Kongresse

Brücken bauen für Patienten

Beim ADKA-Jahreskongress stand das Schnittstellenmanagement im Mittelpunkt

AACHEN (du) | Krankenhausapotheker wollen Brücken bauen, um die Arzneimitteltherapie und -versorgung der Patienten zu verbessern. Dabei gibt es viele Baustellen, die bei der Jahrestagung des Bundesverbandes Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) vom 2. bis 4. Juni in Aachen in Vorträgen, Seminaren, Workshops und Postern vorgestellt und diskutiert wurden.

Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz und die damit verbundenen Aktivitäten in der derzeitigen Legislaturperiode waren maßgebend für die Themenwahl des 41. wissenschaftlichen Kongresses der ADKA mit dem Motto „Schnittstellenmanagement in der Arzneimitteltherapie – der Krankenhausapotheker als Brückenbauer“. Der scheidende ADKA-Präsident Markus Müller, Berlin, betonte in seiner Eröffnungsrede, dass Krankenhausapotheker schon seit vielen Jahren kleine Stege oder auch größere Brücken bauen, über die Patienten Zugang zu einer guten Arzneimittelversorgung in den Kliniken erhalten. Aus vielen kleinen Stegen seien im Laufe der Zeit große Brücken geworden. Als Beispiel nannte Müller die Entwicklung einer rationalen Antibiotikatherapie im Rahmen des Antibiotic-Stewardship-Projektes, für die Krankenhausapotheker mit Klinikärzten, Mikrobiologen und Hygienikern gemeinsam Sorge tragen.

Fotos: ADKA/Peter Pulkowski

Mehr Arzneimitteltherapiesicherheit für Patienten Altpräsident Markus Müller liegt der Brückenbau zwischen stationärer und ambulanter Versorgung am Herzen, Dr. Steffen Amann plädiert für „Keep calm“ und den Erfolg der kleinen Schritte und Dr. Amin-Farid Aly setzt auf den bundeseinheitlichen Medikationsplan (v. l.).

Brückenschlag zwischen stationär und ambulant

Ein nächster Brückenschlag müsse, so Müller, zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung erfolgen. Bei diesem Brückenbau stehe der Krankenhausapotheker gerne als Bauherr zur Verfügung. Gerade die Arzneimitteltherapie bei der Entlassung der Patienten und die Sicherung der lückenlosen Versorgung liegen den Krankenhausapothekern am Herzen. Vor dem Hintergrund der Diskussionen um die gesetzlichen Vorgaben rund um das Entlassmanagement warnte Müller: „Die Brücke in den ambulanten Bereich darf nicht zur Hängebrücke für den Patienten werden!“ Er forderte, den Krankenhausapothekern die Möglichkeit zu geben, Patienten mit komplexer Arzneimitteltherapie mit Medikationsplan und den benötigten Arzneimitteln aus der Klinik entlassen zu dürfen. Allerdings müsse diese Entlassmedikation auch abrechenbar sein.

Problem „goldene“ Pillen

Besonders problematisch wird das Entlassmanagement, wenn Patienten auf hochpreisige Medikamente angewiesen sind. Ein Thema, das in einem Seminar mit dem Titel „Wie umgehen mit den „goldenen“ Pillen?“ vertieft wurde. Spitzenreiter der „goldenen“ Pillen sind mit gelisteten Tabletteneinzelpreisen bis zu 800 Euro die Hepatitis-C-Medikamente Sovaldi® (Sofosbuvir) und Harvoni® (Sofosbuvir plus Ledipasvir). Auch wenn in Kliniken oft günstigere Arzneimittelpreise erzielt werden können, besteht bei diesen Hochpreisern auch für Krankenhausapotheker wenig Verhandlungsspielraum. Bei einem durchschnittlichen Krankenhausaufenthalt von sieben Tagen stellt sich die Frage, wie mit Anbrüchen umgegangen werden soll, die immer dann entstehen, wenn keine entsprechend kleinen Packungsgrößen im Markt sind. So enthalten die kleinsten Packungen von Sovaldi® und Harvoni® jeweils 28 Tabletten. Folgerichtig wünschen sich viele Krankenhausapotheker eine auf den durchschnittlichen Behandlungszeitraum im Krankenhaus abgestimmte Packungsgröße mit sieben Tabletten. Auch der Wunsch nach Einzelverpackung der Tabletten zum gezielten Auseinzeln wurde geäußert. Allerdings hegte man Zweifel daran, dass Pharmazeutische Unternehmer diesen Wünschen nachkommen werden.

ADKA-Präsidium mit neuen Köpfen

Der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA) hat ein neues Präsidium. Neuer ADKA-Präsident ist der vorherige 1. Vizepräsident Rudolf Bernard, München. Prof. Dr. Frank Dörje, Erlangen, hat das Amt des 1. Vizepräsidenten übernommen. Altpräsident Markus Müller, Berlin, wechselte turnusgemäß in das Amt des 2. Vizepräsidenten. Schriftführer bleibt Dr. Jochen Schnurrer, ­Essen. Neu gewählte Schatzmeisterin ist Monika Alter, München. Dr. Torsten ­Hoppe-Tichy schied aus dem Präsidium aus und wurde als Ehrenmitglied in die ADKA aufgenommen.­

Foto: ADKA/Peter Pulkowski

Präsidentenwechsel. Rudolf Bernard (rechts) löst Markus Müller (links) ab.

Anspruch und Wirklichkeit

In weiteren Keynote lectures, Kurzvorträgen, Seminaren und Posterpräsentationen wurde das Schnittstellenmanagement vertieft.

Dr. Steffen Amann, München, beleuchtete in seiner Keynote lecture Anspruch und Wirklichkeit der Arzneimitteltherapie aus der Perspektive der Krankenhausapotheke.

Den Anspruch hatte die ADKA unter anderem in ihrem Zielepapier „Krankenhausapotheker schaffen den bestmöglichen Nutzen der Arzneimitteltherapie für Patienten“ im Jahr 2014 festgeschrieben. So ist in These 3 das Ziel definiert, dass der Krankenhausapotheker für jeden einzelnen Patienten bei stationärer Aufnahme und Entlassung die Kontinuität einer adäquaten Arzneimitteltherapie sicherstellen muss und dass dazu Ärzte, Pflegepersonal und Patienten insbesondere zu kritischen Arzneimitteln beraten werden müssen.

Die Wirklichkeit sieht jedoch so aus, dass man lediglich in kleinen Projekten der Umsetzung ein Stück näher gekommen ist. Es fehlen die Mittel und das Personal, um den in der These 3 definierten Anspruch in allen Kliniken umsetzen zu können. Gleiches gilt für die Zielvorgabe der These 8: Danach ist der Krankenhausapotheker obligates Mitglied des therapeutischen Teams. Er sorgt für eine qualitätsorientierte Arzneimittelauswahl und überprüft patientenindividuell die Arzneimittelverordnungen. Dazu müsse die Zahl der vom Krankenhaus anzustellenden Krankenhausapotheker in einer adäquaten Relation zur Bettenzahl (z. B. 1 Apotheker/100 Betten), Patientenzahl, Fallzahl, Fallschwere und/oder Art und Umfang der pharmazeutischen Dienstleistung festgeschrieben werden, so die bislang unerfüllte Forderung.

Medikationsplan baut Brücken

Auch die Krankenhausapotheker hoffen, dass mit der Einführung des bundeseinheitlichen Medikationsplans manche Schnittstellenprobleme besser gelöst werden können. Ab Oktober 2016 haben Patienten mit einer Verordnung von drei oder mehr Arzneimitteln Anspruch auf die Ausstellung eines solchen Plans in Papierform. Dr. Amin-Farid Aly, Berlin, maßgeblich beteiligt an der Entwicklung des Plans, gab einen Einblick in Anforderungen und Hürden. Die Kritik, dass der Plan erst einmal nur in Papierform vorliegt, wollte Aly nicht ganz gelten lassen. Immerhin kann der Ausdruck über einen Barcode ausgelesen werden. Auch wenn die bisherige Regelung den Apothekern nur die Möglichkeit gibt, Ergänzungen vorzunehmen und viele Fragen ungeklärt sind, ist Aly überzeugt, dass hiermit ein wichtiger Schritt getan ist und der Medikationsplan viele Brücken bauen kann. |

Ein ausführlicher Kongressbericht folgt in Ausgabe 7/2016 der Krankenhauspharmazie.

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