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Gesundheitspolitik
DocMorris scheitert mit Verfassungsbeschwerde
Herstellerrabatte aus Anfangszeiten bleiben verloren
Während deutsche Zytostatika-herstellende Apotheken dieser Tage auf einen Erfolg ihrer Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundessozialgerichts zu den AOK-Zyto-Ausschreibungen hoffen, ist DocMorris jetzt mit einer Verfassungsbeschwerde aufgelaufen. Die niederländische Versandapotheke sah sich ebenfalls durch ein Urteil aus Kassel in ihren Grundrechten verletzt. Und zwar durch jenes, in dem seinerzeit entschieden wurde, dass eine Apotheke im Ausland, die per Versandhandel Arzneimittel an Patienten in Deutschland abgibt, nicht den deutschen arzneimittelpreisrechtlichen Regelungen unterworfen ist. Und eben weil das aus Sicht der Sozialrichter der Fall war – und DocMorris auch nicht über einen Beitritt zum Rahmenvertrag an der GKV-Arzneimittelversorgung teilnahm, sondern nur einzelvertragliche Beziehungen zu Kassen pflegte – sollte der Versender den gesetzlichen Herstellerabschlag nicht einfordern können.
Dieses Urteil, über das sich DocMorris rückblickend hätte freuen können, ist mittlerweile in seiner Aussage zur Geltung des deutschen Preisrechts für ausländische Versandapotheken überholt. Da der Bundesgerichtshof der Auffassung war, dass sich auch ausländische Versandapotheken an das deutsche Preisrecht halten müssen, wenn sie nach Deutschland liefern, rief er 2010 den Gemeinsamen Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes an. Dieser sollte die Unstimmigkeit der beiden Obergerichte durch ein klares Wort beenden. Der Rechtsstreit ging 2012 im Sinne des Bundesgerichtshofs aus.
EuGH musste nicht angerufen werden
Doch darum ging es in der nun abgelehnten Verfassungsbeschwerde gar nicht unmittelbar. DocMorris sah sich in seinen Grundrechten verletzt, weil es den in den Jahren 2003 bis 2005 von einem pharmazeutischen Unternehmen verweigerten Herstellerrabatt nicht bekam. Unter anderem sah sich der Versender seinem gesetzlichen Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entzogen, weil eine Vorlagepflicht an den Europäischen Gerichtshof bestanden habe.
Doch das sieht das Bundesverfassungsgericht nicht so. Zwar bestehe eine Vorlagepflicht, wenn sich in einem schwebenden letztinstanzlichen Verfahren eine Frage des Unionsrechts stellt – es sei denn, diese ist nicht entscheidungserheblich, sie wurde bereits vom Gerichtshof entschieden oder die richtige Anwendung des Unionsrechts ist „derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt“. Wie das Bundessozialgericht diese Vorgabe konkret auslegt und anwendet, überprüft das Bundesverfassungsgericht aber nur eingeschränkt. Zu weit geht ein Gericht nur, wenn seine Auslegung bei „verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist“.
Das Bundessozialgericht ging von einer klaren Rechtslage aus – und hat damit aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts den ihm zukommenden Beurteilungsspielraum nicht in unvertretbarer Weise überschritten. Es habe sich vielmehr eingehend mit der Gemeinschaftsrechtslage auseinandergesetzt – unvertretbare Rechtsausführungen finden die Karlsruher Richter nicht.
Es sei auch fernliegend, darin einen Eingriff in die Berufsfreiheit des Art. 12 GG zu sehen, dass eine niederländische Versandapotheke im Rahmen ihrer Privatautonomie frei ausgehandelte Rabatte nicht an Dritte weitergeben kann. Dies schließe auch einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG aus.
Mit diesem Beschluss aus Karlsruhe ist ein langjähriger Rechtsstreit beendet. |
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