DAZ aktuell

Liste zu Impfstoff-Engpässen ist online

Paul-Ehrlich-Institut schaltet Übersicht frei und informiert über Alternativen

BERLIN (ks) | Seit dem 9. Oktober bietet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf seiner Webseite eine Übersicht zu Lieferengpässen bei Humanimpfstoffen gegen Infektionskrankheiten. Da gerade auch bei Impfstoffen immer wieder Lieferschwierigkeiten auftreten, war eine solche Liste wiederholt gefordert worden.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat sie bereits seit April 2013: eine regelmäßig aktualisierte Liste, die Lieferengpässe für Humanarzneimittel aufführt. Hersteller können hier freiwillig melden, wenn Engpässe absehbar sind oder bestehen und mitteilen, wann diese Probleme voraussichtlich behoben sein werden. Seit letzter Woche führt auch das für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel zuständige PEI eine Engpass-Übersicht. Die neue Liste ist abrufbar unter www.pei.de/lieferengpaesse-impfstoffe-human.

Foto: PEI

Nicht hübsch, aber informativ Das PEI hat eine Übersicht zu Lieferengpässen bei Impfstoffen auf seiner Website online gestellt. Sie soll ständig an die aktuelle Situation angepasst werden.

Zulassungsinhaber und Hersteller haben Meldung zugesagt

An der BfArM-Liste wird immer wieder kritisiert, dass die Meldung der Engpässe durch die Hersteller hier freiwillig erfolgt. Die PEI-Liste basiert nun ebenfalls auf Informationen der Zulassungsinhaber. Ausdrücklich stellt das PEI klar, dass es in der Verantwortung des pharmazeutischen Unternehmers liegt, eine Meldung für die Engpass-Übersicht vorzunehmen. Allerdings hätten sich die Zulassungsinhaber, Verbände und Hersteller „entsprechend ­einem Konzept und einer Verbindlichkeitserklärung zur Meldung von Lieferengpässen an das PEI verpflichtet“. Danach ist ein vorhersehbarer Lieferengpass – etwa aufgrund einer Umstellung von Produktionsanlagen – spätestens sechs Monate vorher zu melden; ein unvorhersehbarer Engpass, zum Beispiel infolge eines Chargenausfalls, muss unverzüglich gemeldet werden.

In der Liste sind Lieferengpässe von Human-Impfstoffen veröffentlicht, die zum Schutz vor und/oder zur Behandlung von Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Ziel der Seite sei, so das PEI, einen Überblick darüber zu geben, ob Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten nach den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) zur Verfügung stehen. Deshalb werden etwa Tumor-Impfstoffe oder therapeutische Impfstoffe, z. B. gegen Alzheimer, nicht gelistet.

Einen Lieferengpass definiert das PEI als „eine über voraussichtlich zwei ­Wochen hinausgehende Unterbrechung einer Auslieferung im üblichen Umfang oder eine unerwartete, deutlich vermehrte Nachfrage, der nicht angemessen nachgekommen werden kann“. Die Übersicht enthält jene Impfstoffe, die unter diese Definition fallen – derzeit (Stichtag: 13.10.2015) sind dies 16. Sie wurden von nur zwei Herstellern gemeldet: GlaxoSmithKline und Sanofi Pasteur MSD. So hat SPMSD bekanntermaßen seit einiger Zeit Probleme mit seinen Pertussis-haltigen Impfstoffen. Aber auch GSK hat Schwierigkeiten – etwa mit Havrix® und Infanrix®. Die PEI-Liste enthält überdies solche Impfstoffe, bei denen nur einzelne Packungsgrößen von einem Engpass betroffen sind, das waren diese Woche zwei: Fluenz Tetra 1 x 0,2 ml Nasenapplikator von Astra Zeneca und Infanrix Hexa (10 × Fertigspritzen + 10 × Durchstechflaschen) von GSK.

Handlungsempfehlungen folgen

Die Liste führt zudem auf, wann der jeweilige Impfstoff voraussichtlich wieder verfügbar sein wird. Überdies sind bei einigen Impfstoffen in der Rubrik „Zusatzinformationen“ alternative Impfstoffe genannt. Bei anderen Vakzinen, für die keine Alternativen verfügbar sind, soll es Handlungsempfehlungen des Robert Koch-Instituts bzw. der STIKO geben. Diese sind noch nicht vollständig erarbeitet, sollen laut PEI aber zeitnah ergänzt werden.

Das PEI betont ferner, dass nur solche Impfstoffe gelistet sind, die von den entsprechenden Zulassungsinhabern derzeit vermarktet werden. Die Übersicht enthält zudem keine Angaben zu Impfstoffen, die von Parallelvertreibern (meist unter gleichem Namen) auf den Markt gebracht werden.

Laut PEI soll die Webseite nun ständig der aktuellen Situation angepasst werden, um Ärzten, Apothekern und betroffenen Patienten raschen Zugang zu diesen Informationen zu verschaffen. Kritik und Anregungen zur Liste nimmt das PEI ebenfalls entgegen – sie wird als Mail an presse@pei.de ­erbeten. |

Grüne bohren bei Engpässen nach

Lieferengpässe sind ein Problem, das auch die Politik mit Sorge verfolgt. Allerdings fehlt es bislang an Tatkraft. Die Bundestagsfraktion der Grünen hakt nun mit einer Kleinen Anfrage bei der Bundesregierung nach: Sie will wissen, welche Maßnahmen sie gegen Arzneimittel-Lieferengpässe ergreifen will.

Laut Arzneimittelgesetz müssen Pharmahersteller und der Großhandel für zugelassene, im Verkehr befindliche Medikamente eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung sichern, stellen die Grünen eingangs fest. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: In den vergangenen Jahren sei es immer wieder zu Lieferengpässen gekommen, vor allem bei Onkologika und Antibiotika. Auch bei Impfstoffen werde immer wieder über Lieferschwierigkeiten berichtet. Dabei verweisen die Grünen auf Berichte aus der „Welt“, der „Bild“ – und der DAZ.

Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung nun unter anderem wissen, ob gesetzliche Regelungen geplant sind, um solche Lieferengpässe zu verhindern. Zudem wollen sie erfahren, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Transparenz über Engpässe zu erhöhen. Auch ob es Überlegungen gibt, die bisher freiwillige Meldung von Lieferschwierigkeiten verpflichtend zu machen. Sie fragen zudem, ob es Pläne gibt, die Meldepflicht auf Großhändler und „ausgewählte große Krankenhausapotheken“ auszuweiten, um „eine vollständige Informiertheit des BfArM sicherzustellen“. Außerdem möchten die Grünen wissen, ob es stimme, dass die Regierung plane, mehr „Arzneimitteldirektverträge“ zwischen den Krankenkassen und den Herstellern zu ermöglichen. Weiter fragen sie, wie diese Verträge ausgestaltet sein sollen, damit dadurch Lieferengpässe vermieden werden können. Auf die Antworten der Regierung darf man gespannt sein.

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