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Apotheker sollen in Großbritannien stärkere Rolle spielen
Aber: Sparprogramm des britischen Gesundheitswesens führt zu großen Einbußen
Die Aufregung in den öffentlichen Apotheken (Community Pharmacies) in Großbritannien ist groß, seitdem am 17. Dezember das Gesundheitsministerium und der nationale Gesundheitsdienst NHS einen Brief an das Pharmaceutical Services Negotiating Committee (PSNC), die wirtschaftliche Interessenvertretung der öffentlichen Apotheken, geschrieben haben. Darin wird angekündigt, dass die Ausgaben des NHS für Apotheken in der Haushaltsperiode 2016/17, die im Oktober beginnt, auf 2,63 Milliarden Britische Pfund (ca. 3,38 Mrd. Euro) gekürzt werden. Das ist ein Minus von 6,1 Prozent oder 170 Millionen Pfund (218 Mio. Euro). Das Vorhaben ist Teil eines 22 Milliarden Pfund schweren Sparprogramms im britischen Gesundheitswesen.
Trotz der angekündigten Kürzungen werden die Apotheker in dem Schreiben als „Herzstück des NHS“ bezeichnet. Es gebe ein „echtes Potenzial für eine sehr viel stärkere Nutzung der Apotheken und Apotheker“, beispielsweise in der Prävention, Gesundheitsförderung, Unterstützung der Selbstbehandlung, Medikationsanalyse in Pflegeheimen und als Teil von integrierten lokalen Versorgungsmodellen.
Ein Apotheker in jeder Praxis
In diesem Zusammenhang erwähnt das Schreiben das aktuelle Vorhaben, sogenannte Clinical Pharmacists, besonders weitergebildete Apotheker, in Arztpraxen zu beschäftigen. Im vergangenen Jahr hatte der NHS ein Modellprojekt initiiert, bei dem Praxen, die Apotheker einstellen, finanzielle Unterstützung beantragen können. Das Interesse an diesem Programm sei so groß, heißt es in einem Papier des NHS, dass es weiter ausgebaut werden soll. Bis 2020 sollen alle Allgemeinmediziner-Praxen einen Clinical Pharmacist eingestellt haben. Insgesamt will der NHS in den kommenden vier Jahren 1500 Pharmazeuten in Arztpraxen bezuschussen. Angestellt sind die Apotheker allerdings bei der Praxis: Im ersten Jahr nach ihrer Einstellung übernimmt der NHS 60 Prozent ihres Gehaltes, im zweiten Jahr 40 Prozent, im dritten Jahr noch 20 Prozent und im vierten Jahr müssen die Praxen die Apotheker dann alleine vergüten.
Bis zu 3000 Apotheken vor dem Aus
Doch die geplanten Einsparungen dürften Lücken ins Apothekennetz reisen. Laut BBC geht der Staatsminister im Gesundheitsministerium Alistair Burt davon aus, dass bis zu 3000 der 11.700 britischen Apotheken in der Existenz bedroht sind. In dem BBC-Bericht heißt es, 40 Prozent dieser Apotheken befänden sich in einem „Cluster“ von drei oder mehr Apotheken innerhalb von zehn Minuten Fußweg. Deswegen sei die Regierung überzeugt, dass Effizienzsteigerungen möglich seien, ohne die Versorgungsqualität zu beeinträchtigen.
„Nabe und Speiche“ als Lösung?
Als Beispiel für eine Maßnahme zur Effizienzsteigerung wird das automatisierte Dispensieren im größeren Maßstab genannt. Ein solches „Nabe-und-Speiche-Modell“ (Hub and Spoke) betreibt Celesio (Lloyds Pharmacies) schon seit fast zehn Jahren in England. Insgesamt 228 Apotheken werden über vier Verteilerzentren mit individuell konfektionierten Arzneimitteln versorgt. Dabei grenzen die Befürworter dieses Modell deutlich gegen die zentrale Dispensierung – die direkte Versorgung von Patienten aus einer „Zentralapotheke“ – ab. Bei „Hub and Spoke“ beliefert das Verteilzentrum die örtliche Apotheke mit patientenindividuellen Dosetten. „Wir beschreiben das, was wir tun, als Zusammenstellung einer Verordnung und nicht als aushäusige Dispensierung“, erklärt beispielsweise der Geschäftsführer von Celesio UK, Cormac Tobin. Die Beziehung zwischen Patient und Apotheker bleibe dabei erhalten, betont er.
Unter britischen Apothekern ist jedoch umstritten, ob das Modell wirklich zu Einsparungen führt. „Zwar arbeiten weniger Leute in den ‚Speichen-Apotheken‘, dafür brauchen wir am Verteilerzentrum mehr”, berichtet ein Apotheker aus Wales, der das Modell anwendet. Kritiker befürchten außerdem, dass die unternehmerische Freiheit der Apotheker eingeschränkt werden könnte. Wenn sich unabhängige Apotheken an ein Verteilzentrum anschließen, könnten sie nicht mehr zwischen verschiedenen Großhändlern wählen sondern wären an die Lieferanten des Zentrums gebunden, fürchtet die National Pharmacy Association, der Interessensverband der unabhängigen Apotheken. |
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