DAZ aktuell

Lösung beim Thema Retaxationen finden

Johann-Magnus v. Stackelberg, stv. Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes

Im Jahr 2015 standen hohe Preise bei neuen Arzneimitteln im Fokus der Diskussion. Von den enormen Ausgaben im Arzneimittelbereich speziell für neue Produkte im ersten Jahr nach Markteintritt konnten neben der Industrie auch Apotheker profitieren. Es ist nicht nachvollziehbar, warum Krankenkassen im ersten Jahr des Vertriebs eines neuen Arzneimittels jeden Preis der Pharmaindustrie bezahlen müssen, insbesondere bei fehlendem Zusatznutzen. Dieser Konstruktionsfehler des AMNOG sollte 2016 behoben werden. Wir sollten 2016 auch unbedingt den Einstieg in eine nutzenorientierte Erstattung finden. Neue Arzneimittel wären damit, wie im Ausland üblich, nur noch in nachgewiesen werthaltigen Teilindikationen erstattungsfähig. Das verbessert die Versorgungsqualität für Patienten und vermeidet unnötige Mehrkosten.

Foto: GKV-Spitzenverband

Pharmazeutische Unternehmer können für ältere patentgeschützte Arzneimittel den Preis immer noch frei wählen. Lediglich das Preismoratorium schützt Krankenkassen und Beitragszahler derzeit vor einer Ausgabenexplosion. Um die Entwicklung weiter zu verhindern, müssten 2016 die Weichen gestellt werden, damit das Preismoratorium als Brückenregelung auch über das Jahr 2017 hinaus erhalten bleibt.

Derzeit sind neue hochpreisige Arzneimittel, insbesondere zur Behandlung von Krebserkrankungen, in Packungsgrößen am Markt, die sich nicht am tatsächlichen Versorgungsbedarf der Patientinnen und Patienten orientieren. Dies führt beispielsweise bei der Herstellung patientenindividueller parenteraler Lösungen regelhaft zu großen Restmengen, die aufgrund kurzer Haltbarkeiten der eingesetzten Arzneimittel verworfen werden müssen. So entstehen Kosten, aus denen keinerlei Nutzen resultiert. Zukünftig müssen Anreize entwickelt werden, damit pharmazeutische Unternehmer Arzneimittel in therapiegerechten und nicht „industriegerechten“ Packungsgrößen auf den Markt bringen.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband hatten im Rahmen des Versorgungsstärkungsgesetzes die Aufgabe erhalten, eine Lösung im Rahmenvertrag nach § 129 SGB V für das Thema Retaxationen zu finden. Gerade das zweite Halbjahr 2015 war von dem Versuch geprägt, gemeinsam Situationen im Rahmenvertrag zu beschreiben, in denen bei unerheblichen Fehlern der Apotheke eine Nullretaxation unterbleiben soll. Aufgrund der unterschiedlichen Sichtweisen war eine Einigung bisher leider nicht möglich. Nun muss die Schiedsstelle eine entsprechende Lösung finden.

Auch für 2016 gilt die Forderung, die Vertriebsstruktur für Arzneimittel so weiterzuentwickeln, dass eine adäquate pharmazeutische Versorgung der Patienten auch in Regionen mit einer geringeren Bevölkerungsdichte sichergestellt bleibt. Ungeeignet sind dafür Maßnahmen und Instrumente, von denen absatzstarke Apotheken überproportional profitieren und mit denen unnötige Strukturen insbesondere in Ballungsräumen zementiert werden. |

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