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Wirtschaft
Orphan Drugs sind keine Bedrohung
BPI weist Kassen-Kritik an „Orphanisierung“ zurück
Arzneimittel gegen seltene Erkrankungen waren lange selbst eine Seltenheit. Kein Unternehmen reißt sich darum, viel Geld in Forschung und Entwicklung zu stecken und mühsam Probanden für klinische Studien zu rekrutieren, wenn am Ende nur ein paar Hundert Patienten für das Präparat infrage kommen. Das hat man in Europa erkannt und im Jahr 2000 eine Verordnung zu Orphan Drugs in Kraft gesetzt. Sie macht die Entwicklung dieser Arzneimittel mit verschiedenen Anreizen schmackhaft. Seitdem haben 117 Arzneimittel eine Orphan Drug-Zulassung erhalten.
Auch im Verfahren der Frühen Nutzenbewertung haben Orphan Drugs einen Sonderstatus: Qua Gesetz gilt ihr Zusatznutzen als mit der Zulassung belegt.
Kürzlich kritisierte der GKV-Spitzenverband, der Zusatznutzen von Orphan Drugs lasse oft zu wünschen übrig. Die Anforderungen im Zulassungsverfahren seien zu schwach – es zeige sich oft erst in der Anwendung, wenn das Arzneimittel schwere Nebenwirkungen mit sich bringe. Zugunsten der Patienten müsse der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) daher in begründeten Einzelfällen auch bei Orphan Drugs das Nutzen- und Schadenspotenzial vollständig prüfen dürfen.
Sabine Biermann ist dagegen eine Patientin, die glücklich ist, dass es Orphan Drugs gibt. Sie leidet unter Morbus Gaucher, einer Erkrankung, die nur 300 Menschen in Deutschland betrifft. Während früher unter anderem Schmerzen und ein ausgeprägtes Fatigue-Syndrom ihr Leben beeinträchtigten, brachte das Arzneimittel, das sie nun seit zehn Jahren einnimmt, eine „99-prozentige Verbesserung“. Heute könne sie wieder das Familienleben genießen, arbeiten und Sport treiben, erklärte sie letzte Woche bei einer Pressekonferenz des BPI.
Auch Annette Grüters-Kieslich, vom Centrum für seltene Erkrankungen an der Berliner Charité, machte hier deutlich, dass sie Orphan Drugs nicht missen möchte. Die verbesserte genetische Diagnostik eröffne Möglichkeiten, seltene Erkrankungen zu entschlüsseln und Medikamente gegen sie zu entwickeln. Sie setzt auf eine gemeinsame Strategie der Akademia mit der Industrie, um künftig noch mehr betroffenen Patienten helfen zu können.
Nobert Gerbsch, stellvertretender BPI-Hauptgeschäftsführer warnte daher, am gesetzten rechtlichen Rahmen zu rütteln. Dieser sei „adäquat“. Er wies die Kritik zurück, die Zulassungsanforderungen für Orphan Drugs seien zu lasch. Man dürfe nicht übersehen, dass Orphan Drugs weiterhin eine Herausforderung für die Hersteller bleiben. Angesichts der geringen Patientenzahlen müssten die Studien multizentrisch und international laufen. Auch finanziell müssten die Kassen Orphan Drugs nicht fürchten. Schließlich kämen sie nur für wenige Patienten infrage, sodass ein unermessliches Wachsen nicht zu erwarten sei. Auch Grüters-Kieslich ist überzeugt: „Es findet keine Orphanisierung im falschen Sinne statt, die das System an die Wand fährt“. |
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