Prisma

Wie zerstört Cocain das Gehirn?

Autophagozytose nimmt überhand

cae | Die Toxizität von Cocain beruht auf einem anderen Wirkmechanismus als seine stimulierenden Effekte: Es greift in den ständigen Umbauprozess der Zellen ein.
Foto: Couperfield – Fotolia.com

Das kann nicht lange gut gehen. Auf die Dauer lässt Cocain das Gehirn schrumpfen.

Wie auch andere Rauschgifte beschleunigt Cocain die Kommunikation von Nervenzellen im Gehirn, indem es durch Wiederaufnahmehemmung die Konzentration von Neurotransmittern (vor allem Dopamin) im synaptischen Spalt erhöht. Eine extrem starke Stimulation kann schließlich zur totalen Erschöpfung führen, ist aber im eigentlichen Sinne nicht toxisch.

Nun haben Neurologen in den USA durch In-vitro-Versuche mit Hirnsub­stanz herausgefunden, dass nach Gabe von Cocain zwei Biomarker in einer Weise verändert werden, die typisch für eine verstärkte Autophagozytose ist:

  • ein erhöhtes Vorkommen der Proteine vom Typ „leichte Kette 3“ (LC3) und
  • eine Abnahme des Proteinkomplexes Nucleoporin 62 (p62).

LC3 ist ein „Baustoff“ der Autophagosomen, die am Anfang des Selbstverdauungs- und Erneuerungsprozesses der Zelle stehen. Gibt es zu viel LC3, entstehen zu viele Autophagosomen, und der Abbau erfolgt zu schnell. Das p62 wiederum ist ein Transportprotein, das die von der Zelle neu synthetisierten Proteine an ihre Bestimmungsorte bringt. Demnach beschleunigt Cocain in Nervenzellen den Abbauprozess und verlangsamt zugleich den Aufbauprozess.

Ausgehend von diesem Befund, suchten die Forscher nach dem toxischen Wirkmechanismus des Cocains und wurden bei der Glycerin­aldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase (GAPDH) fündig. Von ihr ist schon lange bekannt, dass sie für die Glykolyse und die Umwandlung von ADP in ATP unverzichtbar ist. Vor etwa zehn Jahren wurde entdeckt, dass sie auch die Gen­expression beeinflusst und eine Apoptose auslösen kann, wenn sie durch Stickstoffmonoxid (NO) nitrosyliert worden ist. Cocain triggert diesen Prozess, denn die Forscher hoben seine To­xizität auf, indem sie durch Omigapil (TCH346, CGP3466; wurde erfolglos bei M. Parkinson geprüft) die GAPDH-Nitrosylierung hemmten. So besteht vielleicht die Chance, ein Antidot gegen Cocain zu entwickeln. |

Quelle

Guha P, et al. Cocaine elicits autophagic cyto­toxicity via a nitric oxide-GAPDH signaling cascade. Proc Natl Acad Sci; Epub 19.1.2016

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