Arzneimittel und Therapie

Aflibercept mit leichtem Vorteil

VEGF-Inhibitoren zur Therapie des diabetischen Makulaödems im Zweijahresvergleich

Im Rahmen einer unabhängigen Vergleichsstudie wurden Inhibitoren des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) nach einjähriger Anwendung als Therapie­option beim diabetischen Makulaödem untersucht. Weiterführende Beobachtungen ermöglichen nun die Bewertung des Nutzens von Aflibercept, Ranibizumab und Bevacizumab nach zweijähriger Therapie.
Foto: Tanja Bagusat – Fotolia.com

Welcher VEGF-Inhibitor lässt Patienten am besten sehen?

Das diabetische Makulaödem führt bei Diabetes-Patienten zu einer fortschreitenden Sehbeeinträchtigung bis hin zum Sehverlust. VEGF-Inhibitoren, wie Ranibizumab (Lucentis®), Aflibercept (Eylea®) und Bevacizumab (Avastin®, off label), können den Erkrankungsverlauf verlangsamen und sogar die Sehleistung verbessern. Aufgrund der Diskrepanz der Therapiekosten (1950 bzw. 1200 US-Dollar für Aflibercept und Ranibizumab vs. 50 US-Dollar für Bevacizumab off label), wurde ein Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit der VEGF-Inhibitoren bei diabetischem Makulaödem gefordert.

Im Jahr 2015 publizierte das Diabetic Retinopathy Clinical Research Network im New England Journal of Medicine erstmals die Ergebnisse einer randomisierten, multizentrischen klinischen Vergleichsstudie und bestätigte für alle drei VEGF-Inhibitoren eine Verbesserung der Sehstärke bei 660 Diabetes-Patienten mit diabetischem Makulaödem nach einem Jahr Behandlung [1]. Im Allgemeinen zeigten sich keine klinisch relevanten Unterschiede in der Wirksamkeit und Sicherheit. Nur bei starker Einschränkung der Sehstärke bereits zu Behandlungsbeginn erzielte die einmal monatliche intravitreale ­Injektion von Aflibercept (2,0 mg) gegenüber Ranibizumab (0,3 mg) und ­Bevacizumab (1,25 mg) signifikant bessere Ergebnisse und wurde von den Autoren der Studie daher als Mittel der Wahl bei Patienten mit diabetischem Makulaödem und bereits fort­geschrittenem Sehverlust deklariert.

Ergebnisse nach zwei Jahren

Um weiterhin zu untersuchen, ob die aus dieser Vergleichsstudie resultierenden Erkenntnisse auch nach einer längeren Behandlungsdauer bestehen bleiben, wurde ein weiterer Endpunkt definiert: die Veränderung der Sehstärke nach zwei Jahren Therapie. Die monatlichen Behandlungen wurden so lange fortgesetzt, bis das Makulaödem abgeklungen war oder sich der Zustand stabilisiert hatte. Mögliche Unterschiede bzw. Veränderungen in der Häufigkeit notwendiger korrigierender Laserbehandlungen (Photokoagulation) sollten zudem Aufschluss über die Nachhaltigkeit von VEGF-Inhibitoren bei diabetischem Makulaödem geben. Die Ergebnisse des zweijährigen Beobachtungszeitraumes wurden dieses Jahr im ­Journal Ophthalmology publiziert und bestätigten zunächst die primären Beobachtungen nach einem Jahr Behandlung [2]. Alle drei VEGF-Inhibitoren zeigten nach verlängerter Therapiedauer eine Verbesserung der Sehstärke, ­verifiziert anhand eines Letter-Scores (Erkennung der Buchstaben nach ihrer Größe), wobei sich insgesamt erneut keine signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit ergaben (12,8 für ­Aflibercept, 12,3 für Ranibizumab und 10,0 für Bevacizumab). Dabei konnte die Häufigkeit der intravitrealen Injektion der VEGF-Inhibitoren im zweiten Jahr reduziert werden.

Unterschiede verschwimmen

Die Überlegenheit von Aflibercept gegenüber Bevacizumab bei Patienten mit diabetischem Makulaödem und schlechtem Ausgangsvisus zeigte sich auch nach zwei Jahren Behandlungsdauer, schwächte sich jedoch gegenüber den Ergebnissen nach einem Jahr etwas ab und erreichte kaum klinische Relevanz. Gegenüber Ranibizumab verlor sich sogar die Signifikanz der Unterschiede. Die Anwendung von Aflibercept korrelierte jedoch mit weniger Anwendungen korrigierender Photokoagulations-­Behandlungen, verglichen mit Beva­cizumab und Ranibizumab, wobei letzterer Vertreter bei 12% der behandelten Patienten vaskuläre Ereignisse provozierte und somit ein erhöhtes ­Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen aufwies.

Fazit und Ausblick

Erneut wurden nur wenige klinisch relevante Unterschiede in der Wirksamkeit und Sicherheit der verschiedenen VEGF-Inhibitoren zur Behandlung des diabetischen Makulaödems gezeigt, weshalb weiterhin die häufige Off-Label-Anwendung von Bevacizumab als kostengünstigstem Vertreter bestehen bleiben wird. Hier sollte eine Indika­tionserweiterung die Applikation in ­einem gesicherten Rahmen erlauben. Aflibercept wird vermutlich weiterhin als primäre Behandlungsoption für Patienten mit diabetischem Makulaödem und fortgeschrittenem Sehverlust angesehen werden, da die Überlegenheit gegenüber Bevacizumab auch innerhalb eines zweijährigen Behandlungszeitraums bestätigt werden konnte. Das Risiko vaskulärer Ereignisse wird in zukünftigen Studien weiter evaluiert werden müssen.

Im Folgenden erfahren Sie mehr über den derzeitigen Stand der Forschung und den rechtlichen Hintergrund zur intravi­trealen Anwendung von Beva­cizumab:

Quelle

[1] The Diabetic Retinopathy Clinical Research Network. Aflibercept, Bevacizumab or Ranibizumab for Diabetic Macular Edema. N Engl J Med 2015;372(13):1193-1203

[2] Wells JA et al. Aflibercept, Bevacizumab, or Ranibizumab for Diabetic Macular Edema. Ophthalmology 2016; doi: http://dx.doi.org/10.1016/j.ophtha.2016.02.022

Apotheker Dr. André Said

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.