Adexa-Info

Bessere Arbeitsbedingungen, mehr Patientensicherheit

Lehren aus dem Boots-Skandal

Die britische Apothekenkette Boots UK Limited ist in die Schusslinie geraten. Es geht nicht nur um die Frage, ob tatsächlich überflüssige Medikationsanalysen bei Leistungsträgern abgerechnet wurden. Angestellte klagen über eine derart hohe Arbeitsbelastung, dass sie ihre Gesundheit und die Sicherheit von Patienten in Gefahr sehen.

Britischen Medienberichten zufolge haben Manager von Boots versucht, möglichst viele Medicine Use Reviews (MUR), sprich Medikationsanalysen, beim National Health Service (NHS) abzurechnen. Ein ausführlicher Artikel ist bei DAZ.online zu finden. Jenseits des mutmaßlichen Betrugs zeigt sich einmal mehr, wie sehr Angestellte unter Druck gesetzt werden, um Gewinne zu maximieren.

Patienten in Gefahr

„The Guardian“ erhielt in diesem Zusammenhang mehrere E-Mails von Boots-Angestellten. „Letztes Jahr forderte mich meine Managerin auf, allein in einer sehr belebten Filiale zu arbeiten“, schreibt ein Kollege. Als er die Vorgesetzte auf Gefahren für die eigene Gesundheit und auf Risiken für Patienten hinwies, antwortete sie lapidar, dies seien Vorwände, um den Job nicht zu machen. Ein weiterer Angestellter ergänzt: „Ich mache mir oft Sorgen, etwas übersehen zu haben oder Fehler bei der Arzneimittelabgabe gemacht zu haben.“ Die quälenden Gedanken hinderten ihn gelegentlich daran, abends einzuschlafen. Andere Nachrichten spiegeln die Arbeitsbelastung wider. Wenig Personal, viele Kunden, unterschiedliche Tätigkeiten – „In einer Boots-Filiale ist es äußerst schwierig, Patienten umfassend zu beraten. (...) Dafür ist einfach keine Zeit vorgesehen.“

Foto: AP Photo/Sergio Dionisio

Personalschlüssel für öffentliche Apotheken

„Der Skandal in Großbritannien zeigt, dass rein ökonomische Interessen Angestellte und Patienten gleichermaßen gefährden“, konstatiert ADEXAs Erste Vorsitzende Barbara Stücken-Neusetzer. Die Apothekengewerkschaft hatte mehrfach gefordert, in Deutschland verbindliche Personalzahlen per Apothekenbetriebsordnung festzulegen. Entsprechende Vorgaben könnten sich beispielsweise an der täglichen Zahl von Kundenkontakten, an den Öffnungszeiten oder am Einzugsgebiet orientieren. Stücken-Neusetzer: „Daraus ist leider nur eine recht unverbindliche Formulierung geworden.“ Im Paragrafen 3 ApBetrO („Apothekenpersonal“) schreibt der Gesetzgeber lapidar: „Zur Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Betriebs der Apotheke muss das notwendige Personal, insbesondere auch das pharmazeutische Personal, in ausreichender Zahl vorhanden sein.“

„Hoffen wir mal, dass alle Inhaber so verantwortungsvoll handeln und ihre Personalplanung entsprechend anpassen. In den nächsten Jahren werden auf öffentliche Apotheken weitere Tätigkeiten zukommen. Mit dem Medikationsplan ist nur ein erster Schritt getan“, ergänzt die ADEXA-Vorsitzende. „Aufwendige Leistungen lassen sich nicht schnell zwischen zwei Beratungsgesprächen ausführen.“ |

Quelle

Chakrabortty A. Yours, a stressed pharmacist: Boots article prompts flood of letters. www.theguardian.com, 17. April 2016

Michael van den Heuvel

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.