Prisma

Flüssigbiopsien verfeinern Diagnostik

Zirkulierende Tumor-DNA verrät ­gefährliche Mutationen

cae | Für die Detektion und Analyse von im Blut zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) hat sich im Englischen die Bezeichnung „liquid biopsy“ ein­gebürgert. Innovative ctDNA-Tests ergänzen die klassischen ­Biopsien und zeigen z. B. an, ob im konkreten Fall eine frühe Therapie mit Aromatasehemmern indiziert ist oder nicht.
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Auch Tumorzellen können zugrundegehen und hinterlassen dann ihre DNA im Blut. Diese ctDNA ermöglicht die Flüssigbiopsien.

Die mit einer Blutprobe entnommene ctDNA kann mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion vermehrt und anschließend analysiert werden; in den USA sind solche Tests, die eine individualisierte Therapie ermöglichen, schon seit 2013 zugelassen und auf dem Markt (therascreen® von Qiagen; vgl. DAZ 2014, Nr. 9, S. 6). Soeben wurden zwei Studien publiziert, die sich mit der Anwendung der Flüssigbiopsie bei hormonsensitiven Tumoren von Männern und Frauen befassen: beim Prostatakarzinom und beim Mammakarzinom.

Das Wachstum des Prostatakarzinoms lässt sich durch die chirurgische oder medikamentöse Kastration stoppen, oft allerdings nur vorübergehend. Wenn der Tumor und seine Metastasen wieder zu wachsen beginnen, besteht eine Therapieoption darin, die Patienten mit den erst 2011 bzw. 2013 zugelassenen Arzneistoffen Abirateron und Enzalutamid zu behandeln, die die Androgensynthese hemmen bzw. den Androgenrezeptor auf Tumorzellen blockieren. Doch auch diese Arzneistoffe werden unwirksam, wenn die Tumorzellen die Synthese von Androgenrezeptoren vervielfachen oder Varianten synthetisieren, an die Enzalutamid weniger gut bindet. Die mutierte Tumor-DNA, die diesen Veränderungen zugrunde liegt, lässt sich im Blut detektieren, bevor die Resistenzen manifest werden. So könnte der Patient bereits in einem frühen Stadium der Tumorprogression eine Chemotherapie erhalten, die derzeit die letzte Therapieoption darstellt.

Das Wachstum des Mammakarzinoms wird bei etwa drei Vierteln der Patientinnen durch Estrogene beschleunigt. Nur diese hormonsensitiven Patientinnen profitieren von der Behandlung mit Aromatasehemmern, die die Synthese der Estrogene blockieren (Anastrozol, Letrozol, Exemestan). Doch auch bei ihnen versagt die Therapie, wenn der Estrogenrezeptor-α (ERα) seine Struktur geringfügig verändert. Die zugrundeliegende Mutation des codierenden Gens ESR1 ist nun mithilfe eines ctDNA-Tests nachweisbar. Bei der Auswertung der Krankengeschichten der getesteten Personen zeigte sich, dass ESR1-Mutationen nur bei denjenigen Frauen auftraten, die erst in einem fortgeschrittenen Tumorstadium mit Aromatasehemmern behandelt worden waren. Demnach schützt der frühe Einsatz dieser Arzneistoffe vor einer Resistenzentwicklung.

Wenn prospektive klinische Studien die Beobachtung bestätigen, dass Flüssigbiopsien im frühen Tumorstadium die Arzneitherapie und folglich auch die Prognose der Patienten deutlich verbessern können, dürften sie künftig routinemäßig zum Einsatz kommen. |

Quellen

Schweizer MT, Antonarakis ES. Liquid biopsy: Clues on prostate cancer drug resistance. Sci Transl Med 2015;7:312fs45

Schiavon G, et al. Analysis of ESR1 mutation in circulating tumor DNA demonstrates evolution during therapy for metastatic breast cancer. Sci Transl Med 2015;7:313ra182

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