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Beratung

Halsschmerzen loswerden

Immer streng nach Leitlinie!?

Bei Halsschmerzen handelt es sich oft um banale, selbstlimitierende Infektionen, die innerhalb weniger Tage wieder abklingen. Aufgrund des hohen Leidensdrucks wünschen sich die meisten Patienten jedoch eine schnelle und langanhaltende Linderung ihrer Beschwerden. Da in vielen Fällen eine systemische Behandlung mit Antibiotika nicht notwendig und aufgrund der viralen Genese auch nicht sinnvoll ist, kann häufig in der Selbstmedikation mit Lutschtabletten, Gurgellösungen oder Rachensprays behandelt werden – auch wenn für die meisten synthetischen und pflanzlichen Wirkstoffe die Evidenz fehlt. | Von Ines Winterhagen

Halsschmerzen äußern sich meist zu Beginn einer akuten Infektion im Bereich der oberen Atemwege und gehören neben Schnupfen und Husten zu den typischen Symptomen einer Erkältung. Die Beschwerden beginnen mit einem leichten Kratzen oder Trockenheitsgefühl im Hals, gefolgt von einer Rötung und einem Anschwellen der Schleimhäute im Rachenraum. Die Betroffenen empfinden vor allem Schluckbeschwerden, Heiserkeit sowie Schmerzen beim Sprechen als äußerst belastend. Nach zwei bis drei Tagen ist in der Regel der Höhepunkt akuter Halsschmerzen erreicht, insgesamt dauern sie ca. eine Woche an. Je nachdem, in welcher Halsregion sich die Erreger ansiedeln, wird differenziert zwischen einer Pharyngitis (Rachenschleimhaut­entzündung), Tonsillitis (Entzündung der Gaumenmandeln), Laryngitis (Kehlkopfentzündung) oder einer Seitenstrangangina, bei der die von der oberen hinteren Rachenwand abwärts laufenden Lymphbahnen betroffen sind. Eine eindeutige ätiologische Zuordnung ist klinisch aber eher schwierig. Deshalb wurde in der DEGAM-Leitlinie (Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin; zurzeit in Überarbeitung) auf die differenzierte Benennung der bei Halsschmerzen betroffenen anatomischen Strukturen verzichtet.

Ursachen

Halsschmerzen und Schluckbeschwerden können viele Ursachen haben. Die überwiegende Zahl der akuten Halsinfektionen ist viral bedingt (50 bis 80%), am häufigsten durch Rhino-, Adeno- oder Coronaviren (siehe Kasten). Nur in etwa 15 bis 30% können bei Halsschmerzen ß-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A nachgewiesen werden, vor allem in der Gruppe der fünf- bis 15-Jährigen. Da eine Abgrenzung zwischen einer viral oder bakteriell ausgelösten Infektion sehr schwierig ist, bringt nur ein Rachenabstrich Aufschluss. Dieser sollte jedoch nur durchgeführt werden, wenn das Untersuchungsergebnis Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen eine Antibiotikatherapie hat.

Die häufigsten Pharyngitis-Erreger

Viren (50 bis 80%)

  • Rhinoviren ca. 20%
  • Coronaviren ≥ 5%
  • Adenoviren ca. 5%
  • Epstein-Barr-Virus ca. 1%

Bakterien

  • β-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A 15 bis 30%
  • β-hämolysierende Streptokokken der Gruppen C und G 5 bis 10%

Außer durch Krankheitserreger können Halsschmerzen auch durch eine Überbeanspruchung der Stimme wie lautes Rufen und zu viel Sprechen oder aufgrund einer Reizung der Atemwege (z. B. durch Zigarettenrauch, Einatmen von Chemikalien, Staub oder Allergenen, Trockenheit der Raumluft, Aufenthalt in klimatisierten Räumen) ausgelöst werden bzw. als Nebenwirkung verschiedener Arzneimittel auftreten. Zudem verbergen sich möglicherweise schwerwiegende Erkrankungen wie eine Agranulozytose oder Tumoren im Rachen- oder Kehlkopfbereich hinter dem Symptom Halsschmerzen. Weiterhin können falsch angewendete Arzneimittel, z. B. nicht ausreichend verdünnte alkoholische Tropfen oder eine Tabletteneinnahme ohne Wasser, zu Irritationen der Rachenschleimhaut führen. Und nicht zuletzt sind ein gastroösophagealer Reflux, eine akute Thyreoiditis oder Mucositis im Rahmen einer Chemotherapie für Halsschmerzen nicht-infektiöser Genese verantwortlich.

Grenzen der Selbstmedikation

Starke und langanhaltende Halsschmerzen müssen ärztlich abgeklärt werden. Bei Kindern und Jugendlichen ist besondere Aufmerksamkeit geboten, weil Erkrankungen wie die Mononukleose (Pfeiffer‘sches Drüsenfieber) oder Scharlach die Ursache von Halsschmerzen sein können. Kinder unter zwei Jahren sollten daher bei Halsschmerzen grundsätzlich einem Arzt vorgestellt werden, ebenso ist Schwangeren und Stillenden ein Arztbesuch anzuraten. Auch plötzliche und sehr starke Heiserkeit sowie begleitende Atembeschwerden überschreiten den Rahmen der Selbstmedikation. Auf eine bakterielle Mitbeteiligung deuten massive Schluckbeschwerden, Luftnot, Fieber über 39°C, Ohrenschmerzen, eitrig belegte, angeschwollene Gaumenmandeln oder zusätzliche Krankheitszeichen wie beispielsweise ein Hautausschlag oder stark geschwollene Lymphknoten an Unterkiefer und Hals hin. Sind Bakterien mit im Spiel, muss der Arzt entscheiden, ob eine antibiotische Therapie eingeleitet werden sollte. Gemäß Leitlinie wird heute selbst bei Streptokokken-Infektionen eine routinemäßige Verabreichung von Antibiotika nicht mehr angeraten.

Breite Palette an Rachentherapeutika

Es ist schwierig, bei Halsschmerzmitteln eine vernünftige Empfehlung im Sinne einer evidenzbasierten Therapie auszusprechen. Dennoch hat es sich in der Praxis bewährt, Halsschmerzgeplagten lindernde Rachentherapeutika anzuraten. Behandlungsziel ist ein rascher Rückgang der Entzündung und eine effektive Schmerzbefreiung. Hierfür kommen unterschiedliche Arzneistoffgruppen mit verschiedenen Wirkprinzipien zum Einsatz. Die meisten Präparate werden lokal eingesetzt, wobei eine Auswahl zwischen desinfizierenden, lokalanästhetischen, antibiotischen und analgetischen Mitteln getroffen werden kann (siehe Tabelle 1). Die adäquate Arzneiform – ob Lutschtabletten, Gurgel­lösung oder Spray – sollte sich nicht nur an den Vorlieben der Kunden orientieren, sondern sich auch nach der Lokalisation der Halsschmerzen richten.

Tab. 1: Übersicht Rachentherapeutika
Handelsname (Beispiele)
Wirkstoffe
Beschränkungen
lokalanästhetische, antibiotische und antiseptische Präparate
Anaesthesin®-Pastillen, Anginhexal® dolo Halspastillen
Benzocain
KI: < 16 Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Trachilid® Halsschmerztabletten
Lidocain
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft; Anwendung in der Stillzeit möglich
Mucoangin® gegen Halsschmerzen Minze-/Waldbeere-Lutschtabletten
Ambroxol
KI: < zwölf Jahre, 1. Trimenon, Stillzeit
Dolo-Dobendan® Lutsch­tabletten
Cetylpyridiniumchlorid, Benzocain
KI: < sechs Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Dorithricin® Halstabletten classic
Tyrothricin, Benzalkoniumchlorid, Benzocain
Kinder müssen kontrolliert lutschen können; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung
Lemocin® Lutschtabletten
Cetrimoniumbromid, Lidocain, ­Tyrothricin
Kinder müssen kontrolliert lutschen können; in Schwangerschaft und Stillzeit: Nutzen-Risiko-­Abwägung
Wick® Sulagil Halsspray
Cetylpyridiniumchlorid, Dequaliniumchlorid, Lidocain
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: ­Nutzen-Risiko-Abwägung
Gurgellösung-ratiopharm®
Dequaliniumchlorid
KI: < zwei Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung
Chlorhexamed® Fluid Lösung, ­
Chlorhexidin
KI: Chlorhexamed® < zwölf Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach ärztlicher Rücksprache
Hexoral® Spray
Hexetidin
KI: < zwei Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Rücksprache mit Arzt oder Apotheker
neo-angin® Halstabletten Lutsch­tabletten, neo-angin® Halsspray
2,4-Dichlorbenzylalkohol, Levomenthol, Amylmetacresol
KI: < zwei Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Locastad® gegen Halsschmerzen Lutsch­tabletten
Lidocain, 2,4-Dichlorbenzylalkohol, Levomenthol, Amylmetacresol
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft; in der Stillzeit anwendbar (eventuell vorher Abstillen)
Mallebrin® Konzentrat zum Gurgeln
Aluminiumchlorid
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Betaisodona® Mundantiseptikum
Povidon-Jod
KI: < sechs Monate; in Schwangerschaft und Stillzeit: strenge Indikationsstellung
Laryngomedin® N Spray
Hexamidin
> drei Jahren; in Schwangerschaft und Stillzeit unter besonderer Vorsicht
analgetische, entzündungshemmende Präparate
Dobendan® direkt Flurbiprofen 8,75 mg Lutschtabletten, Spray
Flurbiprofen
KI: < zwölf Jahre; Stillzeit, Schwangerschaft: ­maximal 1. und 2. Trimenon
Tantum Verde® 3 mg Lutschtabletten, ­Tantum Verde® Spray
Benzydamin
KI: Schwangerschaft, Stillzeit;
Lutschtabletten > sechs Jahre
Präparate auf Dexpanthenol- oder Hyaluronsäure-Basis
Bepanthen® Lösung, Panthenol®100 mg Jenapharm Tabletten
Dexpanthenol
keine Altersbeschränkung, Schwangerschaft/Stillzeit: Nutzen-Risiko-Abwägung
GeloRevoice® Halstabletten
Natriumhyaluronat, Xanthan, ­Carbomer
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar
isla® med hydro+ Pastillen/milde ­Kirsche
Hyaluronsäure, Carbomer, ­Xanthan, Isländisch Moos, Gummi arabicum
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar
neo angin® stimmig Plus Erdbeere/Kirsche/Lemon
Natriumhyaluronat, Xanthan, ­Carbopol, Carrageen
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar
Cevitt® Hals und Rachen Lutsch­tabletten Salbei/Zitrone
Xanthan, Carbomer, Natrium­hyaluronat
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: Arztrücksprache

Allgemein beliebt ist der Verzehr von Bonbons oder Halspastillen. Durch das Lutschen wird der Speichelfluss angeregt und somit die Schleimhäute befeuchtet. Zudem ermöglicht eine vermehrte Produktion von Abwehrstoffen wie Lysozym und Immunglobulinen eine körpereigene Bekämpfung der Krankheitserreger. Kräuterzusätze aus Salbei desinfizieren leicht, Menthol-haltige Bonbons wirken kühlend. Bei Laryngitis, die mit Heiserkeit und unangenehmem Reizhusten einhergeht, ist an salzhaltige Pastillen bzw. Präparate mit Isländisch Moos zu denken. Letztere weisen einen schleimhautauskleidenden Effekt auf. Ein derartiges mucilaginöses Wirkprinzip besitzen auch Hyaluronsäure-haltige Lutsch­tabletten. Die lindernde Wirkung beruht hier auf einem Hydrogel-Komplex, der sich beim Lutschen der Halstablette als schützenden Film über die gereizten Schleimhäute legt und nachhaltig Feuchtigkeit spendet. Auch Präparate mit Dexpanthenol mindern das Wund­gefühl im Rachen und sorgen für eine Abheilung der Schleimhäute.

Ein Nachteil von Lutschtabletten ist, dass enthaltene Wirkstoffe nicht den Kehlkopf erreichen. Auch Gurgellösungen können nicht bis in tiefere Rachenregionen vordringen. Zudem reagieren einige Menschen mit einem starken Würgereiz. Bei Präparaten zum Einsprühen in den Rachen gelangt der Wirkstoff hingegen gut in das Entzündungsgebiet und lindert dort die Beschwerden.

Antiseptika

Desinfizierende Wirkstoffe sollen die Anzahl schädlicher Keime im Rachenbereich vermindern. Laut Halsschmerz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) macht die Anwendung von Lokalantiseptika jedoch keinen Sinn, da sie nur an der Oberfläche wirken können, während sich die wesentliche Infektion in der Tiefe des Gewebes abspielt. Dorthin dringen die Desinfektionsmittel allerdings nicht in ausreichender Konzentration vor. Antiseptika enthalten am häufigsten quartäre Ammoniumverbindungen wie Cetylpyridiniumchlorid, Cetrimoniumbromid, Benzalkoniumchlorid und Dequaliniumchlorid. Diese oberflächenaktiven kationischen Substanzen wirken nur begrenzt viruzid und antibakteriell. Zudem können die Wirkstoffe durch Eiweiß, Eiter oder Serum inaktiviert werden mit der Folge eines Wirkungsverlustes. Chlorhexidin und Hexetidin sind stärker bakterizid und viruzid wirksam. Allerdings sollten Chlorhexidin-haltige Lösungen wegen reversibler Zahn- und Zungenverfärbungen maximal zehn Tage angewendet werden. Povidon-Iod wirkt gegen Bakterien, Viren und Pilze und ist verdünnt als Gurgellösung einzusetzen (ein Teil Lösung mit vier Teilen Wasser verdünnen und alle ein bis vier Stunden ca. 30 Sekunden lang gurgeln), wobei Kontraindikationen wie eine Jodallergie und Hyperthyreose einen breiten Gebrauch einschränken. Traditionell kommen auch Präparate mit adstringierendem Aluminiumchlorid zum Einsatz. Die alkoholischen Antiseptika Amylmetacresol und 2,4-Dichlorbenzylalkohol werden in der Regel kombiniert.

Antibiotika

Das Polypeptid-Antibiotikum Tyrothricin wirkt als kationisches Detergens und schädigt so die mikrobielle Zytoplasmamembran. Wegen seiner hämolytischen Eigenschaften darf Tyrothricin – ein Gemisch aus den Dekapeptiden Tyrocidin und Gramicidin – nur lokal angewendet werden (z. B. Dorithricin® Halstabletten, Lemocin® Lutschtabletten). Fusafungin (Locabiosol®), ein weiteres Peptid-Antibiotikum, ist seit Ende Mai 2016 nicht mehr verkehrsfähig. Aufgrund schwerer allergischer Reaktionen und damit eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses wurde diesem Präparat die Zulassung entzogen. Generell ist der Zusatz von Lokalantibiotika in Hals- und Rachentherapeutika umstritten. Bei manifesten bakteriellen Infektionen im Mund- und Rachenraum wie einer Streptokokken-Angina reicht die alleinige lokale Antibiotikabehandlung nicht aus. Die Anwendung von Lokalantibiotika wird aber auch deshalb häufig abgelehnt, weil bei den erkältungsbedingten Halsschmerzen Virusinfekte im Vordergrund stehen.

Lokalanästhetika

Ambroxol wirkt nicht nur als Expektorans, sondern auch lokalanästhetisch. Es blockiert spannungsabhängige Natrium­kanäle in schmerzsensiblen peripheren Nervenzellen und verhindert damit die Depolarisation und die Entstehung von Aktionspotenzialen. So wird die Entstehung und Übertragung einer Erregung unterbrochen. Die anästhetische Potenz von Ambroxol liegt sowohl im physiologischen als auch im sauren, entzündeten Milieu um ein Vielfaches höher als die von Lidocain oder Benzocain. Bei einer Dosierung von 20 mg konnte im Vergleich zu Placebo eine statistisch signifikante bessere Schmerzlinderung erzielt werden. Lokalanästhetika können vorübergehend die Geschmackswahrnehmung beeinträchtigen und ein reversibles Taubheits­gefühl der Zunge hervorrufen.

Analgetika

Eine weitere Option bei Halsschmerzen sind lokale Analgetika wie Flurbiprofen aus der Gruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Obwohl im Mund- und Rachenraum nur niedrige Wirkstoffmengen eingesetzt werden, ­entsprechen Nebenwirkungen und Kontraindikationen denen eines typischen NSAR. Daher ist das Nutzen-Risiko-­Verhältnis stets genau abzuwägen. Neben Lösung und Lutschtabletten ebenfalls als Spray erhältlich ist Benzydamin. Die Substanz zeigt antiphlogistische, analgetische, lokalanästhetische sowie antimikrobielle Wirkungen.

Korrekte Anwendung

Alle Rachentherapeutika sollten grundsätzlich gleichmäßig über den Tag verteilt nach den Mahlzeiten zum Einsatz kommen, um den Wirkstoff möglichst lange im Mund- und Rachenraum wirken zu lassen. Patienten, die zu Allergien neigen, müssen Unverträglichkeitsreaktionen berücksichtigen, die vor allem für Lidocain und Benzocain bekannt sind. Bei der Anwendung der verschiedenen Arzneiformen ist auf eine korrekte Handhabung zu achten. Für eine optimale Wirkung sollten Halstabletten langsam gelutscht bzw. in der Backentasche geparkt werden, wo sie nach und nach zergehen. Ein Kauen oder Zerbeißen schwächt die Wirkung hingegen ab. Zuckerfreie Präparate verhindern die Kariesbildung und sind eine gute Empfehlung für Diabetiker. Mit einer Gurgellösung muss ausreichend lange gespült oder gegurgelt werden. Nach ca. 60 Sekunden wird die Lösung ausgespuckt. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Rachentherapeutika bei Kindern. Lutschtabletten dürfen erst eingesetzt werden, wenn die Kinder kontrolliert lutschen können. Gurgellösungen haben teilweise schon für Zweijährige eine Zulassung. Doch meist sind Kleinkinder noch nicht in der Lage, richtig zu gurgeln und verschlucken sich daher häufig. Hier wäre ein Halsschmerzsaft sinnvoller.

Empfehlungen der Leitlinie

Die DEGAM-Leitlinie „Halsschmerzen“ spricht sich eindeutig für den systemischen Gebrauch von Analgetika wie Paracetamol oder Ibuprofen in der Selbstmedikation aus. Hingegen wird die Anwendung von medizinischen Lutschtabletten, Gurgel­lösungen und Rachensprays mit Lokalantiseptika oder Lokalanästhetika abgelehnt. Lediglich für Ambroxol räumen die Autoren eine Wirkung ein, da kontrollierte Studien eine Überlegenheit gegen Placebo ergaben. Die anderen Lokalanästhetika – Lidocain und Benzocain – werden aufgrund ihres allergenen Potenzials kritisch gesehen. Pflanzliche Arzneimittel und homöopathische Mittel können bei ausgeprägtem Therapiewunsch oder unzureichender Wirksamkeit besser belegter symptomatischer Maßnahmen mit Einschränkung empfohlen werden. Es gibt allerdings keine oder nur geringe Wirksamkeitsbelege aus kontrollierten Studien.

Herstellung eines Halswickels

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Ein Baumwolltuch wird mit lauwarmem Wasser oder einer 1 : 1-Mischung aus Wasser und Retterspitz® äußerlich getränkt, ausgewrungen und um den Hals gelegt. Darüber wickelt man ein trockenes Tuch oder einen Wollschal. Dieser Wickel soll etwa 30 bis 45 Minuten lang wirken. Im Handel gibt es speziell gefertigte Halswickel, die sich mittels Klettbändern leicht fixieren lassen und faltenlos auf der Haut anliegen.

Zitronenhalswickel (kühlend): Zitrone in eine Schüssel mit ca. 1/8 l lauwarmem Wasser geben und mit einem Messer sternförmig einschneiden. Mit der Tasse den Saft der Zitrone unter Wasser ausdrücken, die ätherischen Öle bleiben so im Wasser erhalten. Zitronenhälfte entfernen. Zusammengerolltes Tuch in das Zitronenwasser legen und vollsaugen lassen. Dann soweit ausdrücken, dass sich der Wickel kühl, aber nicht kalt anfühlt. Das Tuch von vorne unter Aussparung der Wirbelsäule auf den Hals legen und mit einem Wollschal, der um den Hals reicht, befestigen. Wickel abnehmen, sobald er warm wird.

Quarkwickel (kühlend): Daumenbreite Schicht Magerquark auf ein Tuch geben und dieses so umschlagen, dass der Quark in der Mitte bleibt. Wickel am Hals anlegen und für 20 Minuten dort belassen.

Kartoffelwickel

(wärmend): Kartoffel kochen, mit einer Gabel zerdrücken und heiß in ein Tuch einschlagen. Sicherstellen, dass der Inhalt nicht aus dem Tuch herausfallen kann und vor dem Anlegen die Temperatur prüfen. Dann den Wickel um den Hals legen und mit einem Schal fixieren.

Pflanzliche und homöopathische Mittel

Viele Phytotherapeutika vereinen mehrere Wirkprinzipien miteinander (siehe Tabelle 2). Zur Linderung der Beschwerden eignen sich Pflanzen mit antiphlogistischer (z. B. Kamillenblüten, Spitzwegerichblätter), antiseptischer (z. B. Salbeiblätter, Thymiankraut), schleimbildender (z. B. Isländisch Moos, Eibisch) oder adstringierender (z. B. Lindenblüten) Wirkung. Die Arzneidrogen werden in Form spezieller Teemischungen als Hals- und Rachentee angeboten (z. B. Sidroga® Hals- und Rachen-Gurgeltee). Zur Herstellung der Gurgel- oder Spüllösung aus Kamillen- oder Salbeiblättern wird ein Teelöffel (circa 3 g Droge) mit etwa 150 ml heißem Wasser übergossen, zugedeckt zehn Minuten ziehen gelassen und durch ein Teesieb filtriert. Mit dem noch warmen Aufguss sollen die Patienten mehrmals täglich gurgeln oder den Mund spülen. Zudem sind zahlreiche Präparate zum Lutschen (z. B. ipalat® Halspastillen), Sprühen (z. B. Kamillosan® Mund- und Rachenspray) und als Gurgellösung (z. B. Salviathymol N®) erhältlich. Auch Homöopathika stehen in vielfältiger Auswahl als Komplexmittel zur Verfügung (z. B. Meditonsin®, Tonsipret®). Zu den bewährten homöopathischen Einzelmitteln zählen Aconitum, Apis mellifica, Belladonna, Hepar sulfuris, Mercurius solubilis, Phytolacca oder Silicea.

Tab. 2: Übersicht über homöopathische und pflanzliche Rachentherapeutika
Handelsname (Beispiele)
Wirkstoffe
Beschränkungen
homöopathische Präparate
Dolotonsil Hevert® bei Halsschmerzen
Tabletten
Ammonium bromatum, Calcium jodatum, Hydragyrum bicyanatum, Belladonna, Echinacea, Mentholum
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Meditonsin® Globuli, Tropfen
Aconitum, Atropinum sulfuricum, Hydragyrum bicyanatum
KI: < sieben Monate; sieben bis zwölf Monate und in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
Angin-Heel® SD Tabletten
Hydragyrum bicyanatum, Phytolacca, Apis mellifica, Arnica, Hepar sulfuris, Belladonna
KI: < ein Jahr; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
Tonsipret® Tabletten, Tropfen
Capsicum, Guaiacum, Phytolacca
KI: < ein Jahr, Schwangerschaft, Stillzeit
Tonsiotren® H Tabletten DHU
Atropinum sulfuricum, Hepar sulfuris, Kalium bichromicum, Acidum silicicum, Hydragyrum bijodatum
KI: < sechs Jahre, in Schwangerschaft und Stillzeit anwendbar
Wala® Apis Belladonna Globuli velati
Apis, Belladonna
auch bei Säuglingen anwendbar, in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
Wala® Echinacea Mund- und Rachenspray
Echinacea pallida, Calendula, Salbei, Argentum nitricum, Eucalyptus, Tonsillae palatinae bovis, Gingiva bovis
KI: < vier Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit
Bolus Eucalypti comp. Pulver Weleda®
Apis mellifica, Belladonna, Eucalyptus globuli
KI: < sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
Phytotherapeutika
Aspecton® Halstabletten
(MP)
Isländisch Moos
KI: < vier Jahre; Kinder müssen kontrolliert ­lutschen können, in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
neo-angin® junior Halsschmerzsaft
(MP)
Isländisch Moos, Malvenblüten, ­Zinkgluconat
KI: < ein Jahr; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
Broncholind® Isländisch Moos Hals­tabletten mit Flüssigkeit (MP)
Isländisch Moos
> sechs Jahre; in Schwangerschaft und Stillzeit: nach Arztrücksprache
isla® junior Lutschpastillen
(MP)
Isländisch Moos, Vitamin C, Zink, ­Calciumpantothenat
KI: < vier Jahre; Kinder müssen kontrolliert ­lutschen können; in Schwangerschaft und ­Stillzeit anwendbar
Salviathymol® N Tropfen
Salbei-, Eukalyptus-, Pfefferminz-, Nelken-, Zimt-, Bitterfenchelöl, ­Levomenthol, Thymol
KI: < zwölf Jahre, Schwangerschaft, Stillzeit

Verhaltenstipps für Halsschmerzpatienten

Hausmittel gegen Halsschmerzen werden traditionell angewendet, wissenschaftliche Untersuchungen hierfür liegen nicht vor. Laut DEGAM-Leitlinie können unspezifische Maßnahmen wie ausreichendes Trinken, Gurgeln mit Salzwasser oder Tee, Lutschen nicht-medizinischer Bonbons oder Halswickel mit Einschränkung zur Symptomlinderung empfohlen werden. Die persönlichen Erfahrungen oder Vorlieben der Betroffenen sollten hierbei berücksichtigt werden. Gegen Halsschmerzen weiterhin zu empfehlen sind folgende Maßnahmen:

  • Schal tragen als Schutz gegen Zugluft.
  • Vermeiden von Reizstoffen wie scharfe Speisen, Alkohol und Nikotin.
  • Bei zusätzlicher Heiserkeit: Stimme schonen; nicht zu viel und nicht zu laut sprechen, sondern kurze, knappe Sätze in normaler Lautstärke; Flüstern verstärkt die Beschwerden eher.
  • Körperliche Anstrengung meiden. |

Literatur

Halsschmerzen. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM), Stand Oktober 2009, www.awmf-leitlinien.de

www.patientenleitlinien.de/Halsschmerzen: Medizinisches Wissensnetzwerk evidence.de der Universität Witten/Herdecke, Stand 2005

Wickelschule. www.retterspitz.de, Stand 2013

Borsch J. Wenn der Hals kratzt. Antiseptika, Antibiotika, Lokalanästhetika und Analgetika in Halsschmerztabletten. DAZ 2013;51:50

Bruhn C. Was tun bei Kratzen, Brennen und Schluckbeschwerden? DAZ 2010;48:54

Wächtler H, Chenot JF. Die Halsschmerz-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, HNO 2011, DOI 10.1007/s00106-011-2263-6, Springer Verlag 2011

Autorin

Ines Winterhagen hat in Marburg Pharmazie studiert und ist seit der Approbation 2003 in der öffentlichen Apotheke tätig. Sie ist Fachapothekerin für Offizinpharmazie, Homöopathie und Naturheilkunde. In der Reihe „Beratungspraxis“, die im Deutschen Apotheker Verlag erscheint, schrieb sie die Bücher „Neurodermitis“ und „Psoriasis“. Sie ist Referentin und Mitglied im Weiterbildungsausschuss der LAK Baden-Württemberg.

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