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Der letzte Versuch

Was ist dran an „Krebsdiäten“?

Von Martin Smollich und Birgit Blumenschein | Gerade im Bereich der Onkologie besitzt die Ernährungsmedizin eine herausragende Bedeutung: Abhängig von der Tumorart sind bereits bei Diagnosestellung 30 bis 90% der Patienten mangelernährt [1, 2]. Von den Tumorpatienten im Krankenhaus weisen 30 bis 40% eine manifeste Mangelernährung auf [3, 4]. Dadurch wird eine häufig ohnehin ungünstige Prognose weiter verschlechtert: So ist die Überlebenszeit mangelernährter Patienten signifikant verkürzt und die Lebensqualität signifikant verschlechtert [2, 5]. Nach der Sepsis, die oft auch direkt von der Mangelernährung begünstigt wird, ist die Kachexie die zweithäufigste Todesursache von Karzinompatienten [2].

Daneben besitzt die Ernährung gerade bei Tumorpatienten häufig eine erhebliche psychologische Bedeutung, weshalb von den Betroffenen oft auch sogenannte „Krebsdiäten“ hoffnungsvoll nachgefragt oder in Eigenregie durchgeführt werden. Einerseits vermitteln bestimmte Ernährungsformen zumindest das subjektive Gefühl, dem Krankheitsverlauf nicht hilflos ausgeliefert zu sein; andererseits werden mit einzelnen Diätformen sogar Heilungshoffnungen bzw. Heilungsversprechen verknüpft. Aus der unübersichtlichen Vielzahl entsprechender „Krebsdiäten“, die in der Laienpresse und in der Ratgeberliteratur kursieren, sollen hier häufige Beispiele vorgestellt und ernährungsmedizinisch eingeordnet werden, um den Patienten kompetent Auskunft geben zu können. Denn so unwissenschaftlich einige dieser Konzepte klingen mögen: In der Beratung krebskranker Patienten sind sie häufig von erheblicher Bedeutung.

Krebs und Ernährung

Bei vielen Krebserkrankungen spielt die Ernährung in mindestens einer der Erkrankungsphasen eine maßgebliche Rolle: bei der Karzinogenese, während der onkologischen Therapie oder im Rahmen der Rehabilitation und Rezidivprophy­laxe [2]. Rund 10% aller Krebsfälle gehen auf einen zu geringen Verzehr von Obst und Gemüse zurück [6] und ca. 35% aller Krebserkrankungen auf andere Formen der Fehlernährung [7]. Den aktuellen Stand des Wissens hinsichtlich einer krebspräventiven Ernährung liefern die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) [8], die gemeinsame Dokumentation des World Cancer Research Founds und des American Institute for Cancer Research [9] sowie die einzelnen Auswertungen der EPIC-Studie [10 –14]. Maßgeblich für die Ernährungstherapie vor, während und nach einer Tumortherapie sind jedoch die Leitlinien der deutschen [15] und der europäischen Fachgesellschaften [16, 17].

„Krebsdiäten“

Tab. 1. Häufig nachgefragte „Krebsdiäten“, unvollständige Auswahl; dargestellt als Ergebnisse einer Online-Suche.
Bezeichnung Treffer-häufigkeita wissenschaftlich belegteWirksamkeit Beurteilung der Diätform
Krebskurnach Breuß 4740 nein schwerwiegende Mangelernährungkann bei Tumorpatienten zu lebensbedrohlichem Gewichtsverlust führendringend abraten
Öl-Eiweiß-Kostnach Budwig 10.200 nein ernährungsphysiologisch unbedenklichder hohe Fettanteil (ca. 50% der Gesamtenergiemenge) stimmt tendenziell mit den aktuellen ernährungsmedizinischen Empfehlungen übereingeeignet, jedoch kann kein Heilungsanspruch vertreten werden
Gerson-Diät 11.400 nein gefährliche Mangelernährungerhebliches Gesundheitsrisiko durch gestörten Elektrolythaushaltdringend abraten
Makrobiotik nach Ohsawa & Kushi 193.000 nein schwerwiegende, hypokalorische Proteinmangelernährungführt zu Mangelerscheinungen bei Vitaminen und Spurenelementenverschlechtert Ernährungsstatus und Prognose bei tumorkachektischen Patientendringend abraten
ketogene Kost bzw. Krebsdiät nach Coy 3200 nein Kohlenhydrat-restriktive oder ketogene Diätformen unter ernährungsmedizinischer Aufsicht mögliches besteht ein Risiko der Verschlechterung des Ernährungszustandskeine aussagekräftigen Belege für einen Prognosevorteil
a Online-Suche über Google, durchgeführt am 13. Januar 2015

Neben diesen wissenschaftlich fundierten Ernährungsempfehlungen existiert ein großer Graubereich an sogenannten „Krebsdiäten“, die insbesondere im komplementärmedizinischen Sektor sowie in der Laienpresse eine bedeutende Rolle spielen [18] (siehe Tabelle 1). Häufig werden diese „Krebsdiäten“ mit gesundheitlichen Vorteilen oder Heilversprechen beworben. Im Gegensatz zur weiten Verbreitung einzelner Diätformen gibt es nur sehr wenig wissenschaftlich valide Untersuchungen, die sich mit möglichen Effekten hinsichtlich Krankheitsprogression oder Mortalität beschäftigen.

Einige dieser Kostformen kommen einer ausgewogenen, krebspräventiven Ernährung sehr nahe, wie sie von den ernährungswissenschaftlichen Fachgesellschaften empfohlen wird. Andere Diätformen dagegen betonen eine extrem einseitige Lebensmittelauswahl, wodurch es zu Defiziten bei der Deckung des physiologischen Energie- und Nährstoff­bedarfs kommen kann. Hierdurch kann sich die Prognose verschlechtern, die Lebensqualität abnehmen und die Durchführbarkeit kurativer oder palliativer Therapieoptionen zunichte gemacht werden. Gerade im Rahmen einer möglicherweise bereits bestehenden Tumorkachexie sind diese einseitigen Diätformen sogar kontraproduktiv und gefährlich. Grundsätzlich können mehrere Bewertungskriterien zur gesundheitlichen Prüfung einer „Krebsdiät“ angewendet werden (siehe Kasten „Bewertungskriterien“).

Bewertungskriterien für „Krebsdiäten“, modifiziert nach [2].

  • Ist der Energiebedarf gedeckt?
  • Ist der Bedarf an essenziellen Makro- und Mikronährstoffen gedeckt?
  • Sind bestimmte Nährstoffe deutlich über- oder unterdosiert?
  • Ist die Ernährungsform als Dauerkost geeignet?
  • Wird eine Heilung der Krebserkrankung postuliert?
  • Führt die Kostform zu nachweisbaren Vorteilen für den Patienten, hinsichtlich …– einer Verbesserung des Ernährungszustandes?– einer Senkung von Morbidität und/oder Mortalität?– einer Verbesserung der Lebensqualität?

„Krebskur – total“ nach Breuß. Der Elektromonteur und Heilpraktiker Rudolf Breuß (1899 –1990) war der Ansicht, dass Krebs durch lokale Blutverarmung entsteht [19]. Die von ihm postulierte Saftkur besteht über 42 Tage ausschließlich aus Gemüsesaft und Tee bei vollständigem Verzicht auf feste Nahrung. Der Tee soll in Abhängigkeit von der Tumorart gewählt werden, so z. B. Augentrosttee bei Augentumoren oder Melissentee bei Hirntumoren. Zudem sollen die Patienten während der Saftkur explizit auf antitumorale Therapien verzichten. Nach einer Tumoroperation soll die Diät über mehrere Monate mit der Erweiterung um Haferschleim, Gemüsesuppe und weitere leichte Speise fortgesetzt werden. In der aktuellen wissenschaftlichen Literatur finden sich keine validen klinischen Daten, die eine positive Wirkung belegen würden.

„Öl-Eiweiß-Kost“ nach Budwig. Nach Überzeugung der Chemikerin und Apothekerin Dr. Johanna Budwig (1908 – 2003) entsteht Krebs durch ein Ungleichgewicht gesättigter und ungesättigter Fettsäuren, wodurch es im Gewebe zu Sauerstoffmangel kommen soll. Durch die Einnahme schwefelhaltiger Proteine und ungesättigter Fettsäuren sollen die an den Sauerstoffmangel angepassten Tumorzellen wieder in den aeroben Stoffwechsel überführt werden [20]. Besonders bekannt ist der „Budwig-Quark“ mit einer Grundmischung aus Quark und Leinöl; als Getränke dienen Sauerkrautsaft sowie Obst- und Gemüsesäfte. Weitere Nahrungsbestandteile sind die Produkte „Linomel“ (Leinsaat-Nuss-Granulat) und „Oleolux“ (Leinöl, Kokosfett, Zwiebel und Knoblauch). Dazu kommen „verbotene“ Lebensmittel wie weißer Zucker, Fleisch und Fisch, Nudeln oder aufgewärmte Speisen. Während in verschiedenen Internet-Foren Heilungsquoten von bis zu 80% verbreitet werden, sind in der wissenschaftlichen Literatur keine Wirksamkeitsnachweise dokumentiert.

Gerson-Diät. Nach Ansicht des Arztes Max Gerson (1881 –1959) entsteht Krebs durch giftige Substanzen in Lebensmitteln, die zu einem Ungleichgewicht von Natrium und Kalium führen. Folglich soll das „schädliche“ Natrium durch eine streng vegetarische und kochsalzarme Kost reduziert werden. Dazu sollen täglich mindestens 10 kg Obst und Gemüse in Form frischer Säfte zugeführt werden; tierische Proteine werden auf ein Minimum beschränkt [21]. Abgerundet wird das Konzept durch drei bis vier Kaffee-Einläufe pro Tag, Injektionen von Leberextrakten sowie die Einnahme verschiedener Supplemente (Pepsin, Kalium, Niacin, Pankre­asenzyme, Lugol’sche Lösung).

Tatsächlich hat das amerikanische National Cancer Institute (NCI) die von Gerson selbst beschriebenen Fälle prüfen lassen, wobei sich kein Hinweis auf eine Wirksamkeit ergab [21, 22]. Spätere Studien konnten teilweise Überlebensvorteile bei den Probanden feststellen, die die Gerson-Diät einhielten [23]. Allerdings halten diese Studien aufgrund erheblicher methodischer Mängel einer wissenschaftlichen Prüfung nicht stand [23, 24]. 2007 wurde in einem Bericht der Fall eines einzelnen Patienten mit malignem Melanom dokumentiert, bei dem es nach Anwendung der Gerson-Diät zu Langzeitüberleben kam [25]. Die wissenschaftliche Aussagekraft eines derartigen Einzelfalls ist jedoch angesichts der – wenn auch sehr seltenen – möglichen Spontanheilung nicht gegeben. Im Gegenzug sind schwere Erkrankungen und mehrere Todesfälle nach konsequenter Anwendung der Gerson-Diät dokumentiert, meist im Rahmen sekundärer Komplikationen nach Hyperkaliämien oder Hyponatriämien [26 - 28]. 2010 konnte eine Studie im Vergleich der Diät mit einer Gemcitabin-Standardtherapie bei Patienten mit Pankreaskarzinom zeigen, dass die Überlebenszeit unter Standardtherapie dreimal länger und die Lebensqualität signifikant höher war als unter der Diättherapie [29]. Ungeachtet dessen werden von den Anhängern dieser Ernährungsform Heilungsraten von bis zu 90% propagiert.

Makrobiotik nach Ohsawa (1893 –1966) und Kushi (1926 – 2014). Bei der Makrobiotik handelt es sich um ein weltanschauliches Lebenskonzept, bei dem die Ernährung eine besondere Rolle einnimmt. Die Verwirklichung dieses Konzeptes soll Gesundheit, Glück und Frieden durch die Wiederherstellung des Gleichgewichts von Yin und Yang bringen. Das Ungleichgewicht von Yin und Yang wird dabei als ursächlich für die Krebsentstehung angesehen.

Im Rahmen der sehr restriktiven Ernährungsvorschriften bestand die ursprünglich empfohlene makrobiotische Ernährung vollständig aus Getreide. Aktuelle Diätformen bestehen zu 50 bis 60% aus Getreide, zu 15 bis 25% aus Gemüse und zu 5 bis 10% aus Bohnen und Algen. Außerdem soll möglichst viel Salz konsumiert und möglichst wenig getrunken werden [30, 31]. Die japanischen Begründer der Diät behaupteten, dass der Mensch Vitamin C selbst produzieren kann, weshalb es nicht zugeführt werden müsse. Medizinische Krebstherapien außerhalb der makrobiotischen Ernährung werden abgelehnt.

In einer retrospektiven Befragung von 23 Patienten mit Pankreaskarzinom, die die makrobiotische Diät befolgt hatten, wurde ein mittleres Gesamtüberleben von 13 Monaten dokumentiert – bei einem mittleren Gesamtüberleben einer rein epidemiologischen Kontrollgruppe von drei Monaten [32]. Allerdings sind diese Daten aufgrund des systematischen Bias nicht aussagekräftig: Eingeschlossen in die Auswertung der Diätgruppe waren nur Patienten, die ohnehin länger als drei Monate überlebt hatten. Eine systematische wissenschaftliche Bewertung der bisher publizierten Fallberichte konnte keinen positiven Effekt der Makrobiotik bei Tumorpatienten nachweisen [33].

Die konsequente Anwendung der makrobiotischen Diät führt als zumeist hypokalorische Ernährung zu Hypoprotein­ämie und Gewichtsverlust [2], außerdem zu Mangelzuständen bei den Vitaminen C, D und B12 sowie bei Zink, Calcium und Eisen [34 – 37]. Gerade bei Patienten mit bereits manifester Tumorkachexie kann diese Diätform zur Verschlechterung des Ernährungsstatus und damit der Gesamtprognose führen.

Ketogene Kost/Krebsdiät nach Coy. Ausgehend von der sogenannten Warburg-Hypothese („Krebszellen gewinnen ihre Energie aus der anaeroben Vergärung von Glucose und sind daher nicht auf Sauerstoff angewiesen“) wurden immer wieder verschiedene Kohlenhydrat-arme Diätformen zur Krebstherapie entwickelt [38]. Der postulierte Wachstumsnachteil für die Tumorzellen soll sich unter anderem daraus ergeben, dass bei reduzierter Kohlenhydratzufuhr weniger Insulin ausgeschüttet und weniger Insulin-like growth factor (IGF-1) gebildet wird; sowohl Insulin als auch IGF-1 können aber die Proliferation von Krebszellen stimulieren [2].

Tatsächlich ist die erhöhte Zufuhr von Fetten (und Proteinen) bei Patienten mit fortgeschrittenen Krebserkrankungen gemäß aktueller ernährungsmedizinischer Mehrheitsmeinung indiziert [39]. Tumorpatienten weisen in ihren gesunden Geweben eine erhöhte Nutzung exogen zugeführter Fette und eine erhöhte Lipidoxidation auf [40]. Die Tumorzellen dagegen nutzen zur Deckung ihres Energiebedarfs bevorzugt Glucose [41].

Die meisten Kohlenhydrat-armen bzw. sogar ketogenen Diäten betrachten raffinierte Kohlenhydrate und Fruktose-­reiche Obstsorten als äußerst ungeeignet und empfehlen außerdem die Einschränkung des Konsums komplexer Kohlenhydrate (z. B. aus Brot oder Kartoffeln). Bei dem von Dr. Coy postulierten Konzept sind täglich 1 g/kg Körpergewicht Kohlenhydrate erlaubt (üblich sind 3 bis 4 g/kg Körpergewicht); zusätzlich sollen Supplemente wie Tocotrienol, Polyphenole, Omega-3-Fettsäuren und Laktat eingenommen werden. Kombinationen dieser Supplemente werden auch als Fertigprodukte vermarktet. Komplettiert wird dieses Konzept durch einen Gen-Test auf Transketolase-like-1-Gen (TKTL1), dessen Expression als Marker für den anaeroben Stoffwechsel von Krebszellen fungieren soll [42].

Zur möglichen Wirksamkeit einer Kohlenhydrat-restriktiven Ernährungsform bei Tumorerkrankungen gibt es zahlreiche In-vitro- und Tierstudien mit widersprüchlichen Ergebnissen [43 – 48]. Aussagekräftige, klinische kontrollierte Humanstudien liegen für diese Diätformen einschließlich der Krebsdiät nach Coy nicht vor [18]. Einzelne Pilotstudien sind aufgrund der sehr geringen Patientenzahlen nicht aussagekräftig [49, 50]. Umgekehrt sind bei stark Kohlen­hydrat-restriktiven Kostformen jedoch gravierende Nebenwirkungen wie Hypoglykämie, Gewichtsverlust und Dehydratation belegt [51].

Auch die Deutsche Krebsgesellschaft sieht derzeit noch keinen Nachweis dafür, dass onkologische Patienten von einer Kohlenhydrat-restriktiven Diät profitieren könnten [52]. Offensichtlich berücksichtigt dieses Konzept die Komplexität des Tumorzellstoffwechsels ebenso wenig wie die erhebliche Adaptionsfähigkeit des Tumorzellgenoms an veränderte Stoffwechsellagen, denn auch Tumorzellen ernähren sich keineswegs ausschließlich von Glucose [18]. Unabhängig von der fraglichen antitumoralen Wirksamkeit ist eine vom Patienten gewünschte, Kohlenhydrat-restriktive Diät aus ernährungsmedizinischer Sicht jedoch durchaus möglich; allerdings sollte dies nur unter ernährungsmedizinischer Aufsicht und bei Gewährleistung der ausreichenden Nährstoffversorgung erfolgen [2]; Heilungsversprechen sollten selbstverständlich zwingend unterbleiben.

Fazit für die Praxis

Obwohl einzelne „Krebsdiäten“ durchaus skurril anmuten, besitzen diese Konzepte für viele Krebspatienten eine hohe Anziehungskraft. Meist wird die Karzinogenese mit laienhaften Vorstellungen dargestellt und postuliert, dass durch einfache Maßnahmen ein bestehendes Defizit ausgeglichen werden kann. Die empfohlenen Diätmaßnahmen sind in Eigenregie durchführbar, wodurch der Patient wieder ein Gefühl von Krankheitskontrolle erhält. Hinzu kommt meist der Hinweis auf empirisch ermittelte, hohe Erfolgsraten. Die Risiken der entsprechenden Diätformen sind für den Laien kaum erkennbar. Vor dem psychologischen Hintergrund einer Krebsdiagnose ist daher auch der Griff nach einem solchen „Strohhalm“ verständlich.

Die Ernährung von Tumorpatienten soll und darf Fett als Nährstoff enthalten. Mit einer entsprechend adäquaten Zufuhrmenge und ungesättigten Fettsäuren in der Auswahl liefern hochwertige Öle, Nüsse und Fettfische zusätzliche Kalorien, die besonders von tumorkachektischen Patienten dringend benötigt werden. Dieser neue Fokus auf einer Fett-Betonung der Ernährungstherapie von Krebspatienten wird durch Hinweise auf positive Effekte hinsichtlich des Gewichtsverlaufs und der Inhibition inflammatorischer Prozesse unterstützt [53 – 55].

Angehörige der Heilberufe sollten Patienten grundsätzlich von Diäten abraten, deren Wirksamkeit nicht nachgewiesen ist, die dafür aber ein ernährungsmedizinisch relevantes Risiko bergen. Denn nicht alle im Internet und in der Laienpresse kursierenden „Krebsdiäten“ folgen dem Prinzip, dass sie „zumindest nicht schaden“. Vielmehr sind einzelne dieser speziellen Diäten durchaus mit erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden, die auch vor dem Hintergrund einer onkologischen Diagnose nicht vollständig ausgeblendet werden dürfen. Um in dieser Situation die Prognose von Krebspatienten optimal zu gestalten, sollte daher stets dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens in Form der ernährungsmedizinischen Leitlinien gefolgt werden [15 –17]. |


Autoren

Prof. Dr. rer. nat. Martin Smollich, Fachapotheker für Klinische Pharmazie, Antibiotic Stewardship-Experte (DGI). 1998 bis 2004 Studium von Biologie und Pharmazie in Münster und Cambridge (UK), 2005 bis 2008 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universitätsfrauenklinik Münster und Promotion über ein Thema zur experimentellen Pharmakotherapie des Mammakarzinoms, 2009 bis 2013 klinische Tätigkeit und pharmakologischer Konsildienst. Seit 2013 Professor und Studiengangsleiter des Studiengangs Clinical Nutrition/Ernährungsmanagement an der Mathias Hochschule Rheine.

Wissenschaftliche Schwerpunkte:

Klinische Ernährung, Klinische Pharmakologie, Arzneimitteltherapiesicherheit und rationale Antiinfektiva-Therapie.

Dipl. med. päd. Birgit Blumenschein, Diätassistentin, 1988 bis 1990 Ausbildung zur staatlich anerkannten Diätassistentin, 1996 bis 2002 Lehrassistentin an medizinischer Fachschule, Fachbereich Diätassistenz, 1997 bis 2003 Studium der Medizinpädagogik an der Charité in Berlin. Seit 2003 selbstständig tätig in eigener Praxis, seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Mathias Hochschule Rheine, Studiengangskoordinatorin des Studiengangs Clinical Nutrition/Ernährungsmanagement, B.Sc.

Wissenschaftliche Schwerpunkte:

Ernährungsmedizin mit den Schwerpunkten Gastroenterologie, Stoffwechsel und Adipositas; Gesundheitsbildung, Betriebliches Gesundheitsmanagement.

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