Arzneimittel und Therapie

Omega-3-Fettsäuren nutzen bei Depressionen nur wenig

Cochrane-Review sieht nur geringen Effekt

Omega-3-Fettsäuren werden heutzutage stark damit beworben, sich positiv auf die Gesundheit und eine Vielzahl von Erkrankungen auszuwirken. Diverse Präparate mit Omega-3-Fettsäuren finden sich auch als Nahrungsergänzungsmittel in der Apotheke. Ein systematischer Cochrane-Review hat sich nun damit befasst, die Effekte von Omega-3-Fettsäuren auf die depressive Symptomatik von Erwachsenen zu analysieren – mit ernüchterndem Resultat.
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Omega-3-Fettsäuren scheinen bei Depressionen nur einen sehr geringen Effekt zu haben, so das Ergebnis eines Cochrane-Reviews. Es liegen nicht genug relevante hochwertige Daten vor, um den Einsatz bei Depressionen zu befürworten.

Natürliche Omega-3-Fettsäuren (ω-3-Fettsäuren) sollen entzündungshemmende Eigenschaften besitzen und der Entwicklung von Depressionen entgegenwirken. Bisher fehlt jedoch ein eindeutiger Mechanismus, der diese mögliche antidepressive Wirksamkeit belegt. Bekannt ist, dass Personen mit psychiatrischen Erkrankungen oft Funktionsstörungen im Stoffwechsel ungesättigter Fettsäuren zeigen. Auch weisen Patienten mit Depressionen oder Schizophrenie geringere Werte an Omega-3-Fettsäuren auf, wie der Eicosapentaensäure oder Docosahexaensäure. Omega-3-Fettsäuren finden sich in fettigen Fischen, Meeresfrüchten oder Nüssen. Tatsächlich diagnostizieren Ärzte vor allem in Ländern mit hohem Fischöl-Konsum seltener depressive Erkrankungen. Diese Forschungsergebnisse lassen eine klinische Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren bei depressiven Störungen vermuten.

Britische Forscher der Universität Bournemouth haben nun die derzeit verfügbaren Studien mit Omega-3-Fettsäure-haltigen Präparaten zur Behandlung depressiver Symptome untersucht. Im Rahmen dieser systematischen Analyse wurden die Ergebnisse von insgesamt 26 relevanten randomisierten klinischen Studien ausgewertet: In 25 Studien mit 1438 Teilnehmern wurden die Effekte von Nahrungsergänzungsmitteln mit Omega-3-Fettsäuren gegenüber Placebo verglichen, und in einer Studie mit 40 Teilnehmern wurde die Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren gegenüber Antidepressiva verglichen. In der Tat zeigten Personen nach Einnahme von Supplementen weniger depressive Symptome als jene Patienten, die mit Placebo behandelt wurden. Jedoch fiel der positive Effekt der Omega-3-Fettsäuren insgesamt so gering aus, dass der therapeutische Nutzen bei Depression laut Meinung der Autoren wenig sinnvoll erscheint. Zudem seien die Daten von nur geringer bis sehr geringer Qualität, da die meisten verfügbaren Studien geringe Patientenzahlen einschlossen, sodass sich Fragen zur Übertragbarkeit in die therapeutische Praxis stellen. Die in diesem Cochrane Review erzielten Resultate sind daher mit besonderer Vorsicht zu bewerten, wobei die tatsächlichen positiven Effekte der Omega-3-Fettsäuren wohl noch geringer einzuschätzen sind, so die Autoren des Reviews. Als problematisch sehen die Autoren auch, dass die Analyse durch die Ergebnisse von drei größeren Studien maßgeblich beeinflusst wird, die mehr als die Hälfte aller Teilnehmer einschlossen.

Fazit

Zum jetzigen Zeitpunkt fehlen relevante und hochwertige Studiendaten, die den Einsatz von Omega-3-Fett­säuren bei depressiven Patienten rechtfertigen. Solange die klinische Studien­lage weiterhin keine ausreichende Evidenz für den Einsatz von Omega-3-Fettsäuren bei Depressionen liefert, sollte die Selbstmedikation mit entsprechenden Präparaten stets kritisch hinterfragt werden. Derzeit existiert auch keine abschließende Bewertung zur optimalen Dosierung oder wirksamen Fettsäure-Zusammensetzung. Entsprechend fehlt Omega-3-Fett­säuren-haltigen Präparaten auch die Indikation zur Anwendung bei psychiatrischen Erkrankungen. Da Omega-3-Fettsäuren jedoch erwiesenermaßen gut verträglich und derzeit keine klinisch relevanten Interaktionen bekannt sind, scheint ein ärztlich kontrollierter Therapieversuch zusätzlich zur antidepressiven Standardtherapie im Einzelfall akzeptabel. |

Quelle

Appleton KM, Sallis HM, Perry R, Ness AR, Churchill R. Omega-3 fatty acids for depression in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2014;5: Art. No.: CD004692

Apotheker Dr. André Said

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