- DAZ.online
- DAZ / AZ
- AZ 24/2016
- Keine Angst vor der ...
Wirtschaft
Keine Angst vor der Selbstständigkeit
Tipps und Ratschläge zur Existenzgründung
Nur 0,2 Prozent der Apothekengründungen gehen schief, so der stellvertretende Direktor der ApoBank-Niederlassung in Düsseldorf, Norbert Steffens. Insofern könne er nur jeden Apotheker beglückwünschen, der diesen Schritt geht. In dasselbe Horn stößt der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein, Thomas Preis. Vor allem sollten sich Existenzgründer nicht von der politischen Lage und den anhaltenden Diskussionen über das Apothekenhonorar verunsichern lassen. Apotheken gehörten zum „Zukunftsmarkt“ Gesundheit, so Preis. „Die demografische Entwicklung spielt uns in die Karten“. Preis, der sich selbst vor 26 Jahren selbstständig gemacht hat und bis heute eine Apotheke in Köln leitet, empfiehlt Existenzgründern, sich folgende Fragen zu stellen:
- Bin ich wirklich der Typ für die Selbstständigkeit?
- Habe ich ausreichend Erfahrung?
- Habe ich kaufmännisches Know-how bzw. Interesse, es mir anzueignen?
- Steht meine Familie voll hinter der Entscheidung?
- Stehe ich die Belastungen während der Anfangsphase (und auch darüber hinaus) durch?
Außerdem hat er fünf Tipps für angehende Apothekenleiter:
- Lassen Sie sich ausreichend von kompetenten Fachleuten beraten.
- Informieren Sie sich rechtzeitig bei Behörden, Kammern usw.
- Machen Sie eine gründliche Investitionsplanung.
- Informieren Sie sich über Fördermöglichkeiten.
- Kalkulieren Sie Ihren Verdienst sauber, denken Sie dabei auch an die Absicherung für sich und Ihre Familie.
Lage, Lage, Lage (?)
Doch neben diesen persönlichen gibt es auch „harte“ Erfolgsfaktoren zu beachten. Die Rechtsökonomin Silke Wolff berät bei der Treuhand Hannover Apotheker bei der Existenzgründung. Sie betont, dass die Lage einer Apotheke ein wichtiger Faktor ist – aber nicht der einzige. Dabei spielen Verkehrsanbindung (wie ist die Apotheke mit dem Auto und dem öffentlichen Nahverkehr erreichbar?) und Parkplatzsituation eine große Rolle. Doch auch die Konkurrenz muss analysiert werden: Wie viele Apotheken gibt es in der Umgebung, wie sind diese aufgestellt (marketingorientiert, preisaktiv, beratungsintensiv?), haben sie Schwerpunkte oder Spezialisierungen und ergeben sich „Lücken“, in die die eigene Apotheke passen könnte?
Ganz wichtig, so Wolff, ist die Analyse der Verordner: Wie viele Ärzte gibt es in der Umgebung, welcher Fachrichtung gehören sie an und nicht zu vergessen, welches Alter haben die Ärzte bzw. gibt es bereits einen Nachfolger für die Praxis?
Reine Typ-Sache
Die Abhängigkeit von ärztlichen Verordnungen ist aber durchaus von Apotheke zu Apotheke unterschiedlich. Hier macht sich der Apothekentyp bemerkbar – eine Vorstadt-Apotheke in einem Wohngebiet ist etwas anderes als eine Apotheke in einem Shopping-Center ist etwas anderes als eine Ärztehaus-Apotheke. Diese Typen unterscheiden sich auch bezüglich der Bedeutung anderer Faktoren wie Lauflage, Einwohnerzahl und Kaufkraft im Einzugsgebiet usw. Wolff betont, dass der Apothekentyp sowohl zum Apothekenleiter wie zum Standort passen muss. (Ausführliche Informationen zu Apothekentypen finden Sie im DAZ-Schwerpunkt Existenzgründung, DAZ 2015, Nr. 9).
Bereits zum dritten Mal veranstalteten der Apothekerverband und die -kammer Nordrhein zusammen mit der Apotheker- und Ärztebank (ApoBank), der Steuerberatung Treuhand Hannover und dem Rezeptabrechner ARZ Service GmbH am 3. Juni den Informationstag „Erfolgreich in die Selbstständigkeit starten“ in Düsseldorf. Rund 90 junge Apothekerinnen und Apotheker informierten sich darüber, was beim Schritt in die Selbstständigkeit zu beachten ist.
Die Frage des Preises
Eine Frage, die alle Existenzgründer beschäftigt, ist die nach dem Kaufpreis bzw. dem notwendigen Investitionsbedarf. Die ApoBank hat kürzlich eine Studie veröffentlicht (AZ 2016, Nr. 20: „Trend zu Apotheken-Verbünden ungebrochen“), wonach der Kaufpreis für eine Apotheke 2015 im Durchschnitt (!) rund 400.000 Euro betragen hat. Der Käufer musste inklusive Ablöse für das Warenlager und notwendige Investitionen rund 530.000 Euro auf den Tisch legen.
ApoBanker Steffens betont jedoch, dass es im Apothekenmarkt keine allgemein gültigen „Faustformeln“ wie „40 Prozent eines Jahresumsatzes“ mehr gibt. Existenzgründern empfiehlt er aber sowieso, nicht zu sehr auf die absolute Zahl zu schauen. Entscheidend sei, wie rentabel die Apotheke ist und in welchem Verhältnis der Preis dazu stehe. „Wenn Sie mich davon überzeugen können, dass die Übernahme eine gute Idee ist, dann finanzieren wir sie“, verspricht Steffens.
Die Steuern steuern
Dass so wenige Existenzgründungen von Apothekern schiefgehen habe auch etwas damit zu tun, dass diese eigentlich immer eng von einem erfahrenen Steuerberater begleitet werden, betont Gabriele Amoriello, Rechtsanwalt und Steuerberater bei der Treuhand Hannover. Das aus vielen anderen Branchen bekannte Phänomen, dass Selbstständige nach zwei oder drei Jahren wieder aufgeben müssen, weil sie von hohen Steuerforderungen „überrascht“ werden, gebe es deswegen bei Apotheken praktisch nicht. Der Steuerberater einer Apotheke ist in der Regel tatsächlich ein enger Berater und Begleiter. Neben der kompletten Buchführung der Apotheke (Amoriello: „Passen Sie auf, dass das nicht schon alles ist, was Ihr Steuerberater kann!“) unterstützt er den Apothekenleiter bei den betriebswirtschaftlichen Auswertungen und dem Controlling, sollte auch kurzfristige Erfolgsrechnungen (interner und externe Betriebsvergleiche) anbieten, erstellt den Jahresabschluss („Bilanz“) und die Steuererklärung, berät zur Steuergestaltung („Optimierung“) und Steuerdurchsetzung (Einsprüche usw.), übernimmt die Umsatzsteuervoranmeldung und bietet idealerweise auch eine betriebswirtschaftliche Beratung an.
Die Bedeutung der Rezepte
Auf einen speziellen betriebswirtschaftlichen Aspekt in Apotheken weist Robert Baumann von der ARZ Service GmbH hin. Durch den hohen Umsatzanteil der Kassenrezepte hat deren Abrechnung eine immense Bedeutung für den wirtschaftlichen Erfolg der Apotheke. Durch günstige Auszahlungszeiträume des Rechenzentrums können Apotheken nicht nur ihre Liquidität positiv beeinflussen, sondern durch Ausschöpfen von Skonti-Potenzialen bei Lieferanten, wie Dekadenzahlung beim Großhändler, sogar über Zinseffekte bares Geld verdienen.
Existenzgründern empfiehlt Baumann, sich frühzeitig nicht nur mit der Bank, den Behörden, der Kammer und dem Pharma-Großhandel, sondern auch mit einem Rezeptabrechner in Verbindung zu setzen. Beispielsweise kann mit Krankenkassen erst abgerechnet werden, wenn die Apotheke ein Institutionskennzeichen (IK-Nummer) erhalten hat. Dieses muss jedoch beantragt werden, und die Erteilung kann durchaus einige Wochen dauern.
Auf den Bauch hören
Das Wichtigste bei der Suche nach der eigenen Apotheke war für Tobias Craan, seit Januar Betreiber der Bahnhof-Apotheke in Aschaffenburg, sein „Bauchgefühl“. Alle angesprochenen Punkte seien wichtig, sagte Craan auf dem Existenzgründer-Seminar in Düsseldorf. Man müsse sich aber eines klar machen: Die Apotheke, die man übernimmt, ist für die nächsten 30 Jahre der eigene Arbeitsplatz, und das Team sind die neuen Kollegen. Wenn man sich nicht vorstellen könne, die nächsten drei Jahrzehnte jeden Tag mit Freude in genau diese Apotheke zu kommen, solle man lieber die Finger davon lassen. |
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.