Arzneimittel und Therapie

Geht Tamoxifen plus Paroxetin doch?

Folgen einer CYP2D6-Interaktion wahrscheinlich überbewertet

Etwa die Hälfte aller Brustkrebspatientinnen wird wegen einer Depression und/oder Angststörung behandelt. Einige Antidepressiva wie Paroxetin und Fluoxetin hemmen das Enzym CYP2D6, das nötig ist zur Aktivierung von Tamoxifen. In der Fachinformation wird deshalb von einer gleichzeitigen Gabe abgeraten. Das ist einer aktuellen Studie zufolge unnötig: Diese Interaktion schlägt sich nicht in einer erhöhten Mortalitätsrate nieder.

Der selektive Estrogenrezeptor-Modulator Tamoxifen wird durch CYP2D6 in aktive Metabolite wie Endoxifen umgewandelt, die eine noch höhere Affinität zu Estrogenrezeptoren besitzen als die Muttersubstanz. Dabei kann es schon allein wegen des natürlich vorkommenden Polymorphismus des CYP2D6-Gens zwischen Schnell- und Langsammetabolisierern zu dramatischen Unterschieden in der Geschwindigkeit der Bioaktivierung und somit der Wirksamkeit von Tamoxifen kommen.

Etwa jede vierte Frau, die mit Tamoxifen behandelt wird, nimmt aufgrund von depressiven Symptomen gleichzeitig selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) ein, wobei einige Vertreter wie Paroxetin und Fluoxetin als potente Inhibitoren des CYP2D6-Enzyms gelten und somit auch die Bioverfügbarkeit von Endoxifen beeinflusst werden kann.

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Achtung, Achtung: Das Anzeigen von potenziellen Interaktionen im Kassenprogramm ist ohne Frage hilfreich. Zu viele Meldungen können aber auch verwirren – oder abstumpfen. Entbehrlich sind Interaktionen, die nur auf dem Papier bestehen.

Ohne klinische Auswirkung?

Forscher der Harvard Medical School, Boston, USA, haben nun im Rahmen einer Kohortenstudie analysiert, ob sich die Einnahme von SSRIs mit CYP-Interaktionspotenzial tatsächlich auf die Wirksamkeit von Tamoxifen auswirkt. Hierzu wurden zwei Gruppen von Frauen mit Tamoxifen-Behandlung untersucht: Eine Kohorte (6067 Frauen) begann die SSRI-Behandlung neu, während die andere Gruppe (8465 Frauen) SSRIs bereits einnahmen, bevor die Therapie mit Tamoxifen indiziert war. Dabei galt die Mortalitätsrate, jeweils verglichen zwischen Patientinnen mit Paroxetin- oder Fluoxetin-Therapie gegenüber Behandlungen mit anderen SSRIs (Citalopram, Escitalopram, Fluvoxamin und Sertralin) als Endpunkt der Studie. Die mediane Nachbeobachtungszeit betrug etwa zwei Jahre.

In beiden Kohorten zeigten sich keine signifikanten Unterschiede bei der Anzahl an Todesfällen, wenn gleichzeitig mit SSRIs mit oder ohne CYP2D6-Hemmung therapiert wurde. Die Autoren der Studie sehen daher keine Gefahr einer verringerten Wirksamkeit von Tamoxifen, wenn Frauen gleichzeitig SSRIs, inklusive Paroxetin oder Fluoxetin, einnehmen.

Zweifel bleiben

Ein begleitendes Editorial bezweifelt jedoch, dass die Beobachtungszeit von zwei Jahren lang genug ist, um mögliche Unterschiede in der Morta­litätsrate mit ausreichender Sicherheit zu bestimmen. Zusätzlich sind Interaktionen zwischen SSRIs und Tamoxifen generell schwer zu analysieren, da Unsicherheiten wie der schon erwähnte CYP2D6-Polymorphismus, die patientenindividuelle Therapieadhärenz und andere Faktoren die Auswertung nachhaltig beeinflussen können. Letztlich sollten die Resultate der Studie ausreichend Beachtung finden, jedoch auch mit entsprechender Vorsicht interpretiert werden. |

Quellen

Donneyong MM, et al. Risk of mortality with concomitant use of tamoxifen and selective serotonin reuptake inhibitors: multi-database cohort study BMJ 2016;354:i5014

Juurlink D. Revisiting the drug interaction between tamoxifen and SSRI antidepressants BMJ 2016;354:i5309

Fachinformationen Tamoxifen

Apotheker Dr. André Said

1 Kommentar

Tamoxifen

von Cornelia Knoll am 11.04.2018 um 13:29 Uhr

Als Betroffene würde ich gerne wissen warum tamoxifen immer noch ohne die personelle Kontrolle der schnell -mittel -langsam metabolisieter für .das CFP2D6 Enzym verschrieben wird obwohl man weiss dass nur schnellmetabolisiern das Medikament überhaupt hilft

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