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Billig ja, umsonst nein?
AOK will Anti-Baby-Pille von Mibe nicht geschenkt haben
Seit rund zehn Jahre gehören Rabattverträge zum Geschäft der AOK Baden-Württemberg. Bundesweit ist sie für die Ausschreibung von Rabattverträgen für die AOK-Gemeinschaft zuständig. Sie hat sich durch die juristisch schwierige Anfangszeit gekämpft, zahlreiche Prozesse ausgestanden, die verschiedene Hersteller gegen die Kasse angestrengt haben. Nicht zuletzt die Zähigkeit ihres Vorstandschefs Dr. Christopher Hermann hat sich am Ende für die AOKen ausgezahlt. Sie sparen Jahr für Jahr viel Geld durch die Verträge.
Eigentlich müsste sich Hermann über möglichst günstige Gebote bei seinen Ausschreibungen also freuen. Jetzt allerdings stellt sich der AOK-Chef quer. Er will dem Unternehmen Mibe keinen Zuschlag erteilen – und zwar weil dessen Angebot zu günstig ist. Die Dermapharm-Tochter hatte in einer Rabattvertrags-Ausschreibung für die Wirkstoffkombination Ethinylestradiol + Chlormadinon mitgeboten. Offenbar mit einen sehr niedrigen Preis – die AOK spricht von einem Gratis-Angebot. Die AOK Baden-Württemberg wollte Mibe daher von dem Verfahren ausschließen – mit dem Argument, das Angebot sei nicht auskömmlich.
Wettbewerbskonformes Ziel
Mibe wollte diesen Ausschluss nicht akzeptieren und wandte sich an die Vergabekammer des Bundes. Diese entschied nach einer mündlichen Verhandlung im vergangenen Dezember zugunsten des Unternehmens (Az.: VK 2 - 107/15). Zwar sei die AOK zu Recht davon ausgegangen, dass das Angebot nicht auskömmlich sei. Aber: Der Hersteller habe damit wettbewerbskonforme Ziele verfolgt. Bislang habe Mibe bei den fraglichen Wirkstoffen einen Marktanteil von drei Prozent – dass es damit in der Lage sei, andere Wettbewerber vom Markt zu verdrängen, hält die Vergabekammer für nicht möglich. „Das Bestreben eines Unternehmens, auf einem bislang nicht zugänglichen Markt mit einem Angebot Fuß zu fassen, ist von der Rechtspechung als wettbewerbskonformes Ziel anerkannt“, konstatiert die Vergabekammer.
AOK-Beschwerde erfolglos
Die AOK Baden-Württemberg legte gegen die Entscheidung Beschwerde beim Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ein. Diese wurde am 9. Juni ebenfalls zurückgewiesen. Die dortige Vergabekammer hat die Gründe noch nicht veröffentlicht. Klar ist aber schon: Für die Kasse ist die Entscheidung nicht nachvollziehbar. „Mit dieser Entscheidung legitimiert das OLG Preisdumping und hat natürlich auch die Verantwortung für die Folgen am Markt zu tragen“, erklärt Hermann.
Strategie könnte Schule machen
In der Pressemitteilung der Kasse heißt es weiter: „Mit dem OLG im Rücken könnte ein Pharmaunternehmen nun sein dreistes Geschäftsmodell verwirklichen und damit Marktverdrängung betreiben, die aller fairen wettbewerblichen Logik entbehrt.“ Das Unternehmen könne jetzt seine Gratis-Offerte über einen Rabattvertrag mit allen AOKen „in den deutschen Markt drücken“. Denn die Kasse bezahlt die Pille ohnehin nur jungen Frauen – ab dem 20. Lebensjahr müssen sie für ihre Empfängnisverhütung selbst bezahlen. Sind sie aber einmal mit einem Präparat vertraut, so die AOK, werden sie bei ihm bleiben. Hermann kann das Gericht daher nicht verstehen: „Hier hat wohl niemand ausreichend realisiert, dass das Unternehmen mit dieser Null-Strategie vor hat, Wettbewerber in diesem Segment auszuschalten. Später kann es dann kassieren.“ Genau solche Auswüchse sollte das Vergaberecht verhindern, meint man bei der AOK.
Laut Hermann liegt der Kasse „bereits ein weiteres Angebot über eine Schenkung von Arzneimitteln vor“. Er kündigte an: „Wie wir uns dagegen noch rechtlich wehren können, müssen wir jetzt genauestens prüfen.“ |
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