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Aus den Ländern
Die Zukunft ist weiß-blau
50. Bayerischer Apothekertag
Bei der berufspolitischen Eröffnung des Apothekertags wies Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer, darauf hin, dass der ab Oktober kommende Medikationsplan, ausgestellt von den Ärzten, zunächst nur eine einfache Medikationsliste sei – erst wenn der Apotheker beteiligt werde, der eine pharmazeutische Prüfung der Gesamtmedikation auf Risiken durchführe, werde daraus ein echter Medikationsplan.
Huml: Unverzichtbar!
Die Grußbotschaft, die Melanie Huml, Bayerische Gesundheitsministerin und selbst Ärztin, zum Apothekertag in Straubing mitbrachte, war eindeutig: „Die Bayerische Staatsregierung ist ein verlässlicher Partner der Apothekerinnen und Apotheker im Land.“ So habe sich Bayern z. B. dafür eingesetzt, dass das Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker in der Bundes-Apothekerordnung umfassend definiert werde.
Ein wichtiges Anliegen sei für sie der bundeseinheitliche Medikationsplan, der den Einstieg ins Medikationsmanagement bereite. Bayern befürwortete gerne einen gemeinsamen Medikationsplan von Arzt und Apotheker – ein Vorstoß dazu im Bundesrat habe jedoch keine Mehrheit gefunden. Dennoch wolle man weiterhin die Kompetenzen von Arzt und Apotheker besser nutzen und die Heilberufe weiter vernetzen. Huml freut sich, dass bereits Gespräche zwischen Kammer, Verband, Bayerischer Telemed-Allianz und Kassenärztlicher Vereinigung laufen zu einem „Modellprojekt zur Arzneimitteltherapie und Arzneimitteltherapiesicherheit“ – „daraus könnte ein Förderantrag beim Innovationsfonds entstehen“.
Bayerns Gesundheitsministerin weiß, dass ein echtes Medikationsmanagement Arbeit macht. Deshalb will sie den Apotheken ein ausreichendes und angemessenes Honorar zukommen lassen. Die Apothekerforderungen nach einer regelmäßigen Überprüfung des Festzuschlags und einer Honorierung von Rezepturen macht sie sich zu eigen. Und: „Sie können sich darauf verlassen, dass sich Bayern auch weiterhin dafür einsetzen wird, dass Apotheken in der Fläche erhalten bleiben.“
Für Huml ist es zudem wichtig, dass der persönliche Kontakt von Patienten zu Ärzten und Apothekern erhalten bleibt. Deshalb habe sich Bayern im Gesetzentwurf zur Änderung arzneimittelrechtlicher Vorschriften dafür eingesetzt, dass eine ärztliche Verschreibung grundsätzlich erst nach persönlichem Arzt-Patienten-Kontakt ausgestellt und beliefert werden dürfe. Für Huml ist die individuelle Beratung von Mensch zu Mensch eine Kernaufgabe und Alleinstellungsmerkmal der Apotheke: „Ein Callcenter einer Internetapotheke kann das nicht leisten.“ Auch die völlige Entmenschlichung durch digital gesteuerte Abgabeautomaten werde man nicht zulassen. Huml: „Beratung und Medikationsmanagement müssen daher weiterhin unauflösbar mit der Abgabe von Arzneimitteln verknüpft bleiben und gehören damit uneingeschränkt in die Hände des Apothekers oder der Apothekerin!“
Hubmann: „Nur mit uns!“
Für den Vorsitzenden des Bayerischen Apothekerverbands, Dr. Hans-Peter Hubmann, ist es klar: „Damit die Apotheke ihre heilberuflichen Aufgaben auch in Zukunft erfüllen kann, braucht sie ein solides wirtschaftliches Fundament und die Teilnahme am wirtschaftlichen Fortschritt. Überlegungen, das Apothekerhonorar zu deckeln, wie es in einem Positionspaper zum Pharmadialog auftauchte, ist für uns nicht hinnehmbar“, so der Verbandschef. Und dass das Bundeswirtschaftsministerium erst ein Forschungsvorhaben ausschreibt, um Anpassungsmodalitäten für das Apothekerhonorar zu ermitteln, ist für ihn „eine völlig unnötige Verzögerung“. Bei der Forderung zur Erhöhung der Rezepturpreise und der Dokumentationsgebühr gebe es dagegen eine erfreuliche Entwicklung, „klare Signale seitens der Politik, dies in diesem Jahr auch zu tun“.
Abgestellt werden müssten die Lieferengpässe, außerdem das Verhalten einiger Hersteller, Produkte nicht mehr über den Großhandel auszuliefern. Eine schnelle Versorgung der Patienten sei so nicht mehr möglich. Auch die Importförderquote sollte keine Zukunft haben, sie verursache Bürokratie, sei ein Einfallstor für Fälschungen und bringe kaum Einsparungen.
Wenig Sinn sieht Hubmann in der Medikationsliste, Abhilfe wird erst ein konsolidierter Medikationsplan und die gemeinsame Betreuung des Patienten mit einem Medikationsmanagement schaffen. Ziel ist es daher, den Apotheker beim elektronischen Medikationsplan einzubinden – allerdings nur mit einer zusätzlichen Honorierung: „Gute Leistung zum Billig- oder Nulltarif kann es nicht geben!“ Hubmann ist sich sicher: „Eine gute Arzneimittelversorgung gibt es nur mit uns – den Apothekerinnen und Apothekern in Bayern und Deutschland!“
Flächendeckend und therapiebegleitend
In einer berufspolitischen Podiumsdiskussion versuchten sich die Teilnehmer der Frage zu nähern, wo die Apotheke in Zukunft ihren Platz hat. Melanie Huml, Prof. Dr. Ulrike Holzgrabe (Lehrstuhl Pharmazeutische Chemie, Würzburg), Dr. Dieter Geis (Bayerischer Hausärzteverband), Gerhard Potuschek (Barmer GEK), Thomas Benkert und Dr. Hans Peter Hubmann waren sich darin einig, dass die Apotheke vor Ort und in der Fläche notwendig sei, der Apotheker als Partner des Arztes und Ansprechpartner für die Menschen vor Ort.
Geis stellte allerdings heraus, dass die Medikationsverordnung eine ärztliche Leistung sei, die auch nur der Arzt könne. Und deshalb: „Den Medikationsplan sehe ich primär in ärztlicher Hand.“
Holzgrabe stellte heraus, dass sich in den letzten Jahren in der Ausbildung der Pharmazeuten viel getan habe, die Fächer bewegten sich in Richtung Klinische Pharmazie und werden sich auch in Zukunft weiterentwickeln. Die gute Ausbildung mache die jungen Pharmazeuten selbstbewusst und engagiert für die heilberufliche Zusammenarbeit, ist Hubmann überzeugt.
Den kommenden Veränderungen durch E-Card und E-Rezept dürfe man sich nach Ansicht von Huml nicht verschließen, aber „trotz aller Digitalisierung brauchen wir das Persönliche“.
Benkert und Hubmann gehen davon aus, dass sich mit dem Medikationsmanagement Einsparpotenziale zeigen werden.
Skeptisch betrachtet Hausarzt Geis die Einbindung des Apothekers in die Prävention. Der Apotheker könne zwar einige Messdaten erheben, er sollte aber nicht nur Geld für die Messungen einstecken und die Leistungen als Marketing-Gag machen. Benkert wies dies energisch zurück und stellte heraus, dass durch Apothekerscreenings Krankheiten bei Patienten entdeckt werden, „die wir dann zum Arzt schicken“. Lobend fügte die bayerische Gesundheitsministerin hinzu, dass es in Bayern sogar ein Institut für Prävention gebe, von den Apothekern ins Leben gerufen.
Fortbildung und mehr
Das Thema Diabetes stand im Fortbildungsprogramm des Apothekertags an erster Stelle: Neue Antidiabetika (Dr. Eric Martin), die Betreuung von Diabetes-Patienten (Prof. Rüdiger Landgraf und Dr. Franz Bossle), die Diabetes-Prävention (Dr. Karin Schmiedel) und die Wundversorgung beim Diabetiker (Robert Zimmer).
Eine „Lesmüller-Vorlesung“ befasste sich mit der frühen Nutzenbewertung nach AMNOG (Prof. Harmut Morck). Wirtschaftliche Belange der Apotheker kamen in einem Vortrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der Apotheke (Dr. Frank Diener) und in mehreren Seminaren zur Sprache. Darüber hinaus standen Workshops zur Medikationsanalyse und Spezialthemen auf dem Programm, außerdem Themen für die Studierenden und Pharmazeuten im Praktikum, die auch in diesem Jahr auf Einladung von Kammer und Verband am Apothekertag teilnehmen konnten.
Eine Fachmesse mit rund 30 Ausstellern und ein attraktives Rahmenprogramm rundeten den 50. Bayerischen Apothekertag ab. Gesellschaftlicher Höhepunkt war der festliche Gala-Abend mit Tanz: eine Fahrt auf der Donau mit der „MS Stadt Linz“. |
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