Die Seite 3

Baustellen

Peter Ditzel, Herausgeber der DAZ

Wir stehen schon in der zweiten Jahreshälfte – Anlass, auf unsere berufspolitischen Probleme und Fragen zu schauen, um deren Lösung unsere Berufsvertreter ringen und in vielen Punkten nicht erst seit diesem Jahr. Hier der kleine Baustellen-Report.

Mehr Honorar für Rezepturen und Dokumentation ist in greifbare Nähe gerückt. Im Referentenentwurf des Pharmagesetzes ist ein Rezepturhonorar von 8,35 Euro vorgesehen und ein Euro mehr bei den Arbeitspreisen. Für die Dokumentation von BtM- und anderen dokumentationspflichtigen Arzneimitteln sollen 2,91 Euro bezahlt werden. Sowohl Rezepturen als auch die Dokumentation wären, wie betriebswirtschaftliche Berechnungen zeigen, mit diesen Erhöhungen zwar immer noch hoffnungslos unterbezahlt, aber der Schmerz der Selbstausbeutung wäre ein wenig geringer. So richtig Freude über die kleine Erhöhung kann aber schon deswegen nicht aufkommen, weil einige Gesundheitspolitiker glauben, im Gegenzug die 3-Prozent-Marge des Apothekenhonorars begrenzen zu müssen. Die Baustelle bleibt erhalten.

Als Dauerbaustelle wird uns die Forderung nach einer Anpassung unseres Honorars weiter begleiten, auf jeden Fall bis 2018. Erst dann wird das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene Gutachten vorliegen, das überprüfen soll, wie unser Apothekenhonorar in Zukunft berechnet werden kann. Mit Vorlage des Gutachtens wird sich zeigen, ob wir es bei dieser Baustelle mit der von Stuttgart 21 oder sogar mit der des Berliner Flughafens zu tun haben.

Im Vergleich zur Honorarbaustelle nehmen sich alle anderen Probleme überschaubar aus, auch wenn sie zum Teil nicht minder lästig sind. Zum Beispiel Lieferengpässe. Der Arzneimittelmarkt in Deutschland wird mit ihnen leben müssen, eine Lösung ist nicht in Sicht. Die Importquote: Keiner, außer den Importeuren, will sie wirklich, sogar Krankenkassen und Politiker können ihr nicht mehr viel abgewinnen, und trotzdem: Ans Abschaffen traut sich die Politik nicht. Es bleibt eine Baustelle! Ähnlich zaghaft geht die Politik mit der Forderung der Apotheker um, die Ausschreibungen der Krankenkassen bei Impfstoffen und Zytostatika zu verbieten. Die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung der Patienten ist gefährdet, aber die Bundesregierung will trotz Kritiker in den eigenen Reihen an Zytostatika-Ausschreibungen festhalten. Und dann der Baumarkt für Apotheker: Die Präqualifizierung für den Hilfsmittelbereich – eine Zumutung für Apotheken. Sie abzuschaffen, ähnelt einer Schwerbaustelle. Immerhin, bei der Retaxbaustelle konnten sich Verband und Kassen auf ein Gerüst, einen modus vivendi einigen: Bei kleinen Formfehlern wird nicht mehr retaxiert. Ein kleiner Fortschritt.

Eine Art Wanderbaustelle sind die Forderungen nach Dienstleistungshonoraren für die Apotheke. Sie hangeln sich von Station zu Station, kommen nur schwer in die Gänge und ob sie letztendlich abgebrochen werden müssen oder ob doch noch ein kleines Bauwerk am Ende herauskommt, ist fraglich. Immerhin, das Projekt ARMIN ist zwar kein Selbstläufer, aber es geht voran: Das Medikationsmanagement wird erprobt.

Eine Baustelle ungeahnten Ausmaßes könnte das EuGH-Urteil zu den Rx-Boni werden, das noch für den Herbst erwartet wird. Sollte das Gericht den Versandapotheken Preisnachlässe auf Rx-Arzneimittel erlauben, könnte sich eine abgrundtiefe Baugrube auftun. Erste-Hilfe-Maßnahme dagegen: Die ABDA ließ durchblicken, dann ein Versandverbot für Rx zu fordern. Ob‘s noch hilft?

„Auch aus Steinen, die dir in den Weg gelegt werden, kannst du etwas Schönes bauen“, soll Erich Kästner gesagt haben. Ob man das Zitat auch auf die Berufs­politik der Apo­theker anwenden kann?

Peter Ditzel


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