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Austauschverbot für acht neue Wirkstoffe

G-BA beschließt zweite Tranche der Substitutionsausschlussliste

BERLIN (ks/du) | Phenprocoumon wie zum Beispiel Marcumar® sowie verschiedene Opioidanalgetika und Antikonvulsiva dürfen in der Apotheke bald nicht mehr durch ein wirkstoffgleiches Produkt ersetzt werden. Sie finden sich in der zweiten Tranche der Substitutionsausschlussliste, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) vergangene Woche beschlossen hat.

Es hat lange gedauert, bis der G-BA seinen Beschluss zur zweiten Tranche der von der Substitution ausgeschlossenen Wirkstoffe getroffen hat. Offenbar hat es einigen Diskussionsbedarf gegeben. Das Stellungnahmeverfahren war bereits im April 2015 angelaufen. Ein Jahr später hat sich am ersten Entwurf für die zweite Tranche durchaus etwas geändert – zum einen bei den Wirkstoffen, zum anderen hinsichtlich des Inkrafttretens der Richtlinien-Ergänzung. Nun steht fest, dass acht neue Wirkstoffe in die Anlage VII Teil B der Arzneimittel-Richtlinie des G-BA aufgenommen werden. Selbst bei pharmazeutischen Bedenken darf die Apotheke sie nicht eigenmächtig substituieren.

Dabei handelt es sich zum einen um den zur Blutgerinnungshemmung eingesetzten Wirkstoff Phenprocoumon (Tabletten). Zudem um die zur Schmerzbehandlung eingesetzten Opioide Buprenorphin (Pflaster), Oxycodon (Retardtabletten), Hydromorphon (Retardtabletten), soweit sie eine unterschiedliche Applikationshöchstdauer bzw. -häufigkeit aufweisen. Nicht zuletzt dürfen auch die zur Behandlung der Epilepsie eingesetzten Wirkstoffe Phenobarbital (Tabletten), Primidon (Tabletten), Carbamazepin (Retardtabletten) und Valproinsäure (Retardtabletten) künftig nicht mehr ausgetauscht werden.

Tab. 1: Die Wirkstoffe der 2. Tranche der Substitutionsausschlussliste
Wirkstoff
Darreichungsformen
Buprenorphin
Transdermale Pflaster mit unterschiedlicher Applikationshöchstdauer (z. B. alle 3 bzw. 4 Tage) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden.
Carbamazepin
Retardtabletten
Hydromorphon
Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit (z. B. alle 12 bzw. 24 Std.) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden.
Oxycodon
Retardtabletten mit unterschiedlicher täglicher Applikationshäufigkeit (z. B. alle 12 bzw. 24 Std.) dürfen nicht gegeneinander ersetzt werden.
Phenobarbital
Tabletten
Phenprocoumon
Tabletten
Primidon
Tabletten
Valproinsäure (auch als Natriumvalproat und Valproinsäure in Kombination mit Natriumvalproat)
Retardtabletten

Dissens ausgeräumt

Zu den Wirkstoffen Carbamazepin, Primidon und Valproinsäure bestanden bei Einleitung des Stellungnahmeverfahrens dissente Positionen. Diese fanden jedoch letztlich zueinander und die Wirkstoffe wurden in die ­Anlage aufgenommen.

Die tragenden Gründe

In den tragenden Gründen des Beschlusses zeigt der G-BA auf, was ihn jeweils zur Aufnahme in die Liste bewegt hat – und was nicht. So soll die Aufnahme der Opioide mit unterschiedlicher Applikationshäufigkeit bzw. Applikationsdauer lediglich der Klarstellung dienen. Die Nichtaustauschbarkeit wird als logische Folge einer sachgerechten Auslegung der Anforderungen an den Austausch von Betäubungsmitteln, insbesondere unter Berücksichtigung der betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften gesehen.

Tab. 2: Die Wirkstoffe, die bereits auf der Substitutionsausschlussliste stehen
Wirkstoff
Darreichungsformen
Betaacetyl­digoxin
Tabletten
Ciclosporin
Lösung zum Einnehmen
Ciclosporin
Weichkapseln
Digitoxin
Tabletten
Digoxin
Tabletten
Levothyroxin-Natrium
Tabletten
Levothyroxin-Natrium + Kaliumiodid (fixe Kombination)
Tabletten
Phenytoin
Tabletten
Tacrolimus
Hartkapseln

Kein generelles Opioid-Substitutionsverbot

Schon seit Langem fordert unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie, alle starken Opioide mit einem Substitutionsverbot zu belegen. Dieser Forderung erteilte der G-BA eine Absage. Er konnte für Morphin, Fentanyl, Tilidin und Tramadol in den Fachinformationen keine Anhaltspunkte dafür finden, nach denen geringfügige Änderungen der Dosierung oder der Konzentration zu klinisch relevanten Veränderungen von Wirkungen oder zu schweren Nebenwirkungen führen. An dieser Stelle betont der G-BA in seinen „Tragenden Gründen“ zu dem Beschluss erneut, dass Patienten-individuell begründete Beeinträchtigungen nicht die Aufnahme in die Substitutionsausschlussliste rechtfertigen.

Fentanylpflaster: kein generelles Risiko

Bei Fentanylpflastern findet sich zwar in den Fachinformationen der Hinweis, dass beim Wechsel von verschiedenen Fentanyl-haltigen Systemen zur Sicherstellung der kontinuierlichen Schmerzhemmung eine zusätzliche Überwachung und ärztliche Aufklärung der Patienten angeraten ist bzw. die Austauschbarkeit entsprechender Pflastersysteme bei in­dividuellen Patienten nicht gewährleistet ist. Doch ein generelles Risiko, das eine Aufnahme in die Substitutionsausschlussliste rechtfertigen würde, konnte der G-BA nicht erkennen. Im Gegenteil: Er kommt zu dem Schluss, dass die Schmerztherapie sehr individuell geprägt ist. Dem müssen Ärzte und Apotheker mit den Instrumenten Aut-idem-Kreuz und Pharmazeutische Bedenken Rechnung tragen.

Weitere Wirkstoffe geprüft – und abgelehnt

Geprüft wurde im Stellungnahme­verfahren unter anderem auch die Aufnahme von Inhalativa zur Behandlung von Asthma bronchiale/COPD und äußerlich anzuwendender Dermatika zur Behandlung der Psoriasis. Für sie sah der G-BA die Kriterien für die Notwendigkeit eines generellen Aut-idem-Verbots letztlich als nicht erfüllt an. Zwar könnten nach individueller Prüfung verschiedene Faktoren auch unabhängig vom Wirkstoff einen Austausch gegen ein wirkstoffgleiches Arzneimittel in diesen Gruppen kritisch erscheinen lassen, räumt der G-BA ein. Dabei handele es sich jedoch um nicht abstrakt generell zu beschreibende Aspekte, wie sie erforderlich wären, um auf die Substitutionsausschlussliste zu kommen. In diesen Fällen reicht aus Sicht des G-BA der Austauschausschluss im Einzelfall – sprich: durch Setzen des Aut-idem-Kreuzes durch den Arzt und die Geltendmachung pharmazeutischer Bedenken durch die Apotheke.

Eine Absage gab es auch an Adrenalin-Autoinjektoren, mTOR-Inhibitoren, die Kombination Levodopa plus Carbidopa plus Entacapon und Ropinirol. Weiter beraten wird der G-BA über Theophyllin.

Inkrafttreten noch ungewiss

Bis zum Inkrafttreten der zweiten Tranche wird es noch etwas dauern. Der Beschluss des G-BA wird zunächst dem Bundesministerium für Gesundheit zur Prüfung vorgelegt. Dies soll in der laufenden Woche geschehen. Dann beginnt eine Frist von zwei Monaten zu laufen. Hat das Ministerium Nachfragen, kann sich die Frist verlängern. Es kann allerdings auch schon früher sein Einverständnis signalisieren. Geschieht dies oder läuft die Zwei-Monats-Frist beanstandungslos ab, kann die Veröffentlichung im Bundesanzeiger erfolgen. Am ersten oder fünfzehnten Tag des auf die Veröffentlichung folgenden Kalendermonats – frühestens vier Wochen später – wird der Beschluss in Kraft treten. Damit sollte diesmal ausreichend Zeit sein, die Apothekensoftware auf die Neuerungen vorzubereiten und damit ein Chaos wie beim Inkrafttreten der ersten Tranche zu vermeiden. Auf eine entsprechende Änderung hatte nicht zuletzt die ABDA im Stellungnahmeverfahren hingewirkt.

Hintergrund

Ursprünglich hatten Deutscher Apothekerverband und GKV-Spitzenverband die Substitutionsausschlussliste erstellen sollen. Doch einig wurden sie sich nicht, die Schiedsstelle musste angerufen werden und es ging viel Zeit ins Land. Daraufhin übertrug der Gesetzgeber diese Aufgabe dem G-BA mit Wirkung zum 1. April 2014. Er gab dabei vor, dass vor allem Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden sollen (§ 129 Abs. 1a Satz 2 SGB V). Der G-BA hat mit Beschluss vom 18. September 2014 erstmals über Arznei­mittel zur Aufnahme in die Substitutionsausschlussliste entschieden. Seit Dezember 2014 ist diese gültig. |

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