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Mehr als die Summe der Kompetenzen
Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist zentrales Thema der klinischen Pharmazeuten
Der Tagungsort Leipzig hatte bereits im Juli dieses Jahres durch die Gründung des Zentrums für Arzneimittelsicherheit (ZAMS) auf sich aufmerksam gemacht. Dr. Roberto Frontini, Leiter der Leipziger Krankenhausapotheke und gemeinsam mit dem DGKPha-Vorsitzenden Prof. Dr. Thilo Bertsche im Direktorium des ZAMS, unterstrich, dass nur durch gemeinsames Können das Beste für den Patienten erreichbar sei. Zwischen den Berufsgruppen genauso wie zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor sollten keine Barrieren geschaffen werden. Er verwies zudem darauf, dass 2014 in Europa zum ersten Mal weltweit Ärzte, Apotheker, Pflegende und Patienten gemeinsam Statements zur Krankenhauspharmazie entwickelt haben.
Kooperationswille vorhanden
Der Kooperationswille der Berufsgruppen wurde bei der Tagung in Leipzig auch durch die Rednerliste deutlich: Sowohl Apotheker als auch Ärzte berichteten über Projekte zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit und legten ihre Sichtweise einer gelungenen Zusammenarbeit dar.
Interdisziplinäre AMTS-Projekte werden z. B. in Heidelberg untersucht, wie Prof. Dr. med. Walter E. Haefeli vom dortigen Universitätsklinikum berichtete. So kann ein Medikationsplan zum Kommunikationsinstrument werden: Mithilfe von grafisch unterstützten Hinweisen zu Dosierung und Anwendung auf dem Medikationsplan lassen sich Arzneimittelinformationen effektiver transportieren, ohne dass sich die Dauer des Patienten-Arzt-Gesprächs erhöht. Das Aktionsbündnis „Sichere Arzneimittelanwendung Rhein-Neckar-Kreis Heidelberg“ hat im Rahmen dieses Projekts eine Homepage (www.nimmsrichtig.de) entwickelt, auf der Patienten ihren eigenen Medikationsplan erstellen können.
Als weiteres Beispiel nannte Haefeli eine interdisziplinäre Intervention, durch die auf einer Intensivstation der Anteil inkompatibler Infusionen von 5,8 auf 1,2 Prozent gesenkt werden konnte. Bei diesen Untersuchungen wurde eines deutlich: „Nur multidisziplinäre AMTS-Projekte sind erfolgreich.“
Weitere Optimierung nötig
Dass sich die Arzt-Apotheker-Kooperation in den Krankenhäusern immer weiter, wenn auch nicht so schnell wie gewünscht, verbessert, darauf verwies Dr. Holger Knoth, Direktor der Apotheke des Dresdner Universitätsklinikums. So berichten bereits 80 Prozent aller Krankenhausapotheken, dass ihre Apotheker regelmäßig an Visiten teilnehmen. Nach wie vor bestehen jedoch Schnittstellenprobleme, z. B. bei Verschreibungen. Darüber hinaus müsse die Ausbildung der Pharmazeuten für den klinischen Bereich noch deutlich spezialisierter ausfallen. Auch gelte es, den ökonomischen Nutzen der Arbeit des Apothekers am Patientenbett noch besser herauszustellen. So konnte eine Untersuchung am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf zeigen, dass das Konzept des Stationsapothekers mit Unit-dose-Versorgung kostengünstiger war als die traditionelle Versorgung.
Ärzte wünschen sich von Apothekern Unterstützung im Bereich evidenzbasierter Entscheidungen, stellte Prof. Dr. med. Martin Scherer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf heraus. Der Apotheker solle Partner sein, auf keinen Fall dürfe die Kommunikation über den Patienten laufen. Er beschrieb die Möglichkeit, dass Ärzte bei Rückfragen durch Apotheker eine „Alarm- und Abwehrhaltung“ an den Tag legen, besonders, wenn zuvor kein Kontakt bestanden hat. Um dies zu vermeiden, seien ein langfristiger Beziehungsaufbau und Arbeitsbündnisse wichtig. „Eine getrennte Erfassung der Medikation durch Ärzte und Apotheker ist Ressourcenvergeudung. Gerade Multimorbidität und Polymedikation fordern Pharmazie und Medizin als Team.“
Bessere Vernetzung gefordert
In der Podiumsdiskussion, an der auch ABDA-Präsident Friedemann Schmidt teilnahm, wurde der Nutzen der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker sowie der Wunsch nach deren Intensivierung von allen Seiten bestätigt. Angestrebt werden gemeinsame Lehrveranstaltungen von Medizin- und Pharmaziestudierenden und eine bessere Vernetzung auch zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich. Auch sollte noch mehr über Initiativen wie ARMIN berichtet werden, um die positiven Ergebnisse solcher Pilotprojekte einer breiteren Öffentlichkeit zu vermitteln.
Patientenorientierte Gesprächsführung
Aspekte einer gelungenen Kommunikation vermittelte Dr. Frauke Hornemann vom Sozialpädiatrischen Zentrum der Uniklinik Leipzig. Guter persönlicher Kontakt, Begegnungen auf Augenhöhe und eine klare Aufgabenverteilung können dazu beitragen, die Distanz zwischen Arzt und Apotheker zu verringern. Eine stimmige Kommunikation – sowohl interprofessionell als auch mit dem Patienten – kann dann gelingen, wenn man sich in die Situation des anderen einfühlt und sich bewusst macht, dass Kommunikation immer Ursache und Wirkung ist. Für eine patientenorientierte Gesprächsführung kann die WWSZ-Regel hilfreich sein: Durch Warten, Wiederholen, Spiegeln und Zusammenfassen des Gesagten erhält der Patient das Gefühl, verstanden und ernstgenommen zu werden.
Poster und Kurzvorträge
Zahlreiche Nachwuchswissenschaftler erhielten die Möglichkeit, ihre Ergebnisse als Poster oder in Kurzvorträgen zu präsentieren. Dabei zeigte sich eine große Bandbreite der klinisch-pharmazeutischen Forschung mit Themen wie: Untersuchung multiprofessioneller Versorgungsnetzwerke im ambulanten Gesundheitssektor, rationaler Einsatz von Antiinfektiva in der Neurologie; Analyse der Indikationen und Verordnungshäufigkeiten von Protonenpumpenhemmern.
Erstmals wurden in diesem Jahr auch Posterpreise verliehen. Diese gingen an Sindy Burjanko vom Krankenhaus Freiberg, Daniela Burau von der Freien Universität Berlin sowie Claudia Greissing vom Klinikum Konstanz.
Ausbildungs-Standards überarbeitet
Der hohe Stellenwert der Kommunikation wurde auch während des Workshops der Fachgruppe Klinische Pharmazie der DPhG deutlich. Bei der Überarbeitung der 2004 erarbeiteten Standards zur universitären Ausbildung im Fach Klinische Pharmazie wurde ein neuer mit aufgenommen: In Zukunft soll im Studium die Informationsvermittlung noch stärker trainiert werden. Dies soll die angehenden Apotheker besser darauf vorbereiten, pharmazeutische Inhalte praxisrelevant weiterzugeben. Dafür ist die Beherrschung verschiedener „Sprachen“ erforderlich: die der Ärzte, der Pfleger und der Patienten. |
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