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Arzneimittel und Therapie
Winterdepression nur ein Mythos?
Forscher bezweifeln Existenz dieser Krankheit
Die Winterdepression, in einer milderen Variante auch als „Winterblues“ bekannt, ist in aller Munde. Millionen Menschen leiden in der dunklen Jahreszeit an Antriebsarmut, Angstzuständen, Schlafproblemen und anderen Symptomen einer klassischen Depression – und diese Symptome verschwinden wieder, sobald die Tage länger werden. Die Therapie besteht unter anderem darin, die Patienten insbesondere morgens für circa 30 Minuten mit sehr hellem Kunstlicht zu bestrahlen.
Psychologen der Auburn University in Montgomery, Alabama, werteten nun Daten von fast 35.000 Personen zwischen 18 und 99 Jahren aus, von denen 1750 an Depressionen litten. Den Teilnehmern wurden in Telefoninterviews acht Fragen eines Tests gestellt, mit dem eine Depression validiert festgestellt werden kann.
Anhand von Regressionsmodellen versuchten die Forscher, eine Depression mit Maßen für die Sonnenlicht-Exposition der betroffenen Person in Verbindung zu bringen. Und was sie dabei fanden, bzw. nicht fanden, erstaunt: Es ließen sich keinerlei Zusammenhänge herstellen. Weder die Lage des Wohnorts auf der Nord-Süd-Achse noch der Zeitpunkt des Beginns der Depression, gemessen als Anzahl der Tage seit Wintersonnenwende, zeigten einen Einfluss. Dass jemand im Winter depressiv ist, bedeutet eben nicht unbedingt, dass er depressiv ist, weil Winter ist.
Diese Erkenntnisse stützen Studien, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden. So konnten auch norwegische Forscher keine Anhaltspunkte für die weit verbreitete Annahme finden, dass es in der langen dunklen Winterperiode eine erhöhte Anzahl von depressiven Erkrankungen gibt. Die amerikanischen Autoren gehen nun sogar so weit, die Winterdepression in den Bereich der Alltagspsychologie zu verweisen. Damit würde es sich bei diesem Konstrukt nur um eine unwissenschaftliche Erklärungsweise für ein vermeintlich beobachtetes Phänomen handeln. |
Quelle
Traffanstedt MK et al. Major Depression With Seasanol Variation: Is it a Valid Construct? Clinical Psychological Science 2016; 1-10
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von Andreas am 08.02.2019 um 9:20 Uhr
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