Arzneimittel und Therapie

Empagliflozin: Die Nutzenfrage

Belegt die EMPA-REG-Outcome-Studie den Zusatznutzen?

Empagliflozin (Jardiance®) wurde 2014 in den deutschen Markt eingeführt. Ein Zusatznutzen wurde vom IQWiG und vom gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht festgestellt. Anfang 2016 legte der Hersteller mit der EMPA-REG-Outcome-Studie weitere Daten vor und strebte eine neue Nutzenbewertung an. Während das IQWiG auch anhand dieser Daten keinen Zusatznutzen feststellt, erachtet der G-BA nun für bestimmte Patienten einen Nutzen als belegt.

Empagliflozin steigert als SGLT-2-Inhibitor die Glucoseausscheidung mit dem Urin bei hohen Blutzuckerwerten. Es ist sowohl für die Monotherapie als auch für die Kombinationstherapie bei Typ-2-Diabetes zugelassen.

Monotherapie: Kein Zusatznutzen

Für die frühe Nutzenbewertung sind Studien vorzulegen, welche Empagliflozin mit einem Sulfonylharnstoff (Glimepirid, Glibenclamid) vergleichen. Der Hersteller hat jedoch Daten eines Placebo-Vergleichs vorgelegt. Das IQWiG und der G-BA erachteten daher Empagliflozin als wirksame Therapie bei Typ-2-Diabetes, deren Nutzen allerdings aufgrund fehlender Daten nicht beurteilt werden konnte.

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Sein oder Nichtsein? Bei der Frage nach einem Zusatznutzen von Empagliflozin waren sich IQWiG und G-BA nicht einig.

Kombinationstherapie: Zusatznutzen strittig

Für die Kombinationstherapie legte der Hersteller mehrere indirekte Vergleichsstudien vor. Dabei zeigte Empagliflozin eine mit Glimepirid vergleichbare HbA1c-Senkung. Gleichzeitig traten signifikant seltener Hypoglykämien auf, und eine Gewichts­reduktion wurde begünstigt. Die vergleichsweise häufigeren Genitalinfektionen unter Empagliflozin führten als nicht-schwerwiegende Nebenwirkung nicht zu einer Abwertung. Das IQWiG sah für die Kombination Empagliflozin mit Metformin einen beträchtlichen Zusatznutzen. Der G-BA erach­tete diesen hingegen als nicht belegt. Er begründete dies mit fehlenden Daten zur kardiovaskulären Morbidität und Mortalität.

EMPA-REG-Outcome: Nutzen für bestimmte Patienten

In der 2016 folgenden EMPA-REG-Outcome-Studie wurde Empagliflozin an 7020 Patienten mit Typ-2-Diabetes und hohem kardiovaskulärem Risiko geprüft. Je ein Drittel der Patienten erhielt 10 mg Empagliflozin, 25 mg Empagliflozin oder Placebo. Die Patienten wurden etwa drei Jahre beobachtet. In der Publikation sind die Daten der beiden Empagliflozin-Studienarme zusammengefasst. Herzinfarkte und Schlaganfälle traten in den Gruppen vergleichbar häufig auf. Dennoch waren die kardiovaskuläre Mortalität sowie das Risiko für Herzinsuffizienz und Niereninsuffizienz unter Empagliflozin signifikant geringer als unter Placebo. Die Gesamtmortalität lag bei Kombination mit Empagliflozin bei 5,7% und bei Kombination mit Placebo bei 8,3% (Hazard ratio [HR] 0,68).

Nutzenbewertung 2016

Da für die Monotherapie keine neuen Daten vorgelegt wurden, erachten das IQWiG und der G-BA einen Zusatznutzen für die Monotherapie mit Empagliflozin weiterhin als nicht belegt.

Das IQWiG sieht keinen Zusatznutzen für die Kombinationstherapie. Bei der Bewertung der EMPA-REG-Outcome-Studie kritisiert es, dass die Therapie mit Empagliflozin nicht gemäß Fachinformation erfolgte (beginnend mit 10 mg und ggf. Steigerung auf 25 mg) und die Therapieeskalation im Placebo-Studienarm oftmals zu spät und als Notfallbehandlung durchgeführt wurde. Zusätzlich wird angemerkt, dass der Nutzen in den Studienzentren in Lateinamerika und Asien, jedoch nicht in Europa erkennbar war.

Der G-BA sieht hingegen Anhaltspunkte für einen geringen Zusatznutzen für die Kombination Empagliflozin plus Metformin für Patienten ohne manifeste kardiovaskuläre Erkrankung. Zudem stellt er einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen für die Kombination Empagliflozin plus andere blutzuckersenkende Arzneimittel bei Patienten mit manifester kardiovaskulärer Erkrankung fest. Begründet wird dies mit einer moderaten Verlängerung der Lebensdauer und einer Vermeidung schwerwiegender Symptome (Herzinsuffizienz, Nierenversagen). Jedoch kritisiert auch der G-BA, dass die Studie Unsicherheiten aufweist und sich somit nur ein Anhaltspunkt für den Zusatznutzen ableiten lässt.

Fazit

Empagliflozin hat eine dem Glimepirid vergleichbare blutzuckersenkende Wirksamkeit. Seltenere Hypoglykämien und Gewichtsreduktion stehen häufigeren Genitalinfektionen gegenüber. Mit der EMPA-REG-Outcome-Studie wurde nachgewiesen, dass Patienten mit Typ-2-Diabetes und manifesten kardiovaskulären Erkrankungen von der Therapie profitieren können. Allerdings lässt die Studie viele Fragen zum Zusatznutzen offen. Denn eine moderate Verlängerung der Lebensdauer bei unveränderter Herzinfarkt- und Schlaganfallrate drängt die Frage nach der Lebensqualität auf. Aussagekräftige Daten hierzu liefert die Studie jedoch nicht. |

Quellen

Zinman B, Wanner C, et al. Empagliflozin, Cardiovascular Outcomes, and Mortality in Type 2 Diabetes. N Engl J Med 2015;373(22):2117-2178

IQWiG. Empagliflozin – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, Dossierbewertung A16-12.

Gemeinsamer Bundesausschuss. Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII – Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V – Empagliflozin vom 1. September 2016

Gemeinsamer Bundesausschuss. Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Empagliflozin, verfügbar unter https://www.g-ba.de/informationen/nutzenbewertung/130/ (Zugriff am 18.09.2016)

Apothekerin Dr. Karin Schmiedel

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