Arzneimittel und Therapie

Was ist eigentlich Lupus erythematodes?

Alles über ein Chamäleon mit Schmetterlingsflügeln

Der Lupus erythematodes (LE) ist eine entzündliche, häufig systemische Autoimmunerkrankung und gehört zur Gruppe der Kollagenosen. Typische Hautveränderungen sind häufig, allerdings können auch Organe wie Herz und Nieren befallen sein. Verschiedene Triggerfaktoren sind bekannt, je nach Befallsmuster können die Krankheitsverläufe erheblich variieren. LE ist nicht heilbar, in schweren Fällen therapiert man mit Prednisolon und Immunsuppressiva.

In Deutschland gibt es laut BDI (Berufsverband Deutscher Internisten) rund 60.000 Lupus-Patienten. Über 80% der Betroffenen sind Frauen, die vorzugsweise zwischen Pubertät und Wechseljahren erkranken. In 10 –15% der Fälle beginnt der systemische LE im Kindes- und Jugendalter, eine „late onset“ Form tritt nach dem 55. Lebensjahr auf (w : m = 2 : 1). Pro Jahr kommt es in Deutschland zu 5 –10 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner.

Komplexer Pathomechanismus

Ätiologisch beruht der Lupus erythematodes wahrscheinlich auf genetisch induzierten Anomalien des Immunsystems. Folgen sind beispielsweise eine vermehrte Apoptose mit reduzierter Clearance abgestorbenen Zellmaterials, eine erhöhte Adhäsion von Leukozyten an Gefäßendothelien und eine erhöhte Produktion von Interleukinen. Gemeinsamer Nenner des komplexen Pathomechanismus ist der entzündliche Befall der Haut und des Gefäßbindegewebes von Organen mit einer (Peri-)Vaskulitis der kleinen Arterien und Arteriolen, verbunden mit der Ablagerung von Immunkomplexen an der Basalmembran. Man geht davon aus, dass verschiedene Faktoren die Erkrankung triggern können, z. B.

  • UV-Bestrahlung,
  • zahlreiche Medikamente wie z. B. Hydralazin, Methyldopa, Procainamid, Chinidin, Terbinafin, Isoniazid, Chlorpromazin, Phenytoin, Trimethadion, Propylthiouracil, Sulfazalasin und Penicillamin,
  • viszerale Grunderkrankungen wie z. B. Tuberkulose, Hepatitis, Nierenerkrankungen, Traumen, Gravidität, psychischer Stress.

Kutane und systemische Verläufe

In der Regel verläuft der Lupus erythematodes chronisch bzw. in Schüben, zwischen denen monatelange Remissionsphasen liegen können. Je nach Befallsmuster lassen sich kutane (CLE) und systemische Formen (SLE) unterscheiden, wobei die Klassifizierung vor allem der CLE international nicht unumstritten ist. Zu beachten ist, dass ein kutaner prinzipiell in einen systemischen Lupus erythematodes übergehen kann. Dementsprechend vielgestaltig kann die klinische Symptomatik auftreten (s. Tab. 1).

Tab.1: Klinische Symptomatik bei Lupus erythematodes
Allgemeinbeschwerden (ca. 95%) Fieber, Schwäche, Gewichtsverlust, Lymphadenopathie
Muskel-/Gelenkbeschwerden
  • Polyarthritis (ca. 80%), gelegentlich mit Subluxationen
  • Myositis (ca. 40%)
Organmanifestationen
  • kardiopulmonal (60 – 70%): Pleuritis und/oder Perikarditis, Befall der Koronargefäße mit erhöhtem KHK-/Infarktrisiko, sog. Libman-Sachs-Endokarditis
  • Nierenbefall (60 – 70%), sog. Lupus-Nephritis: Glomerulonephritis unterschiedlicher Morphologie, als Folge chronische Niereninsuffizienz und/oder renaler Bluthochdruck
  • neurologische Veränderungen (ca. 60%): fokal mit Zirkulationsstörungen (Vigilanzdefizite, Apoplexsymptomatik, zerebrale Krämpfe) oder diffus (eher psychiatrische Auffälligkeiten, MRT o. B.)
Hautveränderungen (ca. 80%)
  • „Schmetterlingserythem“: unscharf begrenztes Erythem an Wangen und Nasenrücken unter Aussparung der Nasolabialfalten
  • fleckige oder diffuse Erytheme (v. a. an Finger- und Zehenendgliedern)
  • leuchtend rote Papeln mit Schuppenbildung und Hyperkeratose
  • scharlachähnliche, großflächige oder bullöse Exantheme (v. a. der oberen Rücken- und Brustpartien)
  • Teleangiektasien an Fingerspitzen und Nagelfalz
  • Kopfhautbefall mit vernarbender Alopezie
  • Lichtempfindlichkeit mit Auftreten von Hautveränderungen nach Lichtexposition
Schleimhautveränderungen Ödematöser, livider Befall der Mundschleimhaut, auch mit flächigen Erosionen und Ulzerationen an Gaumen und Wangenschleimhaut.

Je nach Organmanifestation ist beim SLE der renale, kardiale oder zerebrale Verlauf prognosebestimmend. Der „drug-induced lupus“ zeigt ein weniger dramatisches Bild und beschränkt sich zumeist auf eine Polyarthritis, Pleuritis/Perikarditis sowie auf Hautsymptome. Die Prognose für den sog. diskoiden Lupus erythematodes ist günstig, da in 95% der Fälle nur die Haut betroffen ist.

An immunologischen Befunden stehen vor allem ein hoher Titer antinukleärer Antikörper (ANA) sowie Anti-DNS-Antikörper im Vordergrund. Oft kommt es auch zu einer autoantikörperinduzierten Zytopenie (Leukozytopenie, hämolytische Anämie).

Als Basismedikation ist (Methyl-)Prednisolon als Standardtherapie allgemein akzeptiert, wobei die Höhe der Initialdosis von der Krankheitsaktivität abhängig ist. In leichteren Fällen mit Haut- und/oder Gelenkbefall können NSAR und Hydroxychloroquin mit einer passageren Steroidgabe im entzündlichen Schub kombiniert werden.

In schweren Fällen mit Befall lebenswichtiger Organe ist eine hochdosierte Prednisolon-Stoßtherapie indiziert, die nicht selten mit der Gabe von Immunsuppressiva kombiniert werden muss (Azathioprin, MTX oder Cyclosporin A). Bei lebensbedrohlicher Organmanifestation, etwa bei Lupus-Nephritis, kann auch eine Cyclophosphamid-Bolustherapie erforderlich sein. Als erstes „Biological“ ist der monoklonale IgG1λ-Antikörper Belimumab zur Gabe bei SLE zugelassen, wenn trotz Standardtherapie immer noch eine Krankheitsaktivität besteht.

Ein konsequenter Lichtschutz mit hoher Protektion im UVA- und UVB-Bereich versteht sich von selbst. Ungeachtet erheblich variabler Verläufe beträgt die 10-Jahresüberlebensrate des SLE heute im Schnitt über 90%. |

Clemens Bilharz, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin

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