Deutscher Apothekertag 2016

Monopoly-Spiel zulasten der Patienten

Ein Kommentar von Andreas Ziegler

Dr. Andreas Ziegler, Redakteur der DAZ, Verlagsleiter Pharmazie

Mit überwältigender Mehrheit forderte der Deutsche Apothekertag alle Marktbeteiligten auf, die Lieferfähigkeit des pharmazeutischen Großhandels umfassend sicherzustellen. Ein nachvollziehbares Anliegen, wenn man bedenkt, welch unverhältnismäßigen logistischen und organisatorischen Aufwand der Bezug einzelner, über den Großhandel nicht erhältlicher Packungen direkt vom Hersteller oder über die Plattform pharma mall darstellt. Doch wie kommt es, dass der Großhandel bei bestimmten Präparaten nicht lieferfähig ist, während Hersteller angeben, der deutsche Markt werde sogar überversorgt? Die schlichte und ernüchternde Antwort: Die Ware folgt dem Geld. Wenn für bestimmte Präparate in England annähernd das Doppelte des deutschen Preises bezahlt wird, ist es naheliegend und gerade für international operierende Großhandelsunternehmen ein Leichtes, in Deutschland gekaufte Ware zu deutlich besseren Konditionen ins Ausland zu verschieben. Aber auch einige Apotheken konnten in den vergangenen Monaten der Versuchung nicht widerstehen, deutsche Arzneimittel mit satten Gewinnen an einen Exporteur zu verkaufen. Auch auf diesem Weg ging dringend benötigte Ware verloren. Dabei ist das Phänomen einer internationalen Verschiebung von Arzneimittel­kontingenten keineswegs neu, nur findet sich Deutschland bei bestimmten Präparaten heute auf der anderen Seite des Preisgefälles. Über viele Jahre wurden südeuropäische Arzneimittel gedankenlos nach Deutschland transferiert, wodurch in Spanien, Italien oder Portugal die gleichen Probleme entstanden wie heute bei uns. Nur weil Deutschland damals profitierte, wurde dieses zweifelhafte Treiben hierzulande nicht groß hinterfragt. Ein Appell an alle Marktbeteiligten ist sicher wichtig und richtig, wird das Problem des globalisierten Marktes aber allein nicht lösen. Solange die zwischen Herstellern und Kassen ausgehandelten Preise öffentlich bekannt sind und Parallelexporteure sehen, dass bestimmte AMNOG-Arzneimittel in Deutschland günstiger sind als in ­anderen Ländern Europas, wird sich vermutlich trotz wohlformulierter Appelle wenig ändern. Die Vertraulichkeit der Erstattungsbeträge wäre daher ein entscheidender Schritt, die schnelle und unkomplizierte Versorgung deutscher Patienten auch in ­Zukunft sicherzustellen. Das laufende Gesetzgebungsverfahren zum AMVSG bietet dafür eine ideale Gelegenheit, die nicht leichtfertig vertan werden sollte, denn die Zeche zahlen am Ende die Patienten! Und zwar nicht mit ihrem Kassenbeitrag ­sondern mit ihrer Gesundheit!


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