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Pharmaunternehmen veröffentlichen Zuwendungen an Ärzte
Die Branche verspricht mehr Transparenz, doch die Kritiker verstummen nicht
Vor drei Jahren verabschiedete der europäische Dachverband der forschenden Pharmaunternehmen (EFPIA) seinen Transparenzkodex: Er sieht vor, dass finanzielle Zuwendungen der Firmen an Ärzte und medizinische Forschungseinrichtungen künftig offenzulegen sind. Der EFPIA-Kodex setzte Mindeststandards, die dann von den nationalen Verbänden umzusetzen waren. In Deutschland war hierfür der FSA zuständig – ein Verein, der 2004 von Mitgliedern des vfa gegründet wurde.
Am 20. Juni traten vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer und FSA-Geschäftsführer Dr. Holger Diener vor die Presse, um die neue Transparenzoffensive vorzustellen. In den nächsten Tagen sollen die Webseiten von 45 Pharmaunternehmen um die neuen Informationen ergänzt werden. Und zwar für jedes europäische Land gesondert. Die Gesamtsumme für Deutschland hatten Fischer und Diener schon vorab im Gepäck. Sie unterteilt sich in drei Kategorien:
- 366 Mio. Euro flossen 2015 an Ärzte, andere Fachkreisangehörige, medizinische Organisationen und Einrichtungen für die Durchführung von klinischen Studien und Anwendungsbeobachtungen (AWB) im Rahmen von Forschung & Entwicklung
- 119 Mio. Euro zahlten Unternehmen an Ärzte und andere Fachkreisangehörige für Vortragshonorare und Fortbildungen
- 90 Mio. Euro gingen an medizinische Organisationen und Einrichtungen für Sponsoring von Veranstaltungen, Spenden und Stiftungen.
Individualisierte und aggregierte Summen
Die anteilsmäßig größte Sparte „Forschung und Entwicklung“ wird nur eine aggregierte Summe enthalten, die keine individuellen Geldflüsse erkennen lässt. Die anderen beiden Kategorien, die Zuwendungen an konkrete Personen und Institutionen umfassen, sind individualisiert. Allerdings sind die Zuwendungen an Ärzte und andere Fachkreisangehörige auch nur von begrenzter Transparenz. Denn um deren Namen veröffentlichen zu können, müssen diese einwilligen. Rund ein Drittel hat diese Einwilligung für das Jahr 2015 erteilt. Für die übrigen zwei Drittel wird vorerst auch nur eine aggregierte Summe genannt werden.
Der FSA wird – wenn es so weit ist – auf seiner Homepage Links zu den Informationen der einzelnen Unternehmen bereitstellen. Eine Gesamt-Übersicht auf der FSA-Webseite wird es allerdings nicht geben. Wer sich größere Transparenz verschaffen will, muss also etwas mehr Mühe aufwenden. Und wer die Entwicklung der Zahlungen längerfristig beobachten will, sollte zudem beachten, dass die Unternehmen die Daten eines Jahres nur drei Jahre lang veröffentlichen müssen – dann können sie sie wieder löschen.
Fischer: Zusammenarbeit mit Ärzten unerlässlich
Fischer und Diener sind überzeugt, mit dem Transparenzkodex einen entscheidenden Beitrag geleistet zu haben: Die Veröffentlichung der Geldflüsse soll Vertrauen schaffen. Und es soll auch klar werden, dass Zusammenarbeit zwischen Industrie und Ärzten bzw. medizinischen Institutionen notwendig ist. „Fortschritt braucht Austausch, Kompetenzen und Infrastruktur“, so Fischer. Diener betonte, dass der FSA ein Verein sei, der Verstöße gegen seine Kodizes auch wirklich sanktioniere. Er verwies zudem darauf, dass seit 2009 die FSA-Mitglieder ihre Zuwendungen an Patientenorganisationen veröffentlichen. Dennoch sei die Kritik an den Pharmaunternehmen nie ganz verstummt. Dies sei ein maßgeblicher Grund für die Schaffung des Transparenzkodex gewesen.
Doch die Industrie wird wohl weiter mit Kritik leben müssen. So hält Kathrin Vogler, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, den neuen Kodex für „Augenwischerei“. Er sei eher eine „große Imagekampagne“ denn wirksame Selbstkontrolle. „Die Pharmakonzerne treten wohl die Flucht nach vorne an, um ein Verbot oder zumindest eine wirksame gesetzliche Beschneidung ihrer Manipulationen zu vermeiden“, vermutet Vogler. Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, kritisiert, dass sich Ärzte bei den Transparenzlisten noch immer hinter dem Datenschutz verstecken dürften. „Deshalb ist der Gesetzgeber gefordert, diesen Namenlosen endlich ein Gesicht zu geben. Wer als Arzt oder Angehöriger eines Fachkreises von der Pharmaindustrie Geld erhalten will, muss gesetzlich verpflichtet werden, dies öffentlich zu machen“, so Brysch. |
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