Prisma

Abwehr gegen Viren ist nachts am schlechtesten

Nachtaktive Tiere sind morgens am anfälligsten

cae | Die Tageszeit einer viralen Infektion entscheidet mit, wie gut sich der Körper gegen die pathogenen Eindringlinge zur Wehr setzen kann. Für den Menschen gilt: Cave noctem.
Foto: Big Ben; moussa81 – Fotolia.com
Die Nacht ist die natürliche Ruhezeit des Menschen. Auch sein Immunsystem arbeitet dann nur noch auf Sparflamme. Bei nachtaktiven Tieren wie Mäusen ruht sich der Körper mitsamt dem Immunsystem am Tag aus.

Immunologen der Universität Cambridge haben sowohl in vitro an einzelnen Zellen als auch an Labormäusen getestet, wie sich die Tageszeit auf die Abwehrkraft gegen Viren auswirkt. Die Exposition bzw. Infektion erfolgte in verschiedenen Testreihen mit dem Murinen Herpesvirus 4 (MuHV-4), das mit dem Epstein-Barr-Virus und dem Kaposi-Sarkom-Virus nah verwandt ist, und mit dem völlig andersartigen Influenzavirus A – mit ähnlichen Ergebnissen.

Die Labormäuse lebten in einem künstlichen Tag-Nacht-Rhythmus von 12 + 12 Stunden. Bei Tieren, die zu ­Tagesbeginn infiziert wurden, vermehrten sich die Viren zehnmal so heftig wie bei Tieren, die zwei Stunden vor Nachtbeginn infiziert wurden. Da Mäuse nachtaktiv sind, bedeutet dies, dass ihr Erkrankungsrisiko zu Beginn ihrer Schlafphase am größten ist. Der Körper hat dann die Aktivität des Immunsystems heruntergefahren, da während des Schlafs die Exposition gegenüber Krankheitserregern am geringsten ist. Übertragen auf den Menschen (und tagaktive Tiere) bedeutet dies, dass ihr Erkrankungsrisiko aufgrund viraler Infektionen zu Beginn der Nacht am größten ist. Das könnte auch erklären, warum Personen, die nachts arbeiten (müssen), überdurchschnittlich häufig an viralen Infekten erkranken.

Zur Kontrolle führten die englischen Immunologen auch Versuche mit gentechnisch veränderten Mäusen durch, die den Transkriptionsfaktor Bmal1, der den gesamten zirkadianen Rhythmus in Gang setzt, nicht synthetisieren können. Erwartungsgemäß waren diese Tiere zu allen Tageszeiten gleichermaßen infektionsgefährdet.

Wie die Infektionsgefahr hängt auch der individuelle Nutzen einer Grippeschutzimpfung von der Tageszeit ab: Er ist am größten, wenn die Person morgens geimpft wird (s. DAZ 2016, Nr. 34, S. 6). |

Quelle

Edgar RS, et al. Cell autonomous regulation of herpes and influenza virus infection by the circadian clock. Proc Natl Acad Sci; Epub 15.8.2016

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