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DAZ aktuell
Zulassung könnte elf Mal ruhen
CHMP hat Empfehlungen nach Manipulationen bei Semler Research in Indien ausgesprochen
Das Semler Research Centre in Bangalore war im letzten Jahr nach Inspektionen der US-amerikanischen FDA und Weltgesundheitsorganisation WHO international ins Zwielicht geraten. Beide hatten Zweifel an der Integrität von klinischen Daten angemeldet, die dort an den Abteilungen für Bioanalytik und Klinik erhoben worden waren. (s. a. DAZ 2016, Nr. 19, S. 18). Zu den Dienstleistungen des Forschungszentrums gehören neben der pharmazeutischen und klinischen Entwicklung vor allem Bioverfügbarkeits- und Bioäquivalenz-Studien.
Nach der „Notice of Concern“ (Bedenklichkeitserklärung, NOC) der WHO sollen bei mindestens fünf klinischen Studien Manipulationen gefunden worden sein. Aufgedeckt hatten die Inspekteure die Ungereimtheiten anhand des Vergleichs von Konzentrations-Zeit-Profilen für spezifische Paare von Studienteilnehmern. Zweifel meldete die WHO zudem an weiteren Studien mit AIDS-, Malaria- und Tuberkulosemitteln sowie Ophthalmika, Antibiotika und Schmerzmitteln an. Aufgrund der Vielzahl und der Dauer der Manipulationen hegte die WHO in ihrer Notice of Concern die Vermutung, dass dies bei Semler gang und gäbe sein könnte.
Ende April reagierte dann auch die Europäische Arzneimittel-Agentur auf die Unregelmäßigkeiten und leitete eine Untersuchung ein, um festzustellen, welche Arzneimittel in der EU hiervon betroffen sein könnten.
Semler-Daten reichen nicht
Nun hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) bei der EMA seine Untersuchung abgeschlossen und eine Empfehlung an die nationalen Zulassungsbehörden zum Umgang mit den betroffenen Arzneimitteln bekannt gemacht. Insgesamt kommt der CHMP zu dem Ergebnis, dass die Bioäquivalenz-Studien, die bei Semler Research durchgeführt wurden, für Arzneimittelzulassungen in der Europäischen Union nicht infrage kommen. Außerdem empfiehlt die EMA, Präparate in laufenden Zulassungsverfahren, die sich auf solche Studien beziehen, ebenfalls nicht zuzulassen, bevor alternative Daten vorgelegt werden.
Im Detail werden zwei Listen von Arzneimitteln veröffentlicht. Eine beinhaltet Präparate, für die empfohlen wird, die entsprechenden Zulassungen ruhen zu lassen beziehungsweise sie nicht zuzulassen, sofern sie sich noch im Genehmigungsverfahren befinden [2]. Für Deutschland sind in der Liste unter anderem zugelassene Präparate von Hexal, ratiopharm, 1A Pharma, Hormoson, Aristo Pharma und Glenmark Arzneimittel aufgeführt (siehe Tabelle). Die zweite Liste beinhaltet Präparate, die nach der Empfehlung der EMA auf dem Markt bleiben dürfen. Zu diesen haben die Pharmaunternehmen während der Untersuchungen bereits andere Studien vorgelegt, die die Bioäquivalenz belegen [3].
Hersteller |
Wirkstoffe |
Handelsname |
---|---|---|
Hexal AG |
Saquinavir |
Saquinavir HEXAL 500 mg Filmtabletten |
Ratiopharm GmbH |
Atovaquon/Proguanil |
Atovaquon/Proguanilhydrochlorid-ratiopharm 62,5 mg/25 mg Filmtabletten |
Ratiopharm GmbH |
Atovaquon/Proguanil |
Atovaquon/Proguanilhydrochlorid-ratiopharm 250 mg/100 mg Filmtabletten |
1A Pharma GmbH |
Atovaquon/Proguanil |
Atovaquon/Proguanilhydrochlorid - 1 A Pharma 62,5 mg/25 mg Filmtabletten |
1A Pharma GmbH |
Atovaquon/Proguanil |
Atovaquon/Proguanilhydrochlorid - 1 A Pharma 250 mg/100 mg Filmtabletten |
Hexal AG |
Atovaquon/Proguanil |
Malacomp HEXAL (250 mg/100 mg) |
Hexal AG |
Atovaquon/Proguanil |
Malacomp HEXAL junior (62,5 mg/25 mg) |
Hormosan GmbH |
Pregabalin |
Pregabalin-Hormosan 25 mg Hartkapseln |
Aristo Pharma GmbH |
Eprosartan |
Eprosartan Aristo 600 mg Filmtabletten |
Glenmark Arzneimittel GmbH |
Celecoxib |
Celecoxib 200 mg Hartkapseln |
Glenmark Arzneimittel GmbH |
Celecoxib |
Celecoxib 100 mg Hartkapseln |
Mitgliedstaaten entscheiden
Bei einigen Arzneimitteln, für die die EMA das Ruhen der Zulassungen empfiehlt, wird davon ausgegangen, dass sie wegen des Fehlens von Alternativen in dem jeweiligen Mitgliedstaat kritisch für die Versorgung sein könnten. Deshalb könnten die nationalen Behörden das Ruhen der Zulassungen im Interesse der Patienten gegebenenfalls aufschieben, heißt es in der EMA-Verlautbarung. Auch die Entscheidung, ob ein Rückruf der betreffenden Präparate in dem jeweiligen Land für notwendig gehalten wird, soll den Mitgliedstaaten überlassen werden. Derzeit gebe es keine Hinweise auf irgendwelche unerwartete Schäden oder eine fehlende Wirksamkeit im Zusammenhang mit den Arzneimitteln. Den Patienten rät die EMA konkret dazu, die Präparate so, wie sie ihnen verordnet wurden, weiter einzunehmen und sich bei Fragen oder Bedenken an ihren Arzt zu wenden.
Die Empfehlung der EMA geht nun an die Europäische Kommission zur Umsetzung in eine Entscheidung, die dann für die gesamte EU verbindlich sein wird. |
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