugeschrieben, sodass es gegen viele Krankheiten und für „Verjüngungskuren“ eingesetzt wurde. Es wurde von verschiedenen Tieren gewonnen, und in mittelalterlichen Arzneibüchern gab es teilweise detaillierte Angaben zur Fütterung dieser Tiere, zum Schlachtungstermin und zur Verarbeitung des Blutes.
Weltweit einmalige Daten
Prof. Dr. Andreas Greinacher, Greifswald, stellte eine weltweit einzigartige Studie aus Mecklenburg-Vorpommern vor, die sich aus der demografischen Entwicklung im Land ergab. Darin wurden erstmals für ein ganzes Bundesland über zehn Jahre alle Blutspenden und alle Verbräuche von Erythrozytenkonzentraten erfasst. Aufgrund des außergewöhnlichen Geburtenrückgangs nach dem Fall der Mauer entspricht die derzeitige Altersstruktur in Mecklenburg-Vorpommern etwa der Situation, die in zehn Jahren als Durchschnitt für ganz Deutschland zu erwarten ist. Sie ist daher für Greinacher „die Blaupause für das ganze Land“. Dabei geht der Anteil der Menschen, die Blut spenden können, deutlich zurück, während die Zahl der Alten, die die meisten Blutkonserven benötigen, steigt.
Aufgrund der Daten von 2005 wurde für 2020 in Mecklenburg-Vorpommern eine Lücke von 47 Prozent zwischen Bedarf und verfügbarem Blut vorhergesagt. Da inzwischen mehr Blutspender mobilisiert werden konnten und die Medizin erkannt hat, dass viele Empfänger weniger Blut brauchen, als früher angenommen wurde, sinkt das für 2020 erwartete Defizit auf 20 Prozent. Für ganz Deutschland werde sich diese Situation zwischen 2020 und 2035 ergeben. Bisher werden Blutkonserven in Deutschland noch immer doppelt so oft eingesetzt wie in den Niederlanden und Kanada.
Greinacher mahnte, die ethischen Aspekte einer Rationierung rechtzeitig zu diskutieren. Letztlich sei zu klären, ob geplante Operationen bei jungen Patienten zurückgestellt werden müssen, wenn das Blut für palliative Therapien eingesetzt werden soll.
Vielfältige Vortragsthemen
Prof. Dr. Christian Junghanß, Rostock, beschrieb die jüngste Entwicklung in der Therapie von Leukämien als Umwälzung. Demnach beeinflussen neue Verfahren der molekularen Diagnostik die Therapie und die Prognose wesentlich. Dr. Jens Panse, Aachen, berichtete über Anämien. Diese seien das häufigste pathophysiologische Geschehen, das im Alter etwa jeden Vierten treffe. Der einfachen Diagnose stehen komplizierte Verfahren für die Suche nach den Ursachen gegenüber.
Der Sonntag stand ganz im Zeichen der Antikoagulation. Prof. Dr. Susanne Alban, Kiel, berichtete über die mittlerweile fünf Jahre währende praktische Erfahrung beim Einsatz der neuen oralen Antikoagulanzien.
Prof. Dr. Bernhard Rauch, Greifswald, stellte aktuelle Trends und Studien über Hemmstoffe der Thrombozytenaggregation vor. Wie Antikoagulanzien bei Vorhofflimmern eingesetzt werden, beschrieb Prof. Dr. Hendrik Bonnemeier, Kiel. Zum Abschluss der Tagung erläuterte Christiane Dings, Saarbrücken, die praktische Durchführung des Antikoagulanzienmanagements in der öffentlichen Apotheke.
Neben dem wissenschaftlichen Programm fanden der Begrüßungsabend am Freitag und der traditionelle Gesellschaftsabend am Samstag statt. Die gute Beteiligung auch von Studierenden und Apothekern im Ruhestand machte wieder den besonderen Charakter der Scheele-Tagung deutlich, die Generationen-verbindend für den kollegialen Zusammenhalt in Mecklenburg-Vorpommern sorgt. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.