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Gesundheitspolitik
Von Hausmeistern und Klempnern
ABDA-Präsident Schmidt und KBV-Chef Gassen diskutieren den Medikationsplan
Eigentlich hatten ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und KBV-Vorstand Regina Feldmann – in der KBV zuständig für die Hausärzte – in der Diskussionsrunde aufeinandertreffen sollen. Doch Frau Feldmann war kurzfristig erkrankt, weshalb ihr Vorstands-Kollege Dr. Andreas Gassen ihren Platz einnahm. Der Orthopäde steht für die Fachärzte in der KBV und räumte schon zu Beginn ein, dass er in seinem Fachgebiet mehr „mit den Händen“ heile – und weniger mit Arzneimitteln.
Schnell wurde klar: Sowohl Gassen als auch Schmidt halten wenig von dem Medikationsplan, wie ihn die Politik mit dem E-Health-Gesetz auf den Weg gebracht hat. Für Gassen konterkariert schon die Regelung alles, dass jeder GKV-Versicherte einen Anspruch auf den Plan hat, der nur drei Arzneimittel zugleich nimmt. Hinzu komme, dass der Patient selbst entscheiden könne, wenn er ein Medikament nicht auf dem Plan sehen wolle. Wer vernünftig mit dem Medikationsplan arbeiten wolle, benötige Informationen über die gesamte Medikation. Dabei will Gassen den Patienten keinen bösen Willen unterstellen: Vielleicht unterschätzten sie die Gefahren, wenn sie ein Arzneimittel verschwiegen – oder sie vergäßen es schlicht.
Schmidt nutzte Gassens Ausführungen, um die Kompetenzen der Apotheker ins Spiel zu bringen. Alle Studien zur Arzneimittel-Anamnese zeigten, dass die Apotheker den Medikationsplan am besten vollständig erstellen können. Sie können die Patienten auffordern, alle Medikamente und sonstigen Ergänzungsmittel in eine Kiste oder Tüte einzupacken und in die Apotheke zu bringen. „Da kommen die erstaunlichsten Sachen raus“, sagte Schmidt. Und diese würden dann in der Apotheke sortiert. Selbstsicher erklärte der ABDA-Präsident: „Unsere Erfahrung ist, dass wir das wirklich am besten können. Und ich glaube, dass das die Ärzte auch nicht wollen, weil das im hausärztlichen Workflow nicht wirklich funktionieren würde.“ Gassen widersprach nicht ausdrücklich. Er erklärte lediglich, dass auch bei der Brown-Bag-Methode mal ein Arzneimittel vergessen werden könne.
Stattdessen zeigten sich ABDA- und KBV-Chef einig, dass es völlig richtig sei, dass weder Arzt noch Apotheker für Fehler im Medikationsplan haften sollen. Solange der Medikationsplan nicht sicher vollumfänglich sei, sei eine solche Haftung nicht möglich. Dies müsse auch der Patient in Kauf nehmen – er habe dafür sein Selbstbestimmungsrecht.
Ein gewisses Streitpotenzial hätte die Frage haben können, ob es die richtige Aufgabenteilung sei, dass der Arzt den Medikationsplan erstellt – und der Apotheker ihn auf Patientenwunsch ergänzen muss. Doch Gassen wich ihr diplomatisch aus und betonte einen Konsens: Der Arzt hat die Verordnungshoheit. Das sei eine urärztliche Aufgabe. Dem trage auch die Aufgabenteilung im Modellprojekt ARMIN Rechnung. Hier seien die Kompetenzen genau richtig verteilt. Dem konnte Schmidt nicht widersprechen: „Wir anerkennen vollständig und ohne Diskussion die ausschließliche Therapiehoheit des Arztes.“
Schmidt wählte dann ein besonderes Bild, um zu erklären, wie es im E-Health-Gesetz mit der Kompetenzverteilung gelaufen sei: Wenn das Gesundheitswesen ein Haus sei, sei der Arzt nach seinem Selbstverständnis der Hausmeister. Er halte sich für alles zuständig. Doch manchmal könne auch der Hausmeister nicht jedes Problem lösen und ein Klempner wäre nötig. Übertragen auf den Medikationsplan: Ein AMTS-Problem ist gemeinsam erkannt – und nun bieten die Apotheker ihre spezielle Kompetenz für Arzneimittel an – dabei geht es insbesondere um Risiken, Selbstmedikation und die Arzneimittelanwendung im Sinne von Adhärenz. „Die hätten wir gerne ins E-Health-Gesetz eingebracht“, so Schmidt. Doch der Gesetzgeber habe „in seiner unendlichen Weisheit befunden, dass man das lieber mit einer größeren Rohrzange und dem Hausmeister macht und nicht den Klempner holt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.“
Mit dem Hausmeister-Bild konnte Gassen gut leben – und ebenso mit dem Apotheker, der bei der Rohrzange mit anpackt. Nichtsdestotrotz machte er deutlich, dass auch er wenig Verständnis für die Vorgaben des E-Health-Gesetzes hat, wo es doch ARMIN gibt. Hier gibt es den Medikationsplan erst ab fünf Arzneimitteln, was das ganze Konzept schon realitätsnäher mache. Für Schmidt besteht kein Zweifel: ARMIN wäre die richtige Blaupause für den Medikationsplan. Hier könne man lernen, wie man einen Medikationsplan so konsolidiert, dass für alle stets der aktuelle Stand ersichtlich ist. Der Gesetzgeber müsse sich nur jetzt dafür entscheiden. Dem konnte Gassen nur zustimmen. „ARMIN funktioniert jetzt“, betonte er.
Für Schmidt ist ARMIN auch deshalb das beste Vorbild, da hier die Apotheker für ihre Leistung vergütet werden. Das Projekt zeige, dass eine Honorierungsregelung „kein Hexenwerk“ sei. Der ABDA-Präsident ist überzeugt, dass die Begeisterung der Apotheker für den kommenden Medikationsplan auch deshalb so überschaubar ist, weil sie nichts dafür bekommen. Hier zeigte sich Gassen ebenfalls verständig: „Ich kann den Groll der Apotheker nachvollziehen.“ |
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