Arzneimittel und Therapie

Doppelt gestraft bei Migräne

Kardiovaskuläres Risiko erhöht

Die möglichen Folgen einer Mi­gräne sind weitreichender als gedacht. So zeigte eine prospektive Kohortenstudie bei Migränepatientinnen ein um rund 50% erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen.

Es ist bekannt, dass Migräne – wahrscheinlich nur die Form mit begleitender Aura – mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergeht. Der zugrunde liegende pathophysiologische Mechanismus ist allerdings unklar, und mögliche krankheitsverursachende oder -fördernde Noxen wie endovaskuläre Dysfunktionen, das Vorliegen vaskulärer Risikofaktoren oder Entzündungen werden auch im Zusammenhang mit kardiovaskulären Erkrankungen gesehen. Das heißt, Migräne kann als Marker betrachtet werden, der auf ein erhöhtes Risiko für vaskuläre Erkrankungen hinweist. Wenn dem so ist, müsste eine Assoziation zwischen Migräne und kardiovaskulären Erkrankungen bestehen. Mit dieser Hypothese befasste sich eine prospektive Kohortenstudie, die auf die Daten der Nurses‘ Health Study zurückgreift.

Migräne als Risikofaktor

Grundlage der prospektiven Kohortenstudie waren die Daten von etwas mehr als 115.500 Frauen im Alter zwischen 25 und 42 Jahren, bei denen keine Herz-Kreislauf-Erkrankung vorlag. Der primäre Studienendpunkt war das Auftreten eines kardiovaskulären Ereignisses und setzte sich aus Myokardinfarkt, Schlaganfall oder Tod aufgrund einer kardiovaskulären Erkrankung zusammen. Rund 15% der Frauen litten unter Migräne. Nach etwas über 20 Jahren waren 1329 kardiovaskuläre Ereignisse eingetreten, davon 223 mit Todesfolge. Diese Ereignisse wurden unter Berücksichtigung möglicher Risikofaktoren (z. B. Alter, körperliche Aktivität, Blutwerte) mit dem Auftreten von Migräne in Verbindung gesetzt. Dabei erwies sich Migräne als eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen. So war das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 50% (Hazard Ratio [HR] 1,50), für einen Myokardinfarkt um 39%, für einen Schlaganfall um 62% und für Angina pectoris oder die Notwendigkeit einer koronaren Revaskularisation um 73% erhöht. Die kardiovaskuläre Mortalität lag bei den Migränepatientinnen um 37% höher als bei den Frauen ohne Migräne.

Einschränkungen und mög­liche Auswirkungen

Ein die Studienpublikation begleitendes Editorial weist darauf hin, dass nicht bekannt war, ob die Mi­gräne der Studienteilnehmerinnen von einer Aura begleitet war, das heißt, eine Auswertung nach dieser Subgruppe ist nicht erfolgt. Ferner ist nicht bekannt, ob auch bei Männern eine Assoziation zwischen Migräne und kardiovaskulären Erkrankungen besteht. Das in der Studie ermittelte absolute kardiovaskuläre Risiko ist für die einzelne Frau gering, auf die Gesamtbevölkerung bezogen könnte Migräne aber ein relevanter Auslöser für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein, so die Einschätzung im Editorial. |

Quelle

Kurth T, et al. Migraine and risk of cardiovascular disease in women: prospective cohort study. BMJ 2016;353:i2610

Burch R. Migraine and vascular disease. BMJ 2016;353:i2806

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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