Arzneimittel und Therapie

Cochrane: Bevacizumab ähnlich sicher, ähnlich gut wirksam, 40-fach günstiger!

Da Bevacizumab (Avastin®) weltweit in großem Stil off label zur Behandlung der altersabhängigen Makuladegeneration (AMD) und des diabetischen Makulaödems eingesetzt wird, sollte eine große Datenfülle bei dieser Indikation existieren. Wie ist die Datenlage tatsächlich? Diese Frage beantwortet Dr. Christine Schmucker, die für die Cochrane Collaboration in Freiburg die Studien gesichtet hat.

Es liegen zahlreiche randomisierte kontrollierte klinische Studien vor, die die gegen den Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF) gerichteten Antikörper Ranibizumab (Lucentis®) und Bevacizumab (Avastin®) direkt vergleichen. Trotz dieser Vielzahl an Studien, konnte die Frage zum Sicherheitsprofil von Bevacizumab im Vergleich zu Ranibizumab für lange Zeit nicht abschließend geklärt werden. Das Sicherheitsprofil von systemischen Komplikationen wie Infektionen war unter der Behandlung mit Bevacizumab in einigen Studien erhöht. Auch zeigten Studienergebnisse aus der Krebstherapie ein erhöhtes systemisches Sicherheits­risiko unter Bevacizumab.

In der Wirksamkeit, da stimmen Experten und auch Studienergebnisse überein, besteht kein klinisch signifikanter und relevanter Unterschied zwischen den beiden VEGF-Antikörpern. Dass beide Medikamente gleich wirksam sind, hatte u. a. die randomisierte CATT-Studie bereits im Jahr 2011 bestätigt [1, 2]. Bei mehr als 90 Prozent der Patienten mit AMD stellte sich durch die Behandlung mit den VEGF-Antikörpern eine stabile Sehschärfe ein.

Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko der Off-label-Anwendung konnte erst mit Erscheinen des Cochrane Reviews im Jahr 2014 ausgeschlossen werden [3]. In den Cochrane-Review konnten neun direkt vergleichende randomisierte klinische Studien (RCT) mit 3665 Teilnehmern eingeschlossen und meta-analytisch zusammengefasst werden. Das Hauptergebnis des Reviews war, dass es keinen Unterschied an schweren systemischen unerwünschten Wirkungen zwischen den beiden VEGF-Antikörpern gibt. Das Mortalitätsrisiko betrug unter der Behandlung mit Ranibizumab 3,4% und unter der Behandlung mit Bevacizumab 3,7%. Insgesamt lag die Rate von schwerwiegenden Nebenwirkungen von Ranibizumab im Schnitt bei 22,2% und bei Bevacizumab bei 24%. Bezugnehmend auf Nebenwirkungsprofil und Mortalität muss auch bedacht werden, dass die feuchte AMD hauptsächlich bei Patienten im fortgeschrittenen Alter auftritt, die ein natürlich erhöhtes Mortalitätsrisiko tragen. Ebenso variiert das individuelle Risiko für systemische unerwünschte Wirkungen durch Komorbiditäten und Polypragmasie. Das Argument, aus Sicherheitsgründen die teurere Goldstandard­behandlung einzusetzen, ist wegen des ähnlich niedrigen Nebenwirkungsrisikos nicht weiter haltbar.

Bisher basierten Sicherheitsdaten zur intravitrealen Anwendung von Bevacizumab oft auf einarmigen Verlaufsbe­obachtungen. Da die Bewertung des Nutzen- und Schadensverhältnisses einer Intervention eine Kontrollgruppe erfordert, lässt sich aus nicht-vergleichenden Studien in der Regel keine Aussage zur Wirksamkeit einer Intervention ableiten. Dazu sind randomisierte klinische Studien erforderlich. Der aktuelle Cochrane-Review basiert auf neun RCT. Sie sind nicht von der Industrie finanziert worden.

Der VEGF-Antikörper Bevacizumab ist um ein Vielfaches günstiger als die Goldstandardbehandlung mit Ranibizumab. Die Pharmaindustrie hat kein Interesse daran, direkt vergleichende (head-to-head) Studien zwischen beiden VEGF-Antikörpern zu finanzieren. Bedenkt man, dass eine Einzeldosis Bevacizumab in etwa um das 40-Fache weniger kostet als eine Dosis Ranibizumab, haben die Ergebnisse des Cochrane Reviews eine immense Auswirkung auf das Gesundheitssystem. |

Quelle

[1] Martin DF et al. Ophthalmology 2012;119(7):1388-1398

[2] Martin DF et al. N Engl J Med 2011;364:1897-1908

[3] Moja L, et al: Cochrane Database Syst Rev 2014;7

Dr. Christine Schmucker


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.