Prisma

Weißes Salz aus schwarzer Kohle

Ammoniak nutzen, statt in die Luft blasen

cae | Dem in der Weihnachtsbäckerei unentbehrlichen Hirschhornsalz könnte eine neue Karriere als umweltfreundlicher Mineraldünger ­bevorstehen.
Foto: © Thyssenkrupp Steel Europe

Hirschhornsalz – ein Produkt aus Kohle.

Kohle ist aus Pflanzen entstanden, und Pflanzen enthalten außer Kohlenstoff u. a. auch Stickstoff. Dieser geht – im Gegensatz zu Wasserstoff und Sauerstoff – bei der Inkohlung kaum ver­loren, und ist daher in der Kohle mit ein bis zwei Prozent enthalten.

Schon als man Mitte des 19. Jahrhunderts im großen Stil begann, aus Kohle durch trockene Destillation Koks und Gas zu gewinnen, wurden die anfallenden Ammoniumsalze als Düngemittel genutzt. An diese Tradition knüpft die Firma ThyssenKrupp an, indem sie das in den Abgasen einer Kokerei enthaltene Ammoniak in Ammoniumhydrogencarbonat ­(NH4HCO3) verwandelt. Dieses Salz (mit Begleitsubstanzen) wurde früher durch trockene Destillation von Knochen wie Geweihen gewonnen – daher der alte Name Hirschhornsalz. Weil es sich leicht zersetzt und dabei Ammoniak freisetzt, erhielt es die Bezeichnungen Riechsalz und (lat.) Sal volatile. Der Apotheker August Oetker verwendete es, einer Anregung von Justus Liebig folgend, als Hauptbestandteil seines Backpulvers.

Den Zerfall von NH4HCO3 in je ein Molekül NH3 , CO2 und H2O beim Backen hat ThyssenKrupp umgekehrt: Mit zwei ehemaligen Doktoranden der TU Berlin hat die Firma in der Kokerei Schwelgern in Duisburg eine Pilot­anlage in Betrieb genommen, die aus NH3 , CO2 und H2O im Abgas stündlich 13 kg NH4HCO3 produziert – das ergibt im Jahr etwa 100 Tonnen. Geplant ist eine Anlage mit einem Ausstoß von ca. 50.000 t pro Jahr, die vermutlich wirtschaftlich arbeiten würde.

Ammoniumhydrogencarbonat ist ein guter landwirtschaftlicher Dünger, der insbesondere in Ostasien ausgebracht wird. Der Hauptrohstoff, Knochen von Schlachttieren, wird hierzulande hauptsächlich in Kraftwerken verbrannt. Sie könnten ebenfalls für die Gewinnung von NH4HCO3 genutzt werden, wenn dieses sich in der Produk­tion und Anwendung als konkurrenzfähig gegenüber anderen Mineral­düngern erweist. |

Quelle

www.thyssenkrupp-steel-europe.com, Pressemeldung vom 13.11.2015

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