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Beratung
Halsschmerzen loswerden
Immer streng nach Leitlinie!?
Halsschmerzen äußern sich meist zu Beginn einer akuten Infektion im Bereich der oberen Atemwege und gehören neben Schnupfen und Husten zu den typischen Symptomen einer Erkältung. Die Beschwerden beginnen mit einem leichten Kratzen oder Trockenheitsgefühl im Hals, gefolgt von einer Rötung und einem Anschwellen der Schleimhäute im Rachenraum. Die Betroffenen empfinden vor allem Schluckbeschwerden, Heiserkeit sowie Schmerzen beim Sprechen als äußerst belastend. Nach zwei bis drei Tagen ist in der Regel der Höhepunkt akuter Halsschmerzen erreicht, insgesamt dauern sie ca. eine Woche an. Je nachdem, in welcher Halsregion sich die Erreger ansiedeln, wird differenziert zwischen einer Pharyngitis (Rachenschleimhautentzündung), Tonsillitis (Entzündung der Gaumenmandeln), Laryngitis (Kehlkopfentzündung) oder einer Seitenstrangangina, bei der die von der oberen hinteren Rachenwand abwärts laufenden Lymphbahnen betroffen sind. Eine eindeutige ätiologische Zuordnung ist klinisch aber eher schwierig. Deshalb wurde in der DEGAM-Leitlinie (Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin; zurzeit in Überarbeitung) auf die differenzierte Benennung der bei Halsschmerzen betroffenen anatomischen Strukturen verzichtet.
Ursachen
Halsschmerzen und Schluckbeschwerden können viele Ursachen haben. Die überwiegende Zahl der akuten Halsinfektionen ist viral bedingt (50 bis 80%), am häufigsten durch Rhino-, Adeno- oder Coronaviren (siehe Kasten). Nur in etwa 15 bis 30% können bei Halsschmerzen ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A nachgewiesen werden, vor allem in der Gruppe der fünf- bis 15-Jährigen. Da eine Abgrenzung zwischen einer viral oder bakteriell ausgelösten Infektion sehr schwierig ist, bringt nur ein Rachenabstrich Aufschluss. Dieser sollte jedoch nur durchgeführt werden, wenn das Untersuchungsergebnis Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie hat.
Die häufigsten Pharyngitis-Erreger
Viren (50 bis 80%)
- Rhinoviren ca. 20%
- Coronaviren ≥ 5%
- Adenoviren ca. 5%
- Epstein-Barr-Virus ca. 1%
Bakterien
- β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A 15 bis 30%
- β-hämolysierende Streptokokken der Gruppen C und G 5 bis 10%
Außer durch Krankheitserreger können Halsschmerzen auch durch eine Überbeanspruchung der Stimme wie lautes Rufen und zu viel Sprechen oder aufgrund einer Reizung der Atemwege (z. B. durch Zigarettenrauch, Einatmen von Chemikalien, Staub oder Allergenen, Trockenheit der Raumluft, Aufenthalt in klimatisierten Räumen) ausgelöst werden bzw. als Nebenwirkung verschiedener Arzneimittel auftreten. Zudem verbergen sich möglicherweise schwerwiegende Erkrankungen wie eine Agranulozytose oder Tumoren im Rachen- oder Kehlkopfbereich hinter dem Symptom Halsschmerzen. Weiterhin können falsch angewendete Arzneimittel, z. B. nicht ausreichend verdünnte alkoholische Tropfen oder eine Tabletteneinnahme ohne Wasser, zu Irritationen der Rachenschleimhaut führen. Und nicht zuletzt sind ein gastroösophagealer Reflux, eine akute Thyreoiditis oder Mucositis im Rahmen einer Chemotherapie für Halsschmerzen nicht-infektiöser Genese verantwortlich.
Grenzen der Selbstmedikation
Starke und langanhaltende Halsschmerzen müssen ärztlich abgeklärt werden. Bei Kindern und Jugendlichen ist besondere Aufmerksamkeit geboten, weil Erkrankungen wie die Mononukleose (Pfeiffer‘sches Drüsenfieber) oder Scharlach die Ursache von Halsschmerzen sein können. Kinder unter zwei Jahren sollten daher bei Halsschmerzen grundsätzlich einem Arzt vorgestellt werden, ebenso ist Schwangeren und Stillenden ein Arztbesuch anzuraten. Auch plötzliche und sehr starke Heiserkeit sowie begleitende Atembeschwerden überschreiten den Rahmen der Selbstmedikation. Auf eine bakterielle Mitbeteiligung deuten massive Schluckbeschwerden, Luftnot, Fieber über 39°C, Ohrenschmerzen, eitrig belegte, angeschwollene Gaumenmandeln oder zusätzliche Krankheitszeichen wie beispielsweise ein Hautausschlag oder stark geschwollene Lymphknoten an Unterkiefer und Hals hin. Sind Bakterien mit im Spiel, muss der Arzt entscheiden, ob eine antibiotische Therapie eingeleitet werden sollte. Gemäß Leitlinie wird heute selbst bei Streptokokken-Infektionen eine routinemäßige Verabreichung von Antibiotika nicht mehr angeraten.
Breite Palette an Rachentherapeutika
Es ist schwierig, bei Halsschmerzmitteln eine vernünftige Empfehlung im Sinne einer evidenzbasierten Therapie auszusprechen. Dennoch hat es sich in der Praxis bewährt, Halsschmerzgeplagten lindernde Rachentherapeutika anzuraten. Behandlungsziel ist ein rascher Rückgang der Entzündung und eine effektive Schmerzbefreiung. Hierfür kommen unterschiedliche Arzneistoffgruppen mit verschiedenen Wirkprinzipien zum Einsatz. Die meisten Präparate werden lokal eingesetzt, wobei eine Auswahl zwischen desinfizierenden, lokalanästhetischen, antibiotischen und analgetischen Mitteln getroffen werden kann (siehe Tabelle 1). Die adäquate Arzneiform – ob Lutschtabletten, Gurgellösung oder Spray – sollte sich nicht nur an den Vorlieben der Kunden orientieren, sondern sich auch nach der Lokalisation der Halsschmerzen richten.
Handelsname (Beispiele) |
Wirkstoffe |
Beschränkungen |
---|---|---|
lokalanästhetische, antibiotische und antiseptische Präparate | ||
Anaesthesin®-Pastillen, Anginhexal® dolo Halspastillen
|
Benzocain |
KI: < 16 Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Trachilid® Halsschmerztabletten
|
Lidocain |
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft; Anwendung in der Stillzeit möglich |
Mucoangin® gegen Halsschmerzen Minze-/Waldbeere-Lutschtabletten
|
Ambroxol |
KI: < zwölf Jahre, 1. Trimenon, Stillzeit |
Dolo-Dobendan® Lutschtabletten
|
Cetylpyridiniumchlorid, Benzocain |
KI: < sechs Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Dorithricin® Halstabletten classic
|
Tyrothricin, Benzalkoniumchlorid, Benzocain |
Kinder müssen kontrolliert lutschen können; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung |
Lemocin® Lutschtabletten
|
Cetrimoniumbromid, Lidocain, Tyrothricin |
Kinder müssen kontrolliert lutschen können; in Schwangerschaft und Stillzeit: Nutzen-Risiko-Abwägung |
Wick® Sulagil Halsspray
|
Cetylpyridiniumchlorid, Dequaliniumchlorid, Lidocain |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: Nutzen-Risiko-Abwägung |
Gurgellösung-ratiopharm®
|
Dequaliniumchlorid |
KI: < zwei Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung |
Chlorhexamed® Fluid Lösung,
|
Chlorhexidin |
KI: Chlorhexamed® < zwölf Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach ärztlicher Rücksprache
|
Hexoral® Spray
|
Hexetidin |
KI: < zwei Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Rücksprache mit Arzt oder Apotheker |
neo-angin® Halstabletten Lutschtabletten, neo-angin® Halsspray
|
2,4-Dichlorbenzylalkohol, Levomenthol, Amylmetacresol |
KI: < zwei Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Locastad® gegen Halsschmerzen Lutschtabletten
|
Lidocain, 2,4-Dichlorbenzylalkohol, Levomenthol, Amylmetacresol |
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft; in der Stillzeit anwendbar (eventuell vorher Abstillen) |
Mallebrin® Konzentrat zum Gurgeln
|
Aluminiumchlorid |
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Betaisodona® Mundantiseptikum
|
Povidon-Jod |
KI: < sechs Monate; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung |
Laryngomedin® N Spray |
Hexamidin |
> drei Jahren; in Schwangerschaft und Stillzeit unter besonderer Vorsicht
|
analgetische, entzündungshemmende Präparate | ||
Dobendan® direkt Flurbiprofen 8,75 mg Lutschtabletten, Spray
|
Flurbiprofen |
KI: < zwölf Jahre; Stillzeit, Schwangerschaft: maximal 1. und 2. Trimenon |
Tantum Verde® 3 mg Lutschtabletten, Tantum Verde® Spray
|
Benzydamin |
KI: Schwangerschaft, Stillzeit;
Lutschtabletten > sechs Jahre
|
Präparate auf Dexpanthenol- oder Hyaluronsäure-Basis | ||
Bepanthen® Lösung, Panthenol®100 mg Jenapharm Tabletten
|
Dexpanthenol |
keine Altersbeschränkung, Schwangerschaft/Stillzeit: Nutzen-Risiko-Abwägung |
GeloRevoice® Halstabletten
|
Natriumhyaluronat, Xanthan, Carbomer |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar |
isla® med hydro+ Pastillen/milde Kirsche
|
Hyaluronsäure, Carbomer, Xanthan, Isländisch Moos, Gummi arabicum |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar |
neo angin® stimmig Plus Erdbeere/Kirsche/Lemon
|
Natriumhyaluronat, Xanthan, Carbopol, Carrageen |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar |
Cevitt® Hals und Rachen Lutschtabletten Salbei/Zitrone
|
Xanthan, Carbomer, Natriumhyaluronat |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: Arztrücksprache |
Allgemein beliebt ist der Verzehr von Bonbons oder Halspastillen. Durch das Lutschen wird der Speichelfluss angeregt und somit die Schleimhäute befeuchtet. Zudem ermöglicht eine vermehrte Produktion von Abwehrstoffen wie Lysozym und Immunglobulinen eine körpereigene Bekämpfung der Krankheitserreger. Kräuterzusätze aus Salbei desinfizieren leicht, Menthol-haltige Bonbons wirken kühlend. Bei Laryngitis, die mit Heiserkeit und unangenehmem Reizhusten einhergeht, ist an salzhaltige Pastillen bzw. Präparate mit Isländisch Moos zu denken. Letztere weisen einen schleimhautauskleidenden Effekt auf. Ein derartiges mucilaginöses Wirkprinzip besitzen auch Hyaluronsäure-haltige Lutschtabletten. Die lindernde Wirkung beruht hier auf einem Hydrogel-Komplex, der sich beim Lutschen der Halstablette als schützenden Film über die gereizten Schleimhäute legt und nachhaltig Feuchtigkeit spendet. Auch Präparate mit Dexpanthenol mindern das Wundgefühl im Rachen und sorgen für eine Abheilung der Schleimhäute.
Ein Nachteil von Lutschtabletten ist, dass enthaltene Wirkstoffe nicht den Kehlkopf erreichen. Auch Gurgellösungen können nicht bis in tiefere Rachenregionen vordringen. Zudem reagieren einige Menschen mit einem starken Würgereiz. Bei Präparaten zum Einsprühen in den Rachen gelangt der Wirkstoff hingegen gut in das Entzündungsgebiet und lindert dort die Beschwerden.
Antiseptika
Desinfizierende Wirkstoffe sollen die Anzahl schädlicher Keime im Rachenbereich vermindern. Laut Halsschmerz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) macht die Anwendung von Lokalantiseptika jedoch keinen Sinn, da sie nur an der Oberfläche wirken können, während sich die wesentliche Infektion in der Tiefe des Gewebes abspielt. Dorthin dringen die Desinfektionsmittel allerdings nicht in ausreichender Konzentration vor. Antiseptika enthalten am häufigsten quartäre Ammoniumverbindungen wie Cetylpyridiniumchlorid, Cetrimoniumbromid, Benzalkoniumchlorid und Dequaliniumchlorid. Diese oberflächenaktiven kationischen Substanzen wirken nur begrenzt viruzid und antibakteriell. Zudem können die Wirkstoffe durch Eiweiß, Eiter oder Serum inaktiviert werden mit der Folge eines Wirkungsverlustes. Chlorhexidin und Hexetidin sind stärker bakterizid und viruzid wirksam. Allerdings sollten Chlorhexidin-haltige Lösungen wegen reversibler Zahn- und Zungenverfärbungen maximal zehn Tage angewendet werden. Povidon-Iod wirkt gegen Bakterien, Viren und Pilze und ist verdünnt als Gurgellösung einzusetzen (ein Teil Lösung mit vier Teilen Wasser verdünnen und alle ein bis vier Stunden ca. 30 Sekunden lang gurgeln), wobei Kontraindikationen wie eine Jodallergie und Hyperthyreose einen breiten Gebrauch einschränken. Traditionell kommen auch Präparate mit adstringierendem Aluminiumchlorid zum Einsatz. Die alkoholischen Antiseptika Amylmetacresol und 2,4-Dichlorbenzylalkohol werden in der Regel kombiniert.
Antibiotika
Das Polypeptid-Antibiotikum Tyrothricin wirkt als kationisches Detergens und schädigt so die mikrobielle Zytoplasmamembran. Wegen seiner hämolytischen Eigenschaften darf Tyrothricin – ein Gemisch aus den Dekapeptiden Tyrocidin und Gramicidin – nur lokal angewendet werden (z. B. Dorithricin® Halstabletten, Lemocin® Lutschtabletten). Fusafungin (Locabiosol®), ein weiteres Peptid-Antibiotikum, ist seit Ende Mai 2016 nicht mehr verkehrsfähig. Aufgrund schwerer allergischer Reaktionen und damit eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses wurde diesem Präparat die Zulassung entzogen. Generell ist der Zusatz von Lokalantibiotika in Hals- und Rachentherapeutika umstritten. Bei manifesten bakteriellen Infektionen im Mund- und Rachenraum wie einer Streptokokken-Angina reicht die alleinige lokale Antibiotikabehandlung nicht aus. Die Anwendung von Lokalantibiotika wird aber auch deshalb häufig abgelehnt, weil bei den erkältungsbedingten Halsschmerzen Virusinfekte im Vordergrund stehen.
Lokalanästhetika
Ambroxol wirkt nicht nur als Expektorans, sondern auch lokalanästhetisch. Es blockiert spannungsabhängige Natriumkanäle in schmerzsensiblen peripheren Nervenzellen und verhindert damit die Depolarisation und die Entstehung von Aktionspotenzialen. So wird die Entstehung und Übertragung einer Erregung unterbrochen. Die anästhetische Potenz von Ambroxol liegt sowohl im physiologischen als auch im sauren, entzündeten Milieu um ein Vielfaches höher als die von Lidocain oder Benzocain. Bei einer Dosierung von 20 mg konnte im Vergleich zu Placebo eine statistisch signifikante bessere Schmerzlinderung erzielt werden. Lokalanästhetika können vorübergehend die Geschmackswahrnehmung beeinträchtigen und ein reversibles Taubheitsgefühl der Zunge hervorrufen.
Analgetika
Eine weitere Option bei Halsschmerzen sind lokale Analgetika wie Flurbiprofen aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Obwohl im Mund- und Rachenraum nur niedrige Wirkstoffmengen eingesetzt werden, entsprechen Nebenwirkungen und Kontraindikationen denen eines typischen NSAR. Daher ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis stets genau abzuwägen. Neben Lösung und Lutschtabletten ebenfalls als Spray erhältlich ist Benzydamin. Die Substanz zeigt antiphlogistische, analgetische, lokalanästhetische sowie antimikrobielle Wirkungen.
Korrekte Anwendung
Alle Rachentherapeutika sollten grundsätzlich gleichmäßig über den Tag verteilt nach den Mahlzeiten zum Einsatz kommen, um den Wirkstoff möglichst lange im Mund- und Rachenraum wirken zu lassen. Patienten, die zu Allergien neigen, müssen Unverträglichkeitsreaktionen berücksichtigen, die vor allem für Lidocain und Benzocain bekannt sind. Bei der Anwendung der verschiedenen Arzneiformen ist auf eine korrekte Handhabung zu achten. Für eine optimale Wirkung sollten Halstabletten langsam gelutscht bzw. in der Backentasche geparkt werden, wo sie nach und nach zergehen. Ein Kauen oder Zerbeißen schwächt die Wirkung hingegen ab. Zuckerfreie Präparate verhindern die Kariesbildung und sind eine gute Empfehlung für Diabetiker. Mit einer Gurgellösung muss ausreichend lange gespült oder gegurgelt werden. Nach ca. 60 Sekunden wird die Lösung ausgespuckt. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Rachentherapeutika bei Kindern. Lutschtabletten dürfen erst eingesetzt werden, wenn die Kinder kontrolliert lutschen können. Gurgellösungen haben teilweise schon für Zweijährige eine Zulassung. Doch meist sind Kleinkinder noch nicht in der Lage, richtig zu gurgeln und verschlucken sich daher häufig. Hier wäre ein Halsschmerzsaft sinnvoller.
Empfehlungen der Leitlinie
Die DEGAM-Leitlinie „Halsschmerzen“ spricht sich eindeutig für den systemischen Gebrauch von Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen in der Selbstmedikation aus. Hingegen wird die Anwendung von medizinischen Lutschtabletten, Gurgellösungen und Rachensprays mit Lokalantiseptika oder Lokalanästhetika abgelehnt. Lediglich für Ambroxol räumen die Autoren eine Wirkung ein, da kontrollierte Studien eine Überlegenheit gegen Placebo ergaben. Die anderen Lokalanästhetika – Lidocain und Benzocain – werden aufgrund ihres allergenen Potenzials kritisch gesehen. Pflanzliche Arzneimittel und homöopathische Mittel können bei ausgeprägtem Therapiewunsch oder unzureichender Wirksamkeit besser belegter symptomatischer Maßnahmen mit Einschränkung empfohlen werden. Es gibt allerdings keine oder nur geringe Wirksamkeitsbelege aus kontrollierten Studien.
Herstellung eines Halswickels
Ein Baumwolltuch wird mit lauwarmem Wasser oder einer 1 : 1-Mischung aus Wasser und Retterspitz® äußerlich getränkt, ausgewrungen und um den Hals gelegt. Darüber wickelt man ein trockenes Tuch oder einen Wollschal. Dieser Wickel soll etwa 30 bis 45 Minuten lang wirken. Im Handel gibt es speziell gefertigte Halswickel, die sich mittels Klettbändern leicht fixieren lassen und faltenlos auf der Haut anliegen.
Zitronenhalswickel (kühlend): Zitrone in eine Schüssel mit ca. 1/8 l lauwarmem Wasser geben und mit einem Messer sternförmig einschneiden. Mit der Tasse den Saft der Zitrone unter Wasser ausdrücken, die ätherischen Öle bleiben so im Wasser erhalten. Zitronenhälfte entfernen. Zusammengerolltes Tuch in das Zitronenwasser legen und vollsaugen lassen. Dann soweit ausdrücken, dass sich der Wickel kühl, aber nicht kalt anfühlt. Das Tuch von vorne unter Aussparung der Wirbelsäule auf den Hals legen und mit einem Wollschal, der um den Hals reicht, befestigen. Wickel abnehmen, sobald er warm wird.
Quarkwickel (kühlend): Daumenbreite Schicht Magerquark auf ein Tuch geben und dieses so umschlagen, dass der Quark in der Mitte bleibt. Wickel am Hals anlegen und für 20 Minuten dort belassen.
Kartoffelwickel
(wärmend): Kartoffel kochen, mit einer Gabel zerdrücken und heiß in ein Tuch einschlagen. Sicherstellen, dass der Inhalt nicht aus dem Tuch herausfallen kann und vor dem Anlegen die Temperatur prüfen. Dann den Wickel um den Hals legen und mit einem Schal fixieren.
Pflanzliche und homöopathische Mittel
Viele Phytotherapeutika vereinen mehrere Wirkprinzipien miteinander (siehe Tabelle 2). Zur Linderung der Beschwerden eignen sich Pflanzen mit antiphlogistischer (z. B. Kamillenblüten, Spitzwegerichblätter), antiseptischer (z. B. Salbeiblätter, Thymiankraut), schleimbildender (z. B. Isländisch Moos, Eibisch) oder adstringierender (z. B. Lindenblüten) Wirkung. Die Arzneidrogen werden in Form spezieller Teemischungen als Hals- und Rachentee angeboten (z. B. Sidroga® Hals- und Rachen-Gurgeltee). Zur Herstellung der Gurgel- oder Spüllösung aus Kamillen- oder Salbeiblättern wird ein Teelöffel (circa 3 g Droge) mit etwa 150 ml heißem Wasser übergossen, zugedeckt zehn Minuten ziehen gelassen und durch ein Teesieb filtriert. Mit dem noch warmen Aufguss sollen die Patienten mehrmals täglich gurgeln oder den Mund spülen. Zudem sind zahlreiche Präparate zum Lutschen (z. B. ipalat® Halspastillen), Sprühen (z. B. Kamillosan® Mund- und Rachenspray) und als Gurgellösung (z. B. Salviathymol N®) erhältlich. Auch Homöopathika stehen in vielfältiger Auswahl als Komplexmittel zur Verfügung (z. B. Meditonsin®, Tonsipret®). Zu den bewährten homöopathischen Einzelmitteln zählen Aconitum, Apis mellifica, Belladonna, Hepar sulfuris, Mercurius solubilis, Phytolacca oder Silicea.
Handelsname (Beispiele) |
Wirkstoffe |
Beschränkungen |
---|---|---|
homöopathische Präparate | ||
Dolotonsil Hevert® bei Halsschmerzen
Tabletten
|
Ammonium bromatum, Calcium jodatum, Hydragyrum bicyanatum, Belladonna, Echinacea, Mentholum |
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Meditonsin® Globuli, Tropfen
|
Aconitum, Atropinum sulfuricum, Hydragyrum bicyanatum |
KI: < sieben Monate; sieben bis zwölf Monate und in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
Angin-Heel® SD Tabletten
|
Hydragyrum bicyanatum, Phytolacca, Apis mellifica, Arnica, Hepar sulfuris, Belladonna |
KI: < ein Jahr; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
Tonsipret® Tabletten, Tropfen
|
Capsicum, Guaiacum, Phytolacca |
KI: < ein Jahr, Schwangerschaft, Stillzeit |
Tonsiotren® H Tabletten DHU
|
Atropinum sulfuricum, Hepar sulfuris, Kalium bichromicum, Acidum silicicum, Hydragyrum bijodatum |
KI: < sechs Jahre, in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar |
Wala® Apis Belladonna Globuli velati
|
Apis, Belladonna |
auch bei Säuglingen anwendbar, in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
Wala® Echinacea Mund- und Rachenspray
|
Echinacea pallida, Calendula, Salbei, Argentum nitricum, Eucalyptus, Tonsillae palatinae bovis, Gingiva bovis |
KI: < vier Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Bolus Eucalypti comp. Pulver Weleda®
|
Apis mellifica, Belladonna, Eucalyptus globuli |
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
Phytotherapeutika | ||
Aspecton® Halstabletten
(MP)
|
Isländisch Moos |
KI: < vier Jahre; Kinder müssen kontrolliert lutschen können, in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
neo-angin® junior Halsschmerzsaft
(MP)
|
Isländisch Moos, Malvenblüten, Zinkgluconat |
KI: < ein Jahr; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
Broncholind® Isländisch Moos Halstabletten mit Flüssigkeit (MP)
|
Isländisch Moos |
> sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache |
isla® junior Lutschpastillen
(MP)
|
Isländisch Moos, Vitamin C, Zink, Calciumpantothenat |
KI: < vier Jahre; Kinder müssen kontrolliert lutschen können; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar |
Salviathymol® N Tropfen
|
Salbei-, Eukalyptus-, Pfefferminz-, Nelken-, Zimt-, Bitterfenchelöl, Levomenthol, Thymol |
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit |
Verhaltenstipps für Halsschmerzpatienten
Hausmittel gegen Halsschmerzen werden traditionell angewendet, wissenschaftliche Untersuchungen hierfür liegen nicht vor. Laut DEGAM-Leitlinie können unspezifische Maßnahmen wie ausreichendes Trinken, Gurgeln mit Salzwasser oder Tee, Lutschen nicht-medizinischer Bonbons oder Halswickel mit Einschränkung zur Symptomlinderung empfohlen werden. Die persönlichen Erfahrungen oder Vorlieben der Betroffenen sollten hierbei berücksichtigt werden. Gegen Halsschmerzen weiterhin zu empfehlen sind folgende Maßnahmen:
- Schal tragen als Schutz gegen Zugluft.
- Vermeiden von Reizstoffen wie scharfe Speisen, Alkohol und Nikotin.
- Bei zusätzlicher Heiserkeit: Stimme schonen; nicht zu viel und nicht zu laut sprechen, sondern kurze, knappe Sätze in normaler Lautstärke; Flüstern verstärkt die Beschwerden eher.
- Körperliche Anstrengung meiden. |
Literatur
Halsschmerzen. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), Stand Oktober 2009, www.awmf-leitlinien.de
www.patientenleitlinien.de/Halsschmerzen: Medizinisches Wissensnetzwerk evidence.de der Universität Witten/Herdecke, Stand 2005
Wickelschule. www.retterspitz.de, Stand 2013
Borsch J. Wenn der Hals kratzt. Antiseptika, Antibiotika, Lokalanästhetika und Analgetika in Halsschmerztabletten. DAZ 2013;51:50
Bruhn C. Was tun bei Kratzen, Brennen und Schluckbeschwerden? DAZ 2010;48:54
Wächtler H, Chenot JF. Die Halsschmerz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, HNO 2011, DOI 10.1007/s00106-011-2263-6, Springer Verlag 2011
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