Arzneimittel und Therapie

Mit Piercing zum MRT?

Tipps für Kunden mit Körperschmuck

Tattoos und Piercings, ihre Risiken und die richtige Pflege der betroffenen Hautbereiche waren vor einigen Wochen Thema in der DAZ (DAZ 2016, Nr. 24, S. 36 ff.). Aufgrund von Leseranfragen greifen wir dieses erneut auf und widmen uns den Herausforderungen, vor denen Menschen mit Körperschmuck vor geplanten Operationen oder Terminen für eine bildgebende Diagnostik stehen können.

Apotheken in der Nähe einer radiologischen Praxis könnten mit der Frage konfrontiert werden, ob Tätowierungen oder Piercings bei einer Operation oder einer Röntgen- bzw. MRT-Untersuchung ein Problem darstellen können. Zwar sind die Unterschiede hinsichtlich der Beschaffenheit der Ornamente oder Schmuckstücke groß und allgemeingültige Aussagen daher schwierig. Einige grundsätzliche Hinweise sollte die Apotheke dennoch parat haben.

Operation: Piercing durch Platzhalter ersetzen

Vor einem operativen Eingriff müssen jegliche Schmuckstücke aus Metall (z. B. Stahl, Titan), aber auch solche aus Edelmetallen entfernt werden. Grund dafür ist deren Leitfähigkeit. Werden beispielsweise bei einer Operation verletzte oder durchtrennte Blutgefäße mittels Strom verödet, könnte es in der Umgebung eines Piercings zu schweren Verbrennungen kommen, da der menschliche Körper wegen seines hohen Wassergehaltes bekanntlich eine sehr gute Leitfähigkeit besitzt. Direkt im OP-Areal darf sich ebenfalls kein Piercing befinden, da es Wundinfektionen verursachen könnte. Dies gilt insbesondere für den Mund- und Nasenbereich. Bei Zungenpiercings ist zudem die Verletzungsgefahr beim Einführen des Beatmungsschlauchs im Rahmen einer Vollnar­kose sehr hoch. Auch wenn „nur“ eine Peridualanästhesie geplant ist, besteht diese Notwendigkeit, da unter Umständen doch eine Vollnarkose erforderlich ist. Um zu verhindern, dass sich das entfernte Piercing nach der OP infolge Veränderungen des Stichkanals nicht mehr einführen lässt, können Platzhalter aus inerten Materialien wie Polytetrafluorethylen (Teflon®) eingesetzt werden. Schwieriger ist der Umgang mit transdermalen Implantaten, sogenannten Microdermals oder Dermal Anchors (siehe Foto). Zwar lässt sich das am Gewindestab angeschraubte Schmuckstück abschrauben, für das Implantat wäre aber in den meisten Fällen ein Hautschnitt notwendig. Daher muss im Aufklärungsgespräch eine für Arzt und Patient akzeptable Lösung ge­funden werden.

Foto: josef_hajda – Fotolia.com
Dermal Anchor Bei den sogenannten Transdermals wird unter die Haut eine kleine Platte aus Titan oder Stahl implantiert, die ein Gewinde trägt und mit der Haut verwächst. Auf dieses Gewinde können verschiedene Schmuckaufsätze geschraubt werden.

Röntgen, CT und MRT

Auch vor Röntgenaufnahmen und der Computertomografie (CT) müssen Piercings entfernt werden. Die Schmuckstücke würden auf den Bildern als dunkle Flecken oder Schatten erscheinen und könnten die Untersuchungs­ergebnisse verfälschen.

In den Aufklärungsmaterialien, die ein Patient vor einer MRT-Untersuchung lesen und unterschreiben muss, findet sich eine lange Liste von Einschränkungen, zu denen auch Piercings und gegebenenfalls Tattoos zählen. Da der Magnetresonanztomograf einen starken Magneten enthält, dürfen sich in der zu untersuchenden Region keine Metallteile oder Magneten (z. B. magnetische Zahnimplantate) befinden, während das nichtmagnetische Titan in der Regel toleriert wird. Moderner Gelenkersatz, Knochenplatten, Herzschrittmacher oder Defibrillatoren können MRT-tauglich sein, bei älteren Modellen gilt es, dies genau abzuklären. Großflächige Tätowierungen mit einem hohem Anteil eisenhaltiger Farben wie Rot oder Schwarz können sich im MRT erwärmen oder anschwellen. Außerdem ist es möglich, dass die ­darunterliegende Körperregion nicht deutlich genug zu erkennen ist. Bei ganz frisch gestochenen Tattoos besteht zudem die Gefahr, dass die Farben verlaufen, da der Heilungsprozess im Gewebe noch nicht abgeschlossen ist. Die Erfahrung zeigt: Viele Praxen und Kliniken gehen lieber auf „Nummer sicher“. Bei komplizierten Fällen ist daher immer eine Einzelfallentscheidung notwendig. Gegebenenfalls muss eine unproblematischere Untersuchungsmethode gewählt werden. |

Quelle

Website der Bizzarre GbR, Passau, www.bizzarre.de, letzter Abruf am 22. Juli 2016

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.