Prisma

RNA-Nanopartikel gegen Krebs

Vakzine zur Immuntherapie im klinischen Test

cae | Mainzer Forscher sind bei der Etablierung der Immuntherapie gegen Krebs einen Schritt vorangekommen. Sie sehen sie als künftige „vierte Säule“ der Krebstherapie.
Foto: Dr. P. Marazzi/SPL/Agentur Focus

Die RNA-LPX-Vakzine wird bereits bei einigen Melanompatienten klinisch getestet.

Während die chirurgische, biochemische und radiologische Krebstherapie direkt am Tumor angreifen, nimmt die Immuntherapie einen indirekten Weg über die Aktivierung des Immunsystems. Hier gibt es verschiedene Konzepte. Mitarbeiter der Translationalen Onkologie (TRON), des Forschungszentrums für Immuntherapie (FZI) und des Instituts für Pharmazie und Biochemie (Peter Langguth) der Universität Mainz sowie der Firma BioNTech in Mainz haben eine Methode der RNA-Impfung entwickelt. Diese Methode soll einerseits universell bei allen Krebsformen einsetzbar sein und die individuellen Variationen, die bei jedem Patienten aufgrund der Besonderheiten des jeweiligen Tumors erforderlich sind, ­relativ kostengünstig ermöglichen.

Das Grundprinzip besteht darin, Krebszellen für Immunzellen erkennbar zu machen. Krebszellen sind aus „normalen“ Körperzellen entstanden und sind imstande, ihre wenigen abweichenden Merkmale zu verbergen. Nach Verabreichung einer therapeutischen Vakzine – es handelt sich nicht um eine Schutzimpfung! – lernt das Immunsystem, Krebszellen von anderen Zellen zu unterscheiden, und kann sie dann vernichten.

Die Mainzer Forscher haben zunächst RNA-Abschnitte, die den Bauplan für exklusive Merkmale von Krebszellen enthalten, amplifiziert und in leicht ­negativ geladenen Nanopartikeln verpackt. Diese RNA-Lipoplexe (RNA-LPX) werden in einer geeigneten Flüssigkeit suspendiert und intravenös appliziert, worauf sie von dendritischen Zellen und Makrophagen aufgenommen werden; in ihnen verliert die RNA ihre künstliche Hülle, die sie in der Blutbahn vor dem Angriff von Enzymen geschützt hat, und wird in ein Protein transferiert. Die Immunzellen präsentieren dieses Protein, das als Antigen fungiert, und sezernieren Interferon-α. Damit beginnt eine Entzündungs­reaktion, wie sie für virale Infektionen typisch ist.

Die Autoren haben ihr Verfahren nicht nur präklinisch getestet, sondern auch eine Phase-I-Studie mit Melanompatienten begonnen, um die Unbedenklichkeit und Verträglichkeit der RNA-LPX zu prüfen und Erkenntnisse zu ihrer idealen Dosierung zu gewinnen. Erstaunlicherweise führten bereits sehr niedrige Dosen – gemessen anhand der Erfahrungen in den präklinischen Studien – zu einer starken Aktivierung der zytotoxischen T-Zellen und T-Helferzellen gegen Krebszellen. Schwere toxische Reaktionen traten nicht auf, sondern die Patienten ver­trugen die Impfung sehr gut. Es werden noch weitere Patienten in diese Studie aufgenommen, und mit Ergebnissen, die für eine größere klinische Studie erforderlich sind, ist in zwei Jahren zu rechnen. |

Quelle

Kranz LM, et al. Systemic RNA delivery to dendritic cells exploits antiviral defence for cancer immunotherapy. Nature; Epub 1.6.2016

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