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Beratung

Eincremen reicht nicht

Allgemeine Prinzipien der Hautpflege und der Dekubitus-Prophylaxe bei Bettlägerigkeit

Der Verlust der eigenständigen Bewegungsfähigkeit ist ein besonders folgenschweres Phänomen schwerer Erkrankungen und von Pflegebedürftigkeit. Bettlägerige Patienten haben ein hohes Dekubitus-Risiko. Beim Vorliegen einer Inkontinenz ist die Inkon­tinenz-assoziierte Dermatitis (IAD) häufig. Frei- und Weichlagerung sind die wichtigsten präventiven Maßnahmen, um Dekubitus zu verhindern. Gezielter Hautschutz und Pflege sind Eckpfeiler der Prophylaxe einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis. | Von Jan Kottner

Schwere akute und chronische Erkrankungen (z. B. Schlaganfall, Querschnittslähmung) und fortgeschrittene Pflegebedürftigkeit gehen oft mit zahlreichen funktionellen Einschränkungen einher. Der Verlust der eigenständigen Aktivität und Bewegungsfähigkeit ist besonders dramatisch. Je nach vorhandenen Ressourcen und Therapiezielen verbringen mobilitätseingeschränkte Patienten und Pflegebedürftige lange Zeiten im Liegen oder Sitzen, was das Risiko für zahlreiche unerwünschte Ereignisse erhöht. Eine besonders schwerwiegende Komplikation ist der Dekubitus. Beim Vorliegen einer Inkontinenz, was im Pflegekontext ebenfalls sehr häufig ist, besteht ein hohes Risiko für die Entstehung einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis (IAD). Der Beitrag fasst das derzeitige Wissen zur Rolle der Hautpflege zu diesen beiden häufigen Komplikationen zusammen. Abschließend erfolgt eine kurze Darstellung zu allgemeinen Prinzipien der Hautpflege bei Bettlägerigkeit.

Dekubitus-Ätiologie und -Pathogenese

Dekubitus entstehen, wenn die Haut und darunter liegende weiche Gewebe (z. B. subkutanes Fettgewebe, Muskulatur) über eine längere Zeit komprimiert und verformt werden. Je nach Intensität und Dauer der mechanischen Einwirkungen und je nach Widerstandsfähigkeit der betroffenen Gewebe können diese dabei geschädigt werden [1]. Die genauen pathologischen Prozesse, die zunächst zu lokalen Nekrosen führen, sind erst teilweise bekannt, doch zwei Entstehungswege des Dekubitus gelten heute als sicher:

  • Die mechanische Deformation führt direkt zum Zelltod (deformation injury),
  • die Komprimierung weicher Gewebe führt zur Minderdurchblutung. Das führt zu lokalen Azidosen und zur Akkumulation von Stoffwechselprodukten, unter anderem auch aufgrund eines gestörten lymphatischen Abflusses. Diese ischämischen Prozesse schädigen bereits die Zellen. Bei Wiederdurchblutung werden lokale Entzündungsreaktionen ausgelöst, die insbesondere zum lokalen Zelluntergang beitragen (reperfusion injury) [2].

In der klinischen Realität laufen beide Prozesse parallel zueinander ab. Dabei treten Gewebeschäden durch direkte mechanische Deformation vergleichsweise schnell auf. Ischämische Prozesse dauern wesentlich länger. Die Muskulatur ist im Vergleich zur Haut besonders anfällig für druckbedingte Nekrosen. Im Vergleich kann die Haut längere Phasen der Minderdurchblutung und der Deformation standhalten. Je nach Größe des zerstörten Gewebes und je nach Vorliegen weiterer intrinsischer Risiken (z. B. Diabetes mellitus) können diese initial geschädigten Bereiche unter optimalen Bedingungen abheilen (z. B. Resorption von nekrotischem Material) oder der Dekubitus schreitet fort. Unter zunächst intakter Haut kommt es zur Vergrößerung der Nekrose, zu Unterminierungen und schließlich zu einem „Durchbrechen von innen“ durch die Haut.

Dekubitus-Diagnostik

In der Praxis ist es nicht immer einfach, einen Dekubitus als solchen zu erkennen und diesen von zahlreichen weiteren Haut- und Gewebeschäden abzugrenzen, die bei eingeschränkter Mobilität und Aktivität auftreten können. Zunächst müssen tatsächlich länger andauernde Phasen der Immobilität stattgefunden haben (z. B. Reanimation, länger andauernde Operationen, langes ununterbrochenes Sitzen im Rollstuhl), damit ein Dekubitus überhaupt entstehen kann. Des Weiteren entstehen Dekubitus bevorzugt dort, wo körperinnere harte Strukturen (Knochen, Gelenkstruk­turen, Sehnen) gegen äußere Auflage- und Sitzflächen „drücken“ und wo das dazwischen liegende weiche Gewebe besonders dünn ist. Typischen Prädilektionsstellen für Dekubitus in Rückenlage sind z. B. die Fersen und der Sakralbereich [3].

Seit den 1970er-Jahren werden Dekubitus je nach beteiligten Geweben klassifiziert, wobei aufsteigende Nummern (1 bis 4) immer tiefer reichende Dekubitus charakterisieren. Dekubitus-Klassifikationssysteme wurden und werden kontinuierlich revidiert, welches die Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen über die Zeit erschwert [4]. Das oben dargestellte klassische Bild eines Dekubitus mit in der Regel weitreichenden Gewebeverlusten entspricht laut derzeit gültiger ICD-10-GM 2016 einem Dekubitus Kategorie 3 oder 4 (Abb. 1). In Dekubitus-Klassifikationen finden sich neben dem Begriff Kategorie auch die Begriffe Stadium oder Grad. Es handelt sich dabei um Synonyme. Auf keinen Fall kennzeichnen die aufsteigenden Nummern eine notwendige pathophysiologische Progression.

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Abb. 1: Dekubitus Kategorie 3/4 über dem inneren Vorsprung des Sprunggelenks (Malleolus medialis)

Eine intensive und lang anhaltende Rötung der Haut nach Druckbelastung ist ein Warnsignal, dass eine Druckschädigung möglicherweise schon stattgefunden hat. Diese Rötungen werden als Dekubitus Kategorie 1 bezeichnet (Abb. 2), obwohl die genaue Diagnose in der Praxis sehr fehler­an­fällig ist [3].

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Abb. 2: Dekubitus Kategorie 1 über der Ferse

Dekubitus-Prophylaxe

Dekubitus sind schmerzhaft, sie führen zu einer beträchtlichen Reduktion der Lebensqualität, und ihre Therapie ist langwierig, teuer und nicht immer erfolgreich. Deshalb hat die Vermeidung von Dekubitus höchste Priorität.

Die wichtigsten Maßnahmen der Dekubitus-Prophylaxe sind Frei- und Weichlagerung [1, 5]. Zum einen sollen Dekubitus-gefährdete Körperstellen regelmäßig entlastet werden. Das kann beispielsweise durch eine temporäre Freilagerung der Fersen oder durch eine Seitenlagerung im Liegen erfolgen, um den Sakralbereich zu entlasten. Längeres ununterbrochenes Sitzen im Stuhl ist unbedingt zu vermeiden. Zum anderen werden spezielle Weichlagerungs- und Sitzmaterialien verwendet, um den Kontakt der Körperoberfläche mit der Unterlage (z. B. Matratze) zu vergrößern. Somit wird die Masse des Körpers auf eine größere Fläche verteilt, was zu einer Reduktion lokaler Auflagedrücke führt. Heute gibt es unzählige Hilfsmittel zur Frei- und Weichlagerung und auch zur Reduktion von Reibungs- und Scherkräften, welche auf unterschiedlichen technischen Prinzipien beruhen. Aussagen zur Überlegenheit eines Hilfsmittels gegenüber einem anderen sind aufgrund der vorliegenden Evidenz nur vereinzelt möglich [1]. Gleichzeitig belegen zahlreiche Studienergebnisse, dass die fachgerechte Anwendung von speziellen Hilfsmitteln gegenüber der „Standardpflege“ die Dekubitus-Inzidenz senken kann. Hilfsmittel zur Dekubitus-Prophy­laxe (z. B. spezielle Anti-Dekubitus-Matratzen) sind in der Regel Medizinprodukte. In der ambulanten Pflege werden diese vom Hausarzt verordnet.

Hautpflege im Rahmen der Dekubitus-Prophylaxe

Aufgrund der oben dargestellten Dekubitus-Ätiologie und -pathogenese ist ersichtlich, dass die Hautpflege eine untergeordnete Rolle im Rahmen der Dekubitus-Prophylaxe spielt. Die Anwendung topischer Darreichungsformen ändert grundsätzlich nichts an der Druckbelastung und der daraus resultierenden Verformung der Haut und darunterliegender Gewebe. Deshalb finden sich in Leitlinien zur Dekubitus-Prophylaxe auch nur vereinzelte und allgemeine Empfehlungen zur Hautpflege [1], die in der Regel keine spezifischen Dekubitus-prophylaktischen Effekte haben. Zum einen soll die Haut sauber und trocken gehalten werden, zum anderen soll trockenen Hautarealen Feuchtigkeit zugeführt werden (z. B. mittels Hautpflegeprodukten). Sowohl zu feuchte als zu trockene Haut werden als zusätzliche Dekubitus-Risikofaktoren angesehen, da die Beschaffenheit der Hautoberfläche möglicherweise mit der Anfälligkeit gegenüber mechanischer Deformation zusammenhängt. Grundsätzlich kann heute geschlussfolgert werden: Eincremen allein schützt nicht vor Dekubitus. Kräftiges Reiben (z. B. nach der Körperwaschung) und jede Form der Massage von Dekubitus-Prädilektionsstellen müssen unbedingt vermieden werden [1, 5].

Inkontinenz-assoziierte Dermatitis

Neben der eingeschränkten Aktivität und Mobilität ist Inkontinenz eine weitere bedeutsame funktionelle Einschränkung im Rahmen von schwerer Krankheit und fortgeschrittener Pflegebedürftigkeit. Längere Exposition der Haut gegenüber Urin und Stuhl kann zu einer Entzündung der Haut führen (irritative Kontaktdermatitis). In Abgrenzung zur Windeldermatitis bei Kindern hat sich für Erwachsene international zunehmend der Begriff der Inkontinenz-­assoziierten Dermatitis (IAD) durchgesetzt [6] (Abb. 3).

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Abb. 3: Inkontinenz-assoziierte Dermatitis Ursächlich sind feuchtigkeitsbedingte Hautschäden durch sich wiederholenden Urin- und Stuhlkontakt.

Eine beginnende Inkontinenz-assoziierte Dermatitis ist durch eine mehr oder weniger stark ausgeprägte Haut­rötung (Erythem) charakterisiert, welche sehr schmerzhaft ist. Eine weißliche teils glänzende Hautoberfläche deutet auf Mazeration hin. Im weiteren Verlauf können teils großflächige schmerzhafte Erosionen und Exkoriationen folgen.

Im Vergleich zum Dekubitus erzeugt eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis keine tiefen Wunden. Die Defekte sind stets auf die Epidermis und Dermis beschränkt. Eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis kann nur an den Hautarealen entstehen, die in direktem Kontakt zu Urin und/oder Stuhl sind. So sind typischerweise die perinealen und perianalen Hautareale betroffen. Insbesondere bei älteren Patienten geht die Inkontinenz-assoziierte Dermatitis fast immer mit Sekundärinfektionen einher. Die Besiedlung mit Candida albicans ist die häufigste Infektion. Klinisch sind häufig Satellitenpusteln zu erkennen, die über das eigentliche IAD-Hautareal hinausgehen. Eine genaue Diagnose ist jedoch erst nach einem Abstrich und mykologischer Analyse möglich [7].

Prophylaxe der Inkontinenz-assoziierten Dermatitis

Grundsätzlich sind alle inkontinenten Personen gefährdet, eine Inkontinenz-assoziierte Dermatitis zu entwickeln. Das Risiko steigt jedoch mit ansteigendem Lebensalter, beim Vorliegen eines Diabetes mellitus, mit steigendem Body Mass Index und Aktivitäts- und Mobilitätsproblemen [8]. Auch die Art der Inkontinenz spielt eine Rolle. Während die Urininkontinenz allein eine eher untergeordnete Rolle spielt, ist die Stuhlinkontinenz weitaus bedeutsamer.

Kernelemente der Prophylaxe einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis sind die Förderung der Kontinenz und die Reduktion bzw. Vermeidung der Exposition der Haut gegenüber Urin und/oder Stuhl. Letzteres kann durch absorbierende Inkontinenz- oder Ableitungsprodukte erreicht werden und ergänzend durch eine strukturierte Hautpflege.

Analog zum beruflichen Hautschutz kann auch die IAD-­Prävention in drei Schritte gegliedert werden: Hautschutz, Hautreinigung, Hautpflege [7].

Hautschutzprodukte sollen (je nach Herstellerangaben) großflächig, regelmäßig und in ausreichender Menge auf die intakte Haut vor Exposition aufgetragen werden. Die „aktiven“ Bestandteile von Hautschutzprodukten lassen sich in der Regel in zwei Kategorien einteilen:

  • Filmbildner (z. B. Dimethicone und andere Polymere) und
  • hydrophile Grundlagen (z. B. Wachse, Vaselin).

Beide Stoffkategorien bilden eine Art Schutzschicht zwischen den Irritanzien und der Haut. Auf dem Markt befindet sich eine unüberschaubare Vielfalt von Hautschutzprodukten zur Prävention Inkontinenz-assoziierter Dermatitis. Aufgrund ungenügender Evidenz ist es derzeit unmöglich zu entscheiden, welche Produkte und Hautschutzregimes anderen überlegen sind [9]. Das alleinige Vorhandensein eines bestimmten Bestandteils in der Formulierung sagt noch nichts über die tatsächliche protektive Wirkung aus. Es ist stets die gesamte Zusammensetzung des Produkts, welche eine Wirkung zeigt oder nicht. Neben der schützenden Wirkung spielen andere Produkteigenschaften ebenfalls eine Rolle für die Auswahl, z. B. Farbe, Konsistenz, Substantivität. Fast alle verfügbaren Hautschutzprodukte sind Kosme­tika, einige sind Medizinprodukte.

Um die Exposition gegenüber Urin und/oder Stuhl so gering wie möglich zu halten, sollte die Haut nach jeder Inkontinenz­episode so schnell wie möglich gereinigt werden. Die Hautreinigung muss so schonend wie möglich durchgeführt werden, da die Hautoberfläche bereits vorgeschädigt ist. Wasser ist grundsätzlich sparsam zu verwenden, insbesondere bei sichtbarer Mazeration. Verwendete waschaktive Substanzen sollen ein möglichst geringes Irritationspoten­zial aufweisen. Auf klassische Seifen mit anionischen Surfactants sollte verzichtet werden. Der pH-Wert der Wasch­lösung sollte unter 7 liegen. Um auf Wasser vollständig zu verzichten, können Reinigungsschäume oder vorgefertigte Einwegtücher verwendet werden. Nach der Hautreinigung mit Wasser muss die Haut gründlich aber vorsichtig getrocknet werden. Auf keinen Fall soll die Haut während der Reinigung stark gerieben oder anderweitig mechanisch beansprucht werden (z. B. Verwendung rauer Waschlappen, kräftiges Abtrocknen).

Zur Hautpflege werden Emulsionen verwendet, um irritierte und vorgeschädigte Haut zu regenerieren und zu pflegen. Dafür steht eine breite Palette an O/W- und W/O-Emulsionen bereit. Es gibt keine Evidenz, die eine bessere Wirksamkeit einer Emulsion gegenüber einer anderen bezüglich der Prävention einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis zeigt. Darüber hinaus sind die Zusammensetzungen von Hautschutz- und Hautpflegepräparaten oft ähnlich, was eine strikte Trennung unmöglich macht [10]. Zum Beispiel hat Vaselin sowohl schützende als auch pflegende Eigenschaften. Gleichzeitig ist es eine weit gebräuchliche Grundlage und Konsistenzgeber in vielen kosmetischen Produkten. Auf dem Markt gibt es zahlreiche Produkte für das Management einer Inkontinenz-assoziierten Dermatitis, für die sowohl eine protektive als auch eine pflegende Wirkung ausgelobt wird.

Allgemeine Prinzipien der Hautpflege

Neben den spezifischen Erfordernissen zur Hautpflege bei Dekubitus- und IAD-Risiko ist eine adäquate Körperhygiene und Hautpflege grundsätzlicher Bestandteil der Pflege von Schwerkranken und Pflegebedürftigen. Die größte Herausforderung bei der Körper- und Hautpflege bei Bettlägerigkeit besteht darin, dass diese von anderen Personen, zumeist von beruflich Pflegenden oder pflegenden Angehörigen, stellvertretend übernommen wird. Das ist sowohl für die Pflegeempfänger als auch für die Pflegenden teilweise eine belastende Situation, denn neben den eher technischen Verrichtungen und Empfehlungen ist die Körper- und Hautpflege geprägt durch Kultur, Tradition, Intimität und individuellen Vorlieben, die es so weit wie möglich zu berücksichtigen gilt.

Die Hautreinigung in liegender Position erfolgt in der Regel durch Körperteil- oder Ganzwaschungen mit Waschschüsseln, Lappen und Handtuch. Grundsätzlich sind immer hautschonende Seifen zu verwenden. Werden Seifen oder andere waschaktive Substanzen verwendet, sollen diese wieder von der Haut abgewaschen werden. Verbleibende Seifenrückstände auf der Haut begünstigen mögliche Irritationen. Andererseits soll Wasser sparsam verwendet werden, denn insbesondere im höheren Lebensalter wirkt die wiederholte und längere Exposition gegenüber Wasser austrocknend auf die Haut. In Langzeitpflegesettings kommen auch hier gebrauchsfertige Einmaltücher zum Einsatz (wasserfreie Waschungen).

Es gibt keine wissenschaftlich begründete Regel, wie oft und wie lange gewaschen werden soll. Solange die Waschungen und die verwendeten Pflegemittel nicht zu Hauttrockenheit, Juckreiz oder Irritationen führen, können die Waschungen nach den Vorlieben des Pflegebedürftigen und den Möglichkeiten der Pflegenden erfolgen. Bei Hochaltrigkeit oder beim Vorliegen von trockener Haut sollte die Hautreinigungsfrequenz einmal täglich nicht überschreiten [11]. Es besteht kein Zwang zur täglichen Ganzkörperwaschung. Stattdessen sollen beispielsweise nur die Achsel- oder Intimregionen je nach Bedarf gezielt gereinigt werden.

Pflegende Emulsionen sind bei trockener und verletzlicher Haut zu empfehlen. Je trockener die Haut ist, desto lipidhaltiger sollte das Produkt sein. Die hydratisierende Wirkung kann unter zusätzlicher Verwendung von Feuchthaltemitteln (z. B. Harnstoff, Glyzerin, Milchsäure) verstärkt werden. Letztlich gilt auch hier: Die Gesamtzusammensetzung der Emulsion entscheidet über die Wirkung, nicht das alleinige Vorhandensein eines bestimmten Stoffs [12]. Aktuelle Studien­ergebnisse legen nahe, dass auch die Inzidenz oberflächlicher Hautverletzungen, welche insbesondere bei sehr verletzlicher Altershaut („Pergamenthaut“) auftreten, durch den regelmäßigen Einsatz von Hautpflegeemulsionen reduziert werden kann [13]. Welche Produkte bzw. Produkt­bestandteile dafür besonders effektiv sind, ist bislang nicht untersucht.

Dem potenziellen Nutzen von Hautpflegeregimes steht auch eine Reihe von Risiken gegenüber. Neben den bislang dargestellten Stoffen gibt es weitere Bestandteile in Pflegeprodukten, z. B. Konservierungs- und Duftstoffe, die Überempfindlichkeitsreaktionen oder Kontaktallergien hervorrufen können [14]. Bei bereits bestehender Hautbarrierestörung (z. B. bei trockener Haut) ist die Wahrscheinlichkeit des Auftretens unerwünschter Wirkungen durch Kosmetika erhöht. Deshalb sollen grundsätzlich duft- und konservierungsstofffreie Präparate, sofern möglich, bevorzugt eingesetzt werden. Bei bekannten Allergien müssen diese Inhaltsstoffe vermieden werden. Unabhängig von einem möglichen irritativen oder allergenen Potenzial ist nicht jede Hautpflege hilfreich. Studienergebnisse legen nahe, dass die Applikation von Hautpflegeprodukten auf gesunde und normale Haut zu einer Hautbarriereschädigung beitragen kann [z. B. 15, 16].

Ausblick

Die korrekte Auswahl und die Anwendung von Hautpflegeprodukten und Hautpflegeinterventionen bei Bettlägerigkeit sind eine Herausforderung. Basierend auf verfügbaren Empfehlungen und ersten klinischen Algorithmen [11] muss zwingend zuerst eine Einschätzung des Hautzustandes erfolgen: Ist die Haut zu trocken, zu feucht? An welchen Körperstellen? Gibt es weitere Risiken (z. B. Diabetes mellitus)? Basierend auf den Befunden sollen gezielte Hautpflegestrategien empfohlen werden. Dabei müssen die Hautreinigung und Pflege stets in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. |

Literatur

 [1] National Pressure Ulcer Advisory Panel, European Pressure Ulcer Advisory Panel; and PanPacific Pressure Injury Alliance (NPUAP; EPUAP; PPPIA): Prevention and Treatment of Pressure Ulcers: Quick Reference Guide. Emily Haesler Hrsg.) Cambridge Media: Perth, Australia 2004

 [2] Oomens CW et al. Pressure induced deep tissue injury explained. Ann Biomed Eng 2015;43(2):297-305

 [3] Kottner J, Raeder K. Assessment and Documentation of Pressure Ulcers. In Thomas et al (eds). Pressure Ulcers in the Ageing Population. Springer, New York 2014:47-65

 [4] Kottner J et al. A systematic review of interrater reliability of pressure ulcer classification systems. J Clin Nurs 2009;18(3):315-336

 [5] National Clinical Guideline Centre (NICE). Pressure ulcer prevention: The prevention and management of pressure ulcers in primary and secondary care. National Institute for Health and Care Excellence, UK 2014

 [6] Gray M et al. Incontinence-associated dermatitis: a consensus. J Wound Ostomy Continence Nurs 2007;34(1):45-54

 [7] Kottner J, Beeckman D. Incontinence-associated dermatitis and pressure ulcers in geriatric patients. G Ital Dermatol Venereol 2015;150(6):717-729

 [8] Kottner J et al. Associations between individual characteristics and incontinence-associated dermatitis: a secondary data analysis of a multi-centre prevalence study. Int J Nurs Stud 2014;51(10):1373-1378

 [9] Kottner J et al. Maintaining skin integrity in the aged: a systematic review. Br J Dermatol 2013;169(3):528-542

[10] Zhai H, Maibach HI.Anti-irritants agents for the treatment of irritant contact dermatitis: clinical and patent perspective. Recent Pat Inflamm Allergy Drug Discov 2012;6(3):169-185

[11] Lichterfeld A et al. Evidence-Based Skin Care: A Systematic Literature Review and the Development of a Basic Skin Care Algorithm. J Wound Ostomy Continence Nurs 2015;42(5):501-524

[12] Surber C et al. Principles of skin care in the elderly. G Ital Dermatol Venereol 2015;150(6):699-716

[13] LeBlanc K et al. Is Twice-Daily Skin Moisturizing More Effective Than Routine Care in the Prevention of Skin Tears in the Elderly Population? J Wound Ostomy Continence Nurs 2016;43(1):17-22

[14] Raab W, Kindl U. Pflegekosmetik: Ein Leitfaden. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 2012

[15] Lodén M. Barrier recovery and influence of irritant stimuli in skin treated with a moisturizing cream. Contact Dermatitis 1997;36(5):256-260

[16] Buraczewska I et al. Changes in skin barrier function following long-term treatment with moisturizers, a randomized controlled trial. Br J Dermatol 2007;156(3):492-498

Autor

Priv.-Doz. Dr. rer. cur. Jan Kottner

Die Struktur und Funktion der Haut, die Förderung und Wiederherstellung der Hautbarriere und die Wirksamkeit von Hautpflegestrategien bei Pflegebedürftigkeit und im hohen Alter sind inhaltliche Schwerpunkte seiner derzeitigen Arbeit am Klinischen Studienzentrum für Haut- und Haarforschung an der Charité-Universitätsmedizin Berlin. Er publizierte umfassend zum Thema Haut- und Gewebegesundheit und insbesondere zu Dekubitus in internationalen und deutschsprachigen Zeitschriften. Unter anderem ist er im European Pressure Ulcer Advisory Panel (EPUAP) tätig.

Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie

Charité-Universitätsmedizin Berlin, Charitéplatz 1, www.crcberlin.com

autor@deutsche-apotheker-zeitung.de

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