Kundenzeitschriften

Die Apotheken Umschau

Gespräch mit Andreas Arntzen und Dr. Dennis Ballwieser, Wort & Bild Verlag

diz | Marktführer unter den Apotheken-Kundenzeitschriften ist die Apotheken Umschau, herausgegeben vom Wort & Bild Verlag, Baierbrunn. Nach dem Tod des Verlagsgründers Rolf Becker ordneten die Erben die Verlagsspitze neu: Als Vorsitzender der Geschäftsführung hat seit März 2016 Andreas Arntzen die Leitung inne. Mit in der Geschäftsführung ist Dr. Dennis Ballwieser, der für die redaktionellen Belange zuständig ist. Wir sprachen mit Arntzen und Ballwieser über den Anspruch und die Ausrichtung der Apotheken Umschau.
Foto: Wort & Bild-Verlag

Andreas Arntzen hat zu Beginn seiner Laufbahn parallel zu Studium und Leistungssport vier Einzelhandelsgeschäfte eröffnet und geführt und so seine Ausbildung finanziert. Der studierte Betriebswirtschaftler arbeitete dann bei verschiedenen Verlagshäusern (beispielsweise Handelsblatt und Zeit), gründete Parship und radio.de und war zuletzt in der Geschäftsleitung der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) tätig. Dr. Dennis Ballwieser hat Medizin studiert und zusätzlich eine Ausbildung zum Redakteur absolviert, zu Wort & Bild kam er von Spiegel Online.



DAZ: Herr Arntzen, Ihre ersten 100 Tage beim Wort & Bild Verlag liegen hinter Ihnen. Wie werden Sie Verlag und Apotheken Umschau positionieren? Welchen Weg werden Sie einschlagen?

Arntzen: Ich sehe den Verlag nicht nur als Print-Verlag, sondern als Marketinginstrument für den Apotheker. Ein Teil des Marketingangebots ist das Magazin Apotheken Umschau, aber unser Angebot geht natürlich darüber hinaus. Was für mich besonders spannend ist: Wir haben Europas größte Gesundheitsredaktion, da steckt sehr viel Potenzial drin. Und: Die Digitalisierung ist noch nicht ausgelebt. Das sind Herausforderungen, die mich reizen. Ein enges Zusammenspiel zwischen Redaktion und Verlag hat daher für mich hohe Priorität. Und mit Blick auf die Apotheken steht bei mir eine gelebte Partnerschaft mit dem Apotheker an erster Stelle. Wobei ich der Überzeugung bin, dass hier bereits eine viel größere Partnerschaft besteht, als sie wahrgenommen wird. Das werden wir in engem Zusammenspiel noch deutlich ausbauen, auch ohne dass es für den Apotheker einen Mehraufwand bedeutet, aber die Partnerschaft sichtbarer und spürbarer macht.

Foto: Wort & Bild-Verlag
Andreas Arntzen ist seit März 2016 Vorsitzender der Geschäftsführung des Wort & Bild Verlags.

DAZ: Wie sieht sich die Apotheken Umschau selbst? Was soll sie, was will sie für den Apotheker sein?

Arntzen: Wir haben im Prinzip zwei Kunden, was eine besondere Konstellation ist: den Apotheker als direkten Kunden und den Apothekenkunden als Leser. Ich besuche selbst sehr oft Apotheken und spreche mit Apothekern und PTAs über die Apotheken Umschau und unsere anderen tollen Titel, um zu verstehen, wie sich die Apotheken selbst sehen und wie sie ihre Kunden sehen. Als Feedback nehme ich mit, dass sie die Qualität unseres Produkts sehr schätzen. Es muss auch gut sein, denn sonst würden wir nicht auf eine durchschnittliche Lesedauer von 109 Minuten kommen. Die redaktionelle Qualitätshürde – bedingt durch das unique B-B-C-Modell – liegt bei uns höher als bei wohl allen Publikationen in Deutschland, selbst beim „Handelsblatt“ oder der „Zeit“. Das muss man erst mal hinbekommen. In den Ausgaben der letzten 60 Jahre werden sie keinen einzigen Präparatenamen oder Namen eines Pharmaunternehmens in den Artikeln finden. Selbst wenn wir eher als ein Magazin für Ältere angesehen werden, so sind Inhalt und Aufmachung viel jünger als unser Image. Meine Familie und Freunde sind inzwischen auch regelmäßige Leser, ganz losgelöst von meiner Nähe zum Verlag. Ein Wort zur Reichweite: 100 Prozent unserer Auflage landen beim Kunden. Mit allen unseren Titeln haben wir eine Reichweite von fast 23 Millionen Menschen, die Auflage über alle Titel beträgt 14,5 Millionen, und die Apotheken Umschau alleine hat eine monatliche Auflage von 9,3 Millionen.

DAZ: Was ist Ihr vorrangiges Ziel?

Arntzen: Ich möchte einen kulturellen Wandel in die Richtung, dass wir uns noch stärker auf die Kundenbedürfnisse, sowohl der Apotheker als auch der Leser einstellen: durch die Brille des Lesers schauen und überlegen, wie wir auf Basis neuer technologischer Möglichkeiten unser Produkt verbessern können. Also, meine drei Schwerpunkte: Mir liegt eine enge Zusammenarbeit von Redaktion und Verlag am Herzen, ich möchte den Apotheker noch stärker als Partner verstehen und das Produkt in Richtung Kundenbedürfnisse stetig weiterentwickeln und im Sinne selbiger optimieren.

Foto: Wort & Bild-Verlag
Dr. Dennis Ballwieser ist Mitglied der Geschäftsführung und für die redaktionellen Belange zuständig.

DAZ: Herr Ballwieser, Sie sind Arzt und Journalist. Ihnen unterstehen als Executive Editor die Redaktionen sowie die medizinischen Belange des Verlags. Was steht bei Ihrer Arbeit im Vordergrund?

Ballwieser: Sich auf die Apothekenkunden einzustellen. Wir sind uns sehr bewusst, dass unser Auftraggeber der Apotheker ist. Die Apotheke steht bei uns daher immer an erster Stelle. Wenn wir die Fragen, die der Leser als Apothekenkunde stellt, nicht beantworten, schreiben wir am Interesse des Lesers vorbei. Das würden wir merken, das Interesse an der Apotheken Umschau würde abnehmen. Wir unterstützen daher den Apotheker dabei, seine Kunden umfassend zu beraten, damit diese so zufrieden wie möglich sind und wieder in die Apotheke kommen. Die Ärzte und Apotheker, die in unserer Redaktion arbeiten, haben die Interessen und Bedürfnisse des Apothekenkunden im Fokus.

Arntzen: Und deshalb werden wir in Zukunft noch praxis­näher sein. Wir werden nicht beim redaktionellen Text aufhören, sondern den Servicegedanken dahinter weiterdenken. Die ersten hundert Tage zeigen auch, was für ein motiviertes, hoch qualifiziertes Team in Baierbrunn sitzt, mit dem wir genau diesen Kurs weiterverfolgen werden.

Ballwieser: Früher hat – bei allen Magazinen in Deutschland – der Horizont nur bis zum Ende des Textes gereicht, das darf heute nicht mehr der Maßstab sein. Wir kommen auf diesem Weg gut voran.

DAZ: Sieht sich die Apotheken Umschau auch als Sprachrohr und Fürsprecher der Apotheker?

Arntzen: Ich würde nicht für uns in Anspruch nehmen, ein Sprachrohr der Apotheker zu sein. Da gibt es sehr qualifizierte Verbände, die diese Aufgabe übernehmen und einen wirklich guten Job machen. Es gibt auch andere Publikationen, so wie Ihre, gerade im Bereich der Fachmedien, die schon eher diese Rolle ausfüllen. Ich möchte für uns eher die Partnerschaft mit dem Apotheker herausstellen. Wir versuchen, die Bedürfnisse und Wünsche des Apothekers zu verstehen und darauf Antworten zu geben bzw. gleich konkrete Lösungen anzubieten. Das beginnt bei der Frage, wie kann ich den Apotheker unterstützen, mehr Deckungsbeitrag zu erwirtschaften und langfristige nachhaltige Kundenbeziehungen aufzubauen, und geht bis hin zu einer gesellschaftspolitischen Diskussion über die Relevanz der einzelnen Apotheken. Das vermitteln wir im Prinzip auch bereits ein Stück weit mit unseren TV-Spots, mit denen wir die Bedeutung der Apotheke in sympathischer Weise transportieren. Ich kenne im Übrigen keine andere Werbung, bei der ein Unternehmen eine solche Werbung für eine Gattung macht, wie die Apotheken Umschau es hier für die Apotheke macht.

DAZ: Zur Fernsehwerbung der Apotheken Umschau gibt es mitunter aber auch kritische Stimmen, vor allem von den Apotheken, die sich für eine andere Kundenzeitschrift entschieden haben. Sie fühlen sich dadurch unter Druck gesetzt, weil die gezielte Nachfrage nach der Apotheken Umschau dadurch stimuliert wird.

Arntzen: Eigentlich müsste doch jeder Apotheker in seiner Eigenschaft als Einzelhändler sagen: Es ist doch hervorragend, dass durch die Werbung potenzielle Kunden in mein Geschäft kommen. Das ist doch etwas Positives. Vor diesem Hintergrund kann ich nicht, zumindest noch nicht, nachvollziehen, dass manche diesen Umstand kritisch interpretieren. Das mag vielleicht durch neidvolle Propaganda anderer Häuser verursacht sein, denen der Fernsehkanal nicht zur Verfügung steht. Aber ganz nüchtern betrachtet: Wir bringen damit potenzielle Kunden, und das sind 80 Mio. Menschen in Deutschland in die Apotheke, die man direkt ansprechen und pharmazeutisch beraten kann. In den Werbespots sprechen wir Themen an, die zeitgemäß sind, die in die jeweilige Jahreszeit passen, die immer auf Produkte oder Leistungen der Apotheke abzielen. Ich bin der Meinung, dass wir hier schon extrem viel Gutes für die Apotheke und auch für die Pharmaindustrie tun.

DAZ: Was ist das Besondere der Apotheken Umschau, womit punktet dieses Produkt im Markt?

Arntzen: Unsere Gesundheitsredaktion steht für Glaubwürdigkeit, Seriosität, Neutralität der Artikel, qualitativ auf höchstem Niveau, und einfach eine extrem hohe redaktionelle Qualität. Wir haben einen wissenschaftlichen Beirat, wir haben Kontrollmechanismen, wie ich sie bei keinem Qualitätsmedium in Europa kenne. All das wird letztlich vom Leser honoriert. Wir sehen das an der hohen Lesedauer, den steigenden Nutzungswerten und dies übrigens auch kontinuierlich über alle Ausgaben und Titel.

DAZ: Wie groß ist die Redaktion?

Ballwieser: Für alle unsere Titel arbeiten über 90 Mitarbeiter in den Bereichen Text, Bild und Grafik. Wir legen sehr viel Wert auf die Qualität der Bilder und Grafiken. Da stecken schon viele medizinische Informationen drin, die aber auch leicht verständlich sein müssen. Allein für die Apotheken Umschau arbeiten 15 Journalisten, viele von ihnen sind Apotheker, Ärzte und Naturwissenschaftler. Eine journalistische Ausbildung ist zusätzlich Voraussetzung, um für uns arbeiten zu können.

DAZ: Sehen Sie Veränderungen beim Leserkreis der Apotheken Umschau? Oder ist die Mehrheit 60 plus?

Arntzen: Wir haben Zuwächse in der Leserschaft, bei fast allen Titeln, was wir auf die redaktionelle Qualität zurückführen. Der Titel ist für mich jünger als die durchschnitt­liche Altersgruppe. Hinzu kommt natürlich auch noch der demografische Wandel, der diese Zahlen beeinflussen wird.

DAZ: Wo sehen Sie die Zukunft eines Magazins wie der Apotheken Umschau? Sehen Sie Tendenzen, dass die Leser das Magazin mehr und mehr aus dem Netz holen und auf Tablets und Smartphone lesen? Langfristig gesehen: Stirbt die gedruckte Ausgabe?

Arntzen: Diese Frage kann ich in Bezug auf die Apotheken Umschau mit einem eindeutigen Nein beantworten. Wir sollten generelle Tendenzen nicht 1 : 1 auf dieses Modell übertragen. Unser Vertrieb ist etwas Besonderes, wurde und wird auch so gelernt, gelebt und geschätzt. Die von Ihnen angesprochenen Kanäle werden komplementäre Aufgaben übernehmen und die Apotheken Umschau zusätzlich aufwerten. Zeitungen und Magazine sollten generell mehr Inhalt und Tiefgang bieten und sich auch als notwendiges und sehr wertvolles Medium zu anderen, schnelleren Informations­kanälen verstehen. Nur wer diese Rolle und dieses Zusammenspiel versteht, kann sein jeweiliges Produkt optimal an den Bedürfnissen der Leser und Nutzer ausrichten. Auf jeden Fall gibt es in diesem Bereich noch ein enormes Potenzial für uns; wir haben hierzu auch bereits Projekte in der Pipeline.

DAZ: Was wird es mittelfristig Neues von Wort & Bild, bei der Apotheken Umschau geben?

Arntzen: Es wird einige Relaunches unserer Magazine geben. Und wir werden die Angebote und den Servicecharakter so ausbauen, dass die Partnerschaft für die Apotheke noch sichtbarer wird. Konkretes dazu möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht verraten – aber ich kann Ihnen versichern, dass Ihre Neugierde schon sehr kurzfristig befriedigt und das heutige Interview greifbar wird.

DAZ: Herr Arntzen, Herr Ballwieser, vielen Dank für das Gespräch. |


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