Schwerpunkt Labor

Herstellung von Augentropfen

Praxistipps für die Apothekenrezeptur

Foto: Sergey Nivens – Fotolia.com
Von Ronja Wittmann | Mit der neuen Apothekenbetriebsordnung aus dem Jahr 2012 gibt es keine Liste mehr, aus der hervorgeht, mit welchen Geräten eine Apotheke ausgestattet sein muss, um Arzneimittel ordnungsgemäß herstellen und die hergestellten Arzneimittel und Ausgangsstoffe nach den anerkannten Regeln prüfen zu können. Kirsten Seidel und Ronja Wittmann haben es sich daher zur Aufgabe gemacht, ein Buch über die Ausstattung einer Apothekenrezeptur zu schreiben, das eine Hilfestellung bieten soll, um Rezeptur und Labor mit erforderlichen Geräten auszurüsten. Aufgeführt werden vor allem die Geräte, die die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands als wesentlich für die Apothekenrezeptur erachtet. Als Vorabdruck und Auszug aus dem Buch „Apothekenrezeptur: Ausstattung und Praxistipps“, das demnächst im Deutschen Apotheker Verlag erscheinen soll, veröffentlichen wir nachfolgend das Kapitel „Materialien zur Herstellung von Augentropfen“ von Ronja Wittmann.

Aus der bestimmungsgemäßen Anwendung von Augentropfen am Auge ergeben sich einige spezielle Anforderungen an die Rezeptur und deren Herstellung.

Dazu gehört die Bedingung, dass Arzneimittel zur Anwendung am Auge steril sein müssen. Des Weiteren sollen wässrige Augentropfen möglichst isoton sein und einen reiz­freien pH-Wert aufweisen. Da sowohl die Tonizität als auch der pH-Wert gleichzeitig von unterschiedlichen Wirk- und Hilfsstoffen beeinflusst werden können, empfiehlt sich, wenn möglich, die Herstellung von standardisierten Rezepturen aus dem NRF.

Allgemeines

Euhydrie beschreibt den Kompromiss zwischen der Verträglichkeit des pH-Wertes für das Auge und dem optimalen pH-Wert für die Stabilität der einzelnen Bestandteile in einer Rezeptur. Der reizfreie pH-Bereich für das Auge liegt ungefähr zwischen pH 7,3 und 9,7.

Konservierung: Augentropfen werden in der Regel mit Konservierungsmitteln versetzt. Nicht konserviert werden dürfen Augentropfen für chirurgische Eingriffe oder zur Anwendung am verletzten Auge. Auf eine Konservierung kann verzichtet werden, wenn Einzeldosenbehältnisse verwendet werden, da dort nicht die Gefahr der mikrobiologischen Kontamination bei Anwendung durch den Patienten besteht.

Partikelfreiheit: Augentropfen müssen frei von Partikeln sein.

Sterilität: Da die meisten Packmittel für die Sterilisation im Endbehältnis nicht geeignet sind und die Thermostabilität der Lösungen nicht hinreichend bekannt ist, müssen Augentropfen in der Apotheke unter aseptischen Bedingungen hergestellt werden.

Arbeitsweise

Abfüllung der Augentropfen: Sofern eine LAF-Bank zur Verfügung steht, werden die Augentropfen unter dieser in die sterile Augentropfenflasche filtriert. Wird außerhalb einer LAF-Bank gearbeitet, wird eine sterile Augentropfenflasche in einer verschweißten Plastiktüte verwendet. Die Plastiktüte wird an der voraussichtlichen Einstichstelle desinfiziert und mit der Kanüle durchstochen. Zwei bis drei Tropfen der Lösung werden neben die Flasche gegeben, um eventuell vorhandenes Plastik in der Kanülenspitze zu entfernen. Ohne die Kanüle aus der Tüte zu ziehen wird nun die Augentropfenlösung in die Flasche filtriert. Nach Entfernen der Kanüle wird die Flasche in der Tüte verschlossen. Erst dann wird die Verpackung geöffnet.

Einstellung Tonizität: Die Einstellung der Tonizität erfolgt in der Regel mit Natriumchlorid oder Borsäure. Falls in der Rezeptur nicht angegeben, kann die notwendige Menge an Isotonisierungsmittel berechnet werden. Angaben hierzu finden sich im DAC. Bei der Wahl des Isotonisierungsmittels muss beachtet werden, dass Borsäure zusätzlich einen Einfluss auf den pH-Wert hat.

Konservierungsmittel: Für eine genaue Dosierung der zumeist geringen Mengen an Konservierungsmittel in den Rezepturen empfiehlt sich die Verwendung einer höher konzentrierten Stammlösung.

Inprozesskontrollen: Die Intaktheit des Spritzenvorsatzfilters wird nach erfolgter Filtration mithilfe des Bubble-Point-Tests nach DAC überprüft. Hierfür wird der Filter zunächst mit Wasser gespült und vollständig benetzt. Anschließend werden 10 ml Luft in eine 10-ml-Spritze aufgezogen und durch den Filter (mit Kanüle) in ein Becherglas mit Wasser gedrückt. Dabei darf erst bei einem Volumen von < 2 ml der Austritt eines kontinuierlichen Luftblasenstroms erkennbar sein. Für ölige Augentropfen gilt (je nach Grundlage) ein höherer Grenzwert. Bei nicht bestandenem Bubble-Point-Test (Luftblasenstrom bereits vor Komprimierung der Luft in der Spritze auf unter 2 ml; auch nach einmaliger Wiederholung der Prüfung) muss die Lösung mit einem neuen Spritzenvorsatzfilter erneut filtriert werden.

Als weitere Inprozesskontrolle ist die Überprüfung des pH-Wertes anzuraten. Da für die Prüfungen nur verbleibende Restmengen zur Verfügung stehen, empfiehlt sich für die Bestimmung des pH-Wertes die Verwendung von pH-Indikatorpapier anstelle eines pH-Meters.

Mehransatz: Es ist ein Mehransatz von 20% empfehlenswert, um den Verlust von Lösung beim Filtrieren auszu­gleichen.

Spritzen: Es empfiehlt sich Spritzen mit Luer-Lock-Adapter zu verwenden, auf die der Spritzenvorsatzfilter aufgeschraubt werden kann, da dies einen besseren Halt des Filters auf der Spritze gewährleistet.

Sterilfiltration: Nach Herstellung der Augentropfenlösung wird diese durch einen Spritzenvorsatzfilter mit einer Porenweite von 0,2 µm direkt in die Augentropfenflasche filtriert. Die Wahl des Filtermaterials orientiert sich dabei an den Eigenschaften (hydrophil oder lipophil) der zu filtrierenden Lösung. Dabei ist darauf zu achten, dass nach Aufsetzen des Filters eine frische Kanüle verwendet wird.

Suspensionsaugentropfen können in der Apotheke nicht hergestellt werden. Eine Filtration würde zu einem Verlust des suspendierten Wirkstoffes führen, während bei einer Hitzesterilisation das Kristallwachstum nicht kontrolliert werden kann.

Viskositätserhöhung: Da die Wirkung von Augentropfen auch durch die kurze Verweildauer im Auge limitiert wird, kann die Wirkung durch eine Erhöhung der Viskosität und einer dadurch verlängerten Verweildauer gesteigert werden. Zur Viskositätserhöhung können zum Beispiel quellfähige Cellulosederivate verwendet werden. Da es bei zu hoher Viskosität zu Schwierigkeiten bei der Sterilfiltration kommen kann, kann zunächst nur die Augentropfenlösung sterilfiltriert und mit einer zuvor sterilisierten viskositätserhöhenden Stammlösung beispielsweise mit dem Drei-Spritzen-Prinzip gemischt werden. Zu beachten ist dabei, dass die Menge an Wasser um den entsprechenden Anteil in der viskositätserhöhenden Stammlösung korrigiert wird.

Die Augentropfenlösung wird hierzu mit einer Kanüle in eine erste Spritze aufgezogen und nach Aufsetzen eines Spritzenvorsatzfilters in eine zweite Spritze sterilfiltriert. Die zweite Spritze wird dabei über einen doppelt weiblichen Luer-Lock-Adapter mit dem Spritzenvorsatzfilter verbunden. In eine dritte Spritze wird die zuvor sterilisierte, viskositätserhöhende Stammlösung aufgenommen, die erste Spritze samt Filter von der zweiten Spritze entfernt und die dritte mit der zweiten Spritze über einen Luer-Lock-Adapter verbunden. Durch wechselseitiges, kräftiges Hin- und Herdrücken der Spritzenkolben wird die Zubereitung gemischt. Anschließend werden die fertigen Augentropfen ohne weiteren Filtrationsschritt aseptisch in die sterile Augentropfenflasche überführt.

Vorbereitung und Sterilisation der benötigten Materia­lien: Da Augentropfen zwingend frei von Partikeln sein müssen, werden alle zur Anfertigung der Rezeptur benötigten Glasgeräte mit Wasser gespült. Zur Keimreduktion werden sie nach Möglichkeit bei 160 °C in der Heißluft sterilisiert.

Wenn die Augentropfenflaschen unsteril bezogen wurden, müssen diese zwingend sterilisiert werden. Dabei werden die Augentropfenflaschen an sich bei 160 °C in der Heißluft sterilisiert, während der Tropfaufsatz aufgrund seiner mangelnden Hitzeresistenz im Autoklaven bei 121 °C sterilisiert werden muss.

Erhältliches Zubehör

Abb. 1

Augentropfenflaschen, steril verpackt:

Augentropfenflaschen inklusive Tropfaufsatz mit einem Volumen von 10 ml können schon sterilisiert einzeln in einer Tüte verschweißt bezogen werden (Abb. 1). Die Braunglasflaschen sind aus Glas der hydrolytischen Klasse I gefertigt.



Abb. 2

Augentropfenquetschflaschen, steril verpackt:

Neben den Braunglasflaschen mit Tropfaufsatz gibt es Augentropfenquetschflaschen aus Polyethylen mit einem Schraubverschluss aus Polypropylen (Abb. 2). Diese Flaschen sind besonders für ölige Augentropfen geeignet.





Fotos: Wepa Apothekenbedarf

Abb. 3a

Augentropfenmontur, unsteril:

Unsterile Braunglasflaschen (Abb. 3a) sind mit, je nach abzufüllender Lösung, unterschiedlichen Tropfaufsätzen erhältlich, die eine genaue Dosierung wässriger, alkoholischer und öliger Lösungen ermöglichen.





 

Abb. 3b

Die abgebildeten Tropfaufsätze (Abb. 3b) sind aus Chlorbutyl. Der rote Tropfaufsatz ist geeignet für ölige Lösungen, während der blaue Tropfaufsatz für alkoholische Lösungen verwendet wird. Des Weiteren sind Tropfaufsätze aus Brombutyl für wässrige Lösungen erhältlich. Das gesamte Material ist sterilisierbar bis 121 °C.






Abb. 4

Redipac-Einzeldosisbehältnisse:

Hierbei handelt es sich um Einzeldosisbehältnisse für Augentropfen (Abb. 4) aus Polypropylenmit einem Volumen von 1 oder 2 ml, die nach der Befüllung mit dem Redipac Verschließgerät verschlossen werden müssen (Abb. 5). Als Einzeldosisbehältnisse eignen sie sich für die Abfüllung von unkonservierten Augentropfen.



Abb. 5

Abb. 6

Spritzenvorsatzfilter

zur Sterilfiltration von Augentropfenlösungen (Abb. 6) haben eine Porenweite von 0,2 µm und sind für einen sicheren Halt auf der Spritze mit einem Luer-Lock-Adapter versehen. Sie werden einzeln steril verpackt bezogen. Je nach Eigenschaften der Lösung lassen sich Filter aus unterschiedlichen Materialien beziehen. Für ölige Lösungen stehen Filter mit einer PTFE-Membran zur Verfügung. Zur Filtration von wässrigen Augentropfenlösungen werden Filter mit einer Membran aus Celluloseacetat, Polyethersulfon oder Polyamid verwendet.

Abb. 7


Set für Sterillösungen: Das Set eignet sich auch zur Herstellung von kleineren Mengen Augentropfen von z. B. 1 ml (Abb. 7). Die fertigen Augentropfen können in eine zweite Spritze filtriert werden, die dann verschlossen und als Endbehältnis an den Patienten abgegeben wird. Das Set umfasst folgende Materialien:


  • 5 × 10 ml-Spritze und 10 × 1 ml-Spritze mit Luer-Lock-­Adapter
  • 5 sterile Luer-Lock-Adapter zum Verbinden zweier Spritzen, wovon eine mit einem Filter versehen ist, mit Luer-Lock-Adapter, damit die Augentropfenlösung von der ersten in die zweite Spritze filtriert werden kann.
  • 5 sterile Verschlüsse, mit denen die gefüllte abgabefertige Spritze verschlossen werden kann.
  • 5 Millex Sterilfilter zur Filtration wässriger Lösungen
  • 5 Sterilfilter aus PTFE zur Filtration öliger Lösungen

Abb. 8


Spritzen:

Um einen sicheren Halt des Spritzenvorsatzfilters auf der Spritze zu gewährleisten, sollten Spritzen mit einem Luer-Lock-Ansatz (Abb. 8) verwendet werden, auf den der Spritzenvorsatzfilter fest aufgeschraubt werden kann. |








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