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Kongresse
Heimat auch für Palliativ- und Substitutionsversorger
Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA) erweitert sein Aufgabengebiet
Wie die Klinik- und Heimversorgung mit Arzneimitteln sind auch die neuen Aufgabenfelder des BVKA besondere Versorgungsformen durch die Apotheke vor Ort. Allerdings gibt es für sie bislang keine gesetzlichen Sonderregelungen. Darauf wiesen der Vorsitzende des BVKA, Dr. Klaus Peterseim, sowie Prof. Dr. Hilko Meyer, Frankfurt University of Applied Sciences, auf dem BVKA-Symposium in Mainz hin. So haben zwar schwerstkranke Menschen seit 2007 gemäß § 37b SGB V einen Anspruch auf eine spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Auch haben die Bundesapothekerkammer (BAK) und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin 2008 ein Curriculum für eine Zertifikatsfortbildung („Palliativmedizin: Der Apotheker als Teil des Palliative Care Teams“) auf den Weg gebracht. Aber eine gesetzliche oder vertragliche Grundlage für die Einbindung der Apotheken in die ambulante Palliativversorgung fehlt. Gleiches gilt für die Substitutionsversorgung. Regelungsbedarf besteht vor allem in Sachen strukturierte Zusammenarbeit von Arzt und Apotheker. Hier will sich der BVKA in Zukunft ebenso engagieren wie in der Klinik- und Heimversorgung.
Aber auch in der Klinik- und Heimversorgung gibt es viele Baustellen.
Baustelle Lieferengpässe
So das Problem Lieferengpässe. Heute schon sind pharmazeutische Unternehmer und Großhändler verpflichtet, die von ihnen vertriebenen Arzneimittel kontinuierlich und bedarfsgerecht bereitzustellen; pharmazeutische Unternehmer müssen den vollversorgenden Arzneimittelgroßhandel bedarfsgerecht und kontinuierlich beliefern. Der BVKA fordert, dass die Verpflichtung auch auf die Belieferung der Krankenhaus- und krankenhausversorgenden Apotheken ausgeweitet wird.
Baustelle Entlassmanagement
Das Entlassmanagement für Krankenhauspatienten ist ein weiteres Thema, das den BVKA beschäftigt. Seit dem 16. März 2016 gelten die Bestimmungen des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes, allerdings wird noch um den Rahmenvertrag gerungen, sodass nicht so schnell damit zu rechnen ist, dass Entlassrezepte in den Apotheken vorgelegt werden. Apothekerin Dr. Petra Nies von der Geschäftsstelle Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erläuterte bei der BVKA-Tagung den Stand des Verfahrens und gab einen aufschlussreichen Einblick in Grenzen und Möglichkeiten eines beim G-BA beschäftigten Apothekers.
So hat der G-BA die durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz 2015 betroffenen Richtlinien wie die Arzneimittelrichtlinie angepasst. Dabei musste er sich streng an die Vorgaben des Gesetzgebers halten und hatte wenig Spielraum, Unklarheiten zu beseitigen. Zum Beispiel hatte der Gesetzgeber vorgegeben, dass nur die kleinste Packungsgröße verordnet werden darf. In der Arzneimittelrichtlinie ist nun in § 9 Absatz 3 geregelt, dass eine Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen gemäß Packungsgrößenverordnung abzugeben ist. Gibt es eine solche nicht, darf die verordnete Packungsgröße die Größe einer Packung mit dem kleinsten Packungsgrößenkennzeichen nicht überschreiten. Dabei konnte der G-BA nicht klären, ob N2 abgegeben werden darf, wenn die kleinste Packungsgrößenkennzahl N2 ist. Auch die auf drei Tage begrenzte Gültigkeitsdauer des Entlassrezepts warf Fragen zum Fristbeginn auf, die von der G-BA-Vertreterin anders als von dem Juristen Professor Dr. Hilko Meyer, Frankfurt, beantwortet wurde. Meyer verwies auf § 187 BGB. Danach wird der Tag des Entlassrezept-Ausstellungsdatums für die Frist nicht mitgerechnet. Nies vertrat die Ansicht, dass schon der Ausstellungstag Tag 1 der Frist ist. Unabhängig von den ungeklärten Fragen im Umgang mit dem geplanten Entlassrezept kritisierte der BVKA-Vorsitzende Peterseim die hohen formalen Hürden, die die vom G-BA beschlossene Arzneimittelrichtlinie setze. Denn bevor ein Entlassrezept ausgestellt wird, muss geprüft werden, ob ein solches wirklich erforderlich ist. Wird der Patient zum Wochenende oder vor einem darauf folgenden Feiertag entlassen, kann das Krankenhaus Arzneimittel mitgeben. Dabei ist die Mitgabe von Arzneimitteln vorrangig, wenn damit die Behandlung abgeschlossen werden kann.
Apotheker sind in die Erstellung des Rahmenvertrags nicht eingebunden. Ausgehandelt wird der Vertrag zwischen dem GKV-Spitzenverband, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKV). Diese können sich nicht einigen und werden wohl die Schiedsstelle anrufen. Streit gibt es dem Vernehmen nach unter anderem um die von der KBV geforderte Einhaltung der Rabattverträge. Die DKV lehnt dies ab, da der Einblick in die bestehenden Verträge fehle. Auch fordern die Kassenärzte, dass sich alle verordnenden Klinikärzte im IT-Bereich unter den Normen der Kassenärztlichen Vereinigungen zertifizieren. Außerdem sollten alle Klinikärzte (wie jetzt schon die KV-Ärzte) eine lebenslange Arztnummer für die Verordnungen erhalten (siehe auch DAZ.online, 27. April 2016: "Das Entlassrezept geht vor die Schiedsstelle").
Apotheker auf Station: begrüßenswert aber ...
Schon lange wird gefordert, die Zahl der Krankenhausapotheker pro Krankenhausbett zu erhöhen. Jetzt ist der niedersächsische Landtag durch den Fall eines Krankenpflegers aufgerüttelt worden. Der Pfleger soll 90 Patienten eine Überdosis des Antiarrhythmikums Ajmalin verabreicht haben, in vielen Fällen mit tödlichem Ausgang. Deshalb fordert der niedersächsische Landtag einen Apotheker auf jeder Krankenhausstation, was der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) umgehend begrüßt hat. Auch der BVKA findet diesen Ansatz theoretisch sehr reizvoll, hält ihn jedoch praktisch nicht für umsetzbar. Zum einen sei die Finanzierung unklar, und zum anderen fehle das Personal. Schon jetzt klagen viele Apotheken über Personalmangel. Peterseim sieht als Ursache dafür nicht das zu geringe Interesse an dem Apothekerberuf, sondern die fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten: „Es gibt einfach zu wenig Studienplätze!“ Unabhängig von der Klinikversorgung fordert Peterseim eine Verbesserung der Ausbildung und ein praktisches Examen, „nicht mit dem Reagenzglas vor der Nase, sondern mit dem Patienten!“ Dazu müsse die Approbationsordnung geändert werden, und das in die Wege zu leiten, sei Aufgabe der Kammern auf Landesebene. Jeder einzelne Kammerpräsident sei hier gefordert. |
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