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Warten auf das Stopp-Signal!

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der DAZ

Am 17. September 2016 war der Internationale Tag der Patientensicherheit. Vielleicht haben Sie sich ja auch an diesem Aktionstag beteiligt, der vom Aktionsbündnis Patientensicherheit veranstaltet und durch das Bundesministerium für Gesundheit gefördert wurde. Das Motto: „Gemeinsam Medikationsfehler vermeiden!“ Ein wichtiges Ziel, das wir uns als Apotheker schon lange auf die Fahnen geschrieben haben und für das wir tagtäglich auf allen Ebenen kämpfen. Auch das Bundesministerium für Gesundheit scheint das Thema ganz oben auf der Agenda stehen zu haben. ­Denn die Förderung des Aktionstages ist Teil eines Millionen-schweren Aktionsplans zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) in Deutschland, der im August für weitere drei Jahre verlängert worden ist. Umso mehr wundert es, dass das Ministerium so lange dem Treiben der gesetzlichen Krankenkassen in Sachen Ausschreibung zur Zytostatika-Versorgung zugeschaut hat. Wohlgemerkt: hat! Denn hinter den Kulissen wird gemunkelt, dass man sich im Ministerium jetzt dann doch mit den Zytostatika-Ausschreibungen beschäftigt. Die medial geschürte Angst, dass gesetzlich versicherte Krebspatienten, allen voran die der AOK, mit verfallenen oder nicht mehr ausreichend wirksamen Zytostatika-Zubereitungen versorgt werden, hat die politisch Verantwortlichen wohl mehr aufgerüttelt als alle Warnungen vonseiten der Heilberufler. Es besteht also die Hoffnung, dass sich die Politik jetzt endlich den vielen Ungereimtheiten bei der Losvergabe annimmt und die Ausschreibungsmodalitäten endlich einmal unter AMTS-Aspekten prüft. Denn in der Zytostatika-Versorgung geht es um Leben und Tod. Wird die Sicherheit vernachlässigt, zahlt der Patient dafür im schlimmsten Fall mit seinem Leben. Vor dem Hintergrund des Prä- und Re-Prä-Qualifizierungs-Theaters in der Hilfsmittel-Versorgung kann nur fassungslos zur Kenntnis genommen werden, dass bei Zytostatika-Ausschreibungen wohl einfach auf das billigste Gebot gesetzt wird. In Sachen Qualifizierung scheint hier die Eigenerklärung des Anbieters zu reichen. Ob die Krankenkassen diese prüft, daran bestehen berechtigte Zweifel. Unabhängig davon ist es aus AMTS-Aspekten essenziell, dass Onkologen und qualifizierte Zytostatika-versorgende Apotheker vertrauensvoll zusammenarbeiten, sich kurzfristig bei Unklarheiten abstimmen und Anpassungen in den Zubereitungen vornehmen können. Hierzu steht ein flächendeckendes Netz von ortsnahen Zytostatika-herstellenden Apotheken zur Verfügung, das nun droht, zerschlagen zu werden. Wird der Ausschreibungspraxis der Kassen kein Riegel vorgeschoben, müssen die onkologischen Praxen in Zukunft, je nach Versicherung ihrer Patienten, mit unterschiedlichen Losgewinnern kooperieren und entsprechend die Termine in ihren Praxen koordinieren – eine logistische Herkules-Aufgabe. Die enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen Arzt und Apotheker muss dabei zwangsläufig auf der Strecke bleiben, dafür wird schlicht die Zeit fehlen. Auf der Strecke bleiben wird – im wahrsten Sinne des Wortes – auch das Vertrauen von Arzt und Patient in die Qualität der Zubereitung. Denn was mit Zytostatika-Zubereitungen während des Transports passiert, wie sich Rütteln, Schütteln und Temperaturschwankungen auswirken, kann niemand voraussagen (s. a. Zytostatika-Ausschreibungen S. 22). Wenn das Bundesministerium für Gesundheit es wirklich ernst meint mit der Arzneimitteltherapiesicherheit, dann kann es jetzt mit einem Stopp der Zytostatika-Ausschreibungen ein klares Signal setzen. Patienten, Ärzte und Apotheker warten darauf!

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