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Arzneimittel und Therapie
Viel Vitamin C kann zytotoxisch wirken
Mechanismus aufgeklärt, praktischer Nutzen für die Tumortherapie fraglich
In mehr als jedem zweiten Fall von Kolorektalkarzinom (CRC) sind die Protoonkogene K-Ras oder B-Raf zum jeweiligen Onkogen mutiert. Für die Patienten sind gerade die K-Ras-Mutationen verhängnisvoll, denn diese Tumorzellen sind weitgehend resistent gegen die sonst wirksamen monoklonalen Antikörper Panitumumab und Cetuximab. Gegen Tumoren mit B-Raf-Mutationen wurde in den letzten Jahren u. a. der Arzneistoff Regorafenib entwickelt. Interessanterweise zeigten klinische Studien, dass die Komedikation von Dehydroascorbinsäure (DHA) die Anti-Tumor-Wirkung von Regorafenib steigert.
Die Arbeitsgruppe um Cantley in New York hat nun an in vitro kultivierten CRC-Zellen beobachtet, dass die Zellen mit dem K-Ras- oder B-Raf-Onkogen empfindlich auf hohe Dosen Vitamin C reagieren und sterben, während andere CRC-Zellen weiterleben. In der Folge haben sie den Wirkmechanismus von Vitamin C in den mutierten CRC-Zellen aufgeklärt, indem sie es mit radioaktivem 13C markiert hatten.
Vitamin C führt zum Zelltod
Maligne Zellen haben generell einen höheren Glucoseverbrauch als gesunde Zellen und besitzen auch entsprechend mehr Glucosetransporter. Die Transporter-Subtypen GLUT1 und GLUT4 transportieren neben Glucose auch DHA, die im Interstitium durch Oxidation von Vitamin C gebildet wird. Durch die übermäßige Aufnahme von DHA gerät das Redoxsystem in der Zelle aus dem Gleichgewicht und zieht wichtige Steuerungsmechanismen in Mitleidenschaft, was schließlich zum Zelltod führt.
In den CRC-Zellen wird die DHA zu Vitamin C reduziert, indem parallel reduziertes Glutathion (GSH) zu Glutathiondisulfid (GSSG) oxidiert wird. GSH ist das wichtigste Antioxidans in den Zellen, und durch seine Depletion nehmen die reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) überhand. Die ROS stören die normale Verstoffwechselung der Glucose (Glykolyse) durch Inaktivierung der Glycerolaldehyd-3-phosphat-Dehydrogenase (GAPDH). Infolgedessen sinkt die Produktivität der Mitochondrien, die weniger Adenosindiphosphat (ADP) in Adenosintriphosphat (ATP) umwandeln. Die Zelle „verhungert“ allmählich. Glucose wird nun hauptsächlich über den Pentosephosphatweg verstoffwechselt. Zudem dringen die ROS in den Zellkern ein, wo sie die DNA schädigen. Das DNA-Reparaturenzym Poly(ADP-ribose)-Polymerase (PARP) muss verstärkt in Aktion treten und verbraucht dabei Nicotinamid-Adenin-Dinucleotid (NAD+), das bei der Glykolyse, die ohnehin schon beeinträchtigt ist, fehlt. Damit ist der Untergang der Zelle besiegelt.
Tierversuche aussichtsreich
Die Forscher verabreichten Labormäusen, die nach der Implantation von CRC-Zellen mit K-Ras-Onkogenen Tumoren entwickelt hatten, fünf bis sechs Wochen lang sehr hohe Dosen Vitamin C (4 bis 8 g/kg KG, i.p.), worauf ihre Tumoren signifikant schrumpften. Der Effekt stellte sich bei Tumoren mit B-Raf-Onkogenen unverständlicherweise nicht ein. Würde man die Vitamin-C-Dosen auf den Menschen umrechnen, kämen mehrere Hundert Gramm täglich zusammen, was wegen der zu erwartenden Nebenwirkungen keine Therapieoption darstellt. Vitamin C könnte allerdings als Komedikation von Krebstherapeutika getestet werden oder es könnten neue Arzneistoffe entwickelt werden, die synergistisch mit Vitamin C wirken. |
Quellen
Yun J, et al. Vitamin C selectively kills KRAS and BRAF mutant colorectal cancer cells by targeting GAPDH. Science 2015;350(6266):1391-1396
van der Reest J, Gottlieb E. Anti-cancer effects of vitamin C revisited. Cell Res 2016;26:269-270
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