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Apotheke und Markt
Mit „kletterndem Heu“ gegen Husten
Porträt der Arzneipflanze Efeu
Botanisch betrachtet ist Efeu eine immergrüne und holzige Kletterpflanze aus der Familie der Araliaceae. Insgesamt gibt es 15 verschiedene Efeu-Arten, die in Europa, Nordafrika und bis nach Ostasien beheimatet sind [1]. Die Pflanze wächst vor allem in feuchten Wäldern in West-, Mittel- und Südeuropa sowie in den Mittelmeerländern [2]. Sie besitzt aufgrund ihrer Kletterwurzeln die Fähigkeit, krautig und flächendeckend zu wuchern, kann sich aber auch an Felsen, Zäunen, Bäumen oder Hausmauern emporranken. Immergrüner Efeu wird bis zu mehrere hundert Jahre alt und gilt daher in vielen Kulturen als Wahrzeichen für die Ewigkeit und für Treue. Bei den Ägyptern war Efeu dem Osiris, im antiken Griechenland dem Dionysos, dem Apoll und den Musen geweiht; daher bekränzte man Dichter mit Efeu [3].
Woher der Efeu seinen Namen hat
Das deutsche Wort Efeu lässt sich vermutlich auf den altsächsischen Wortstamm „ebah“ oder „ifig“ zurückführen, der so viel wie „Kletterer“ bedeutet. Auch zu dem Wortstamm „Heu“ von althochdeutsch „ep-höu“ oder „ebe-höu“ werden Verbindungen gesehen. Kombiniert man dies, steht der Name Efeu somit für „Kletterlaub“ oder „Kletterndes Heu“. Der botanische Name Hedera helix leitet sich vermutlich vom griechischen Begriff hédra (Sitz) ab, weil die Pflanze auf dem Baum „sitzt“. Helix kommt vom griechischen „helissein“: winden, drehen. Denn Efeu windet sich um einen Halt, z. B. den Baumstamm, herum. Anders als häufig fälschlicherweise angenommen, nutzt Efeu den Baum dabei nur als Kletterhilfe, nicht jedoch als Nahrung!
Bis zu 20 Meter lang
Efeupflanzen können bis zu 20 Meter lang werden und besitzen zwei Arten von Trieben. Die Haftwurzeln werden nur von kletternden Trieben gebildet, deren glänzende und tiefgrüne Blätter drei oder fünf Ecken aufweisen und auf der Unterseite hellgrün erscheinen. Von gleicher Farbe sind auch die zugespitzten und ovalen Blätter, die an Trieben wachsen, die keine Kletterwurzeln bilden, sondern die Efeublüten hervorbringen. Diese halbkugelförmigen Dolden sind von gelbgrüner Farbe und blühen im September und Oktober. Nach dem Winter bilden sich aus den Blüten schwarzblaue und für den Menschen giftige Beeren [1].
Arzneipflanze mit langer Tradition
Die Karriere des Efeus als Arzneipflanze begann so früh wie seine Verwendung als Wahrzeichen. Bereits Hippokrates (ca. 460 bis 370 v. Chr.) erkannte den Wert der immergrünen Kletterpflanze und setzte ihre Wurzeln, Blätter und Früchte ein, um daraus Arzneimittel gegen Fieber, Gicht, Lungenleiden und zahlreiche andere Erkrankungen herzustellen [4]. Ab dem 16. Jahrhundert wurde mehr und mehr die Bedeutung des Efeus für die Behandlung von Atemwegserkrankungen erkannt. Im 19. Jahrhundert stand nach mündlicher Überlieferung der Zufall Pate bei einer Entdeckung, die auf die Spur der heutigen schulmedizinischen Anwendung von Efeu bei Husten führte: Einem französischen Arzt fiel auf, dass Kinder einer bestimmten Region im Süden Frankreichs seltener an Husten litten als ihre Altersgenossen. Auf der Suche nach dem Grund hierfür, stieß er auf eine Gemeinsamkeit der Kinder: Sie tranken ihre Milch aus Efeuholz-Bechern. Der Arzt erkannte den Zusammenhang mit der Arzneipflanze, auch wenn er nicht sagen konnte, wie und warum der Efeu bei Husten wirkt.
Wichtige Inhaltsstoffe …
Mittlerweile sind sowohl die wichtigsten Inhaltsstoffe des bei uns medizinisch genutzten Arznei-Efeus (Hedera helix Linné) sowie deren molekulare Wirkmechanismen gut untersucht. Wirksamkeitsmitbestimmend sind Triterpensaponine (u. a. Hederacosid C, alpha-Hederin), Flavonoide (u. a. Quercitin, Kämpferol, Rutin, Nicotiflorin) und Phenolcarbonsäuren (u. a. Chlorogensäure, Dicaffeoylchinasäure) [5]. Sie vermitteln bronchospasmolytische, sekretolytische und antiinflammatorische Effekte. Efeu ist damit in der Lage, festsitzenden Schleim, z. B. bei einer akuten Bronchitis im Rahmen einer Erkältung, zu lösen und das Abhusten zu erleichtern. Gleichzeitig soll er dank der zusätzlich bronchospasmolytischen Komponente antitussiv wirken und aufgrund der antiinflammatorischen Bestandteile auch den Heilungsprozess fördern.
Enthalten sind Saponine wie Hederacosid C, alpha-Hederin und Hereragenin vor allem in Efeublättern. Diese Blätter sind es daher auch, die heute als Ausgangsstoff für die Gewinnung von Efeuextrakt Verwendung finden. Um Efeublätter-Trockenextrakt zu erhalten, werden die Blätter getrocknet und mit einem Gemisch aus Wasser und Alkohol gespült, um die Inhaltsstoffe herauszulösen. Anschließend wird der Alkohol entfernt und das verbleibende Konzentrat getrocknet.
... und die Wirkmechanismen
Zu den bislang für Efeu nachgewiesenen molekularen Mechanismen gehört, dass das Hederasaponin alpha-Hederin in der Lage ist, β2-Rezeptoren an der Internalisierung zu hindern. Dies hat eine gesteigerte β2-adrenerge Erregbarkeit an Bronchialmuskel- und Alveolarepithelzellen und somit einen indirekten β2-sympathomimetischen Effekt zur Folge. Somit wird in den Bronchialmuskelzellen eine gesteigerte Dilatation erreicht und in Alveolarepithelzellen mehr Surfactant produziert [6, 7]. Dies führt zur Schleimlösung und Expektoration sowie in der Folge zu einem hustenreizlindernden Effekt. Für einzelne Substanzen des Efeus wurden antiinflammatorische Effekte gezeigt [8].
Klinisch belegte Wirksamkeit
Auch auf klinischer Ebene zählt Efeu zu den gut untersuchten Arzneipflanzen. Ein spezieller Efeublätter-Trockenextrakt (EA 575®, in Prospan®) wurde in Studien mit mehr als 65.000 Patienten [9, 10] – Erwachsene und Kinder – mit akuten und chronischen Atemwegserkrankungen untersucht. Der Efeublätter-Trockenextrakt erwies sich dabei sowohl als wirksam als auch als sehr gut verträglich. Neben placebokontrollierten Studien finden sich auch Untersuchungen, die eine Nicht-Unterlegenheit gegenüber etablierten chemischen Expektoranzien (ACC, Ambroxol) nahelegen. Eine detaillierte Zusammenfassung dieser Studien ist aktuell im „Journal Planta Medica“ als Open Access Artikel verfügbar [9].
Literatur
[1] Bäumler, Heilpflanzen Praxis heute. Elsevier (2007)
[2] Van Wyk, Wink, Wink, Handbuch der Arzneipflanzen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart (2004)
[3] Czygan FC, Hedera helix Linné - Der Efeu. Zeitschrift für Phytotherapie (11): 133-138 (1990)
[4] Stauss-Grabo M, Atiye S, Efeu-eine traditionelle Heilpflanze in der modernen Phytotherapie. Zeitschrift für Phytotherapie (30): 289-291 (2009)
[5] Wichtl, Teedrogen und Phytopharmaka. 5. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart (2009)
[6] Runkel F, Prenner L, Häberlein H. In-vitro Studien: Ein Beitrag zum Wirkmechanismus von Efeu. Pharmazeutische Zeitung (150): 19-25 (2005)
[7] Sieben A, Prenner L, Sorkalla T,Wolf A, Jakobs D, Runkel F, Häberlein H. α-Hederin, but not hederacoside C and hederagenin from Hedera helix, affects the binding behaviour, dynamics, and regulation of β2-adrenergic receptors. Biochemistry (48): 3477–3482 (2009)
[8] Assessment report on Hedera helix L. / EMA / HMPC / 289432 / 2009
[9] Lang C, Röttger-Lüer P, Staiger C, A Valuable Option for the Treatment of Respiratory Diseases: Review on the Clinical Evidence of the Ivy Leaves Dry Extract EA 575®. Planta Medica. , 2015; 81:968-74
[10] Lang C, Staiger C, Wegener T, Efeu in der pädiatrischen Praxis. Zeitschrift für Phytotherapie 2015, eFirst: DOI http://dx.doi.org/10.1055/s-0041-105237
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