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Hecken gegen Homöopathen
G-BA-Vorsitzender fordert Einschränkungen – Verbände widersprechen vehement
Zwei von drei Krankenkassen erstatten homöopathische Behandlungen als sogenannte Satzungsleistung. Der unparteiische G-BA-Vorsitzende Josef Hecken lehnt dies ab. „Es sollte den Kassen untersagt werden, Dinge zu bezahlen, für die es keine Evidenz gibt“, erklärte Hecken gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ). Auch alternativmedizinische Therapien sollten nur mit Wirknachweis von Kassen erstattet werden können. Es dürfe nicht sein, dass Beitragsgelder für Präparate ohne wissenschaftlichen Beleg ausgegeben würden. „Wir sollten es nicht hinnehmen, dass im Sozialgesetzbuch Schritt für Schritt eine Grauzone eingeführt wird“, forderte er. Damit reagierte Hecken auch auf den Tod dreier Krebspatienten, die kurz nach der Behandlung eines Heilpraktikers im „Biologischen Krebszentrum“ in Brüggen-Bracht verstarben. Sie sollen dort von einem Heilpraktiker mit einer nicht zugelassenen Substanz behandelt worden sein.
Hecken: Homöopathie bei Krebs verbieten!
Doch Hecken will noch einen Schritt weitergehen. „Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs müsse eine homöopathische Therapie auch Selbstzahlern verboten werden können, solange die Wirksamkeit nicht mit Studien belegt worden sei“, schreibt die FAZ über Heckens Forderungen und zitiert ihn mit den Worten „Da brauchen wir ganz klare Verbote“. Schließlich ginge es „nicht um Befindlichkeiten, sondern um Menschenleben“. Gerade dort, wo Patienten mit nicht belegten Heilsversprechen von bewährten Therapien wie einer Chemotherapie abgehalten würden, könnten sich die Therapie- und Überlebenschancen verschlechtern und höhere Kosten durch Verschleppung entstehen. „Hier wird eine Grenze überschritten“, sagte Hecken.
Dabei ist Hecken sich der Brisanz seiner Forderungen klar. „Wir sind an einem Punkt angelangt, wo wir eine breite öffentliche Diskussion brauchen“, erklärte er. „Dafür bin ich auch bereit, mich öffentlich schelten zu lassen.“
Hecken „wirft Therapieformen durcheinander“
Der Gegenwind ließ nicht lange auf sich warten. Cornelia Bajic, Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ), antwortete Hecken auf Anfrage von DAZ.online mit deutlichen Worten: „Die Patienten sind nicht aufgrund einer homöopathischen Behandlung gestorben!“, schrieb sie in Bezug auf die gestorbenen Krebspatienten in Brüggen-Bracht. Hecken werfe alle Therapieformen „wild durcheinander“, kenne die gute Evidenz für Homöopathie nicht und überschreite seine Kompetenzen auch auf anderen Gebieten. „Wessen Interessen vertritt Herr Hecken?“, fragte Bajic.
Hersteller wehren sich
Auch die Verbände der Pharmazeutischen Industrie (BPI) und der Arzneimittel-Hersteller (BAH) widersprechen dem G-BA-Vorsitzenden deutlich. Homöopathie solle auch weiterhin als Satzungsleistung erstattet werden können, fordert der BPI. „Natürlich können schwerwiegende Krankheiten wie Krebs nicht allein durch alternative Medizin geheilt werden“, sagt Hauptgeschäftsführer Henning Fahrenkamp. „Wer aber die Homöopathie als ergänzende und in der Regel nebenwirkungsarme Behandlung verbieten will, beschneidet die Therapievielfalt und bevormundet zahlreiche Patienten in Deutschland.“ Es gebe eine Vielzahl von Erkrankungen, bei denen homöopathische Arzneimittel erfolgreich einsetzbar sind. Studien aus der Versorgungsforschung zeigten nach Meinung des BPI „übereinstimmend“ den Nutzen für Patienten wie Gesundheitssystem. „Klinische Studien belegen zudem relevante Verbesserungen bei verschiedenen Indikationen“, erklärt der BPI. „Man sollte Homöopathie als Therapierichtung nicht abwerten“, ergänzt Fahrenkamp. „Homöopathie ist kein wirkungsloser Hokuspokus, sondern eine anerkannte und bewährte Therapieform.“ Wenn Behandler und Patienten sie richtig und verantwortungsvoll einsetzen, könne sie den Therapieerfolg unterstützen. „Das rechtfertigt auch eine Erstattung als Satzungsleistung der Kassen“, erklärt der Geschäftsführer.
Auch der BAH rät zur Versachlichung der aktuellen Debatte. Diese gefährde die Arzneimittelvielfalt und die therapeutischen Möglichkeiten „in unverantwortlicher Weise“, sagt Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft des BAH. Ärzten, Heilpraktikern, Apothekern und Patienten sollte eine größtmögliche Vielfalt an Arzneimitteln zur Verfügung stehen. „Hierzu zählen auch homöopathische und anthroposophische Arzneimittel“, sagt Kroth – und begrüßt die Apothekenpflicht, die für einen verantwortungsvollen Umgang mit homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln sorge. „So kann auch der Apotheker den Patienten vor der Abgabe des Arzneimittels beraten, eventuelle Grenzen aufzeigen und im Zweifel Alternativen beziehungsweise einen Arztbesuch empfehlen“, betont der Geschäftsführer. |
1 Kommentar
Homöopathie verbieten Hecken
von Jenny M am 16.01.2019 um 12:41 Uhr
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