Erkältung

Meistens banal, manchmal tückisch

Wenn eine einfache Erkältung einen komplizierten Verlauf nimmt

Foto: Viacheslav Iakobchuk – Fotolia.com
Von Clemens Bilharz | Der Begriff „Erkältung“ ist eine alltagssprachliche, medizinisch jedoch nicht scharf definierte Bezeichnung für einen unkomplizierten akuten Atemwegsinfekt. Primär betroffen sind die Schleimhäute des Nasen- und Rachenraums. In der Regel von Viren ausgelöst, gilt die Erkältung oder der grippale Infekt zunächst als Bagatellerkrankung. Je nach Virulenz des Erregers und Immunlage des Patienten kann es allerdings zu einer Ausbreitung oder sogenannten Superinfektion kommen. Bei einer Hirnhaut- oder Herzmuskelentzündung zum Beispiel ist Vorsicht geboten.

Streng genommen ist der Begriff „Erkältung“ irreführend. Pathogenetisch liegt der Erkrankung kein Wärmeentzug durch niedrige Temperaturen, Zugluft oder Nässe zugrunde, sondern stets eine Infektion – was nicht zuletzt auch einen potenziellen Verlauf mit Erkältungskomplikationen erklärt (s. Kasten „Vom eiskalten Händchen zum Schnupfen?“). Nicht zu verwechseln ist die Erkältung oder der grippale Infekt mit der echten Grippe (Influenza), die mit einer deutlich höheren Morbidität und Mortalität einhergeht.

Verursacht wird eine Erkältung in den meisten Fällen viral, je nach Literatur liegt die Häufigkeit zwischen 70 und 90%. In Deutschland sind Erwachsene im Schnitt drei- bis viermal pro Jahr betroffen, Kinder im Vorschulalter vier- bis achtmal. Bei Erwachsenen besonders verbreitet sind Atemwegsinfekte durch Rhinoviren, Coronaviren, Respiratory Syncytial Virus, Coxsackie-A-/-B-Viren, Influenza- und Parainfluenza-Viren sowie Adenoviren.

Nach dem Eindringen in die Schleimhaut setzen die Erreger zunächst Aggressine wie z. B. Exotoxine und Proteasen frei, die lokal Gewebe zerstören und zum Zelltod führen. Impedine bewirken dann die Umgehung der angeborenen Immunität durch molekulare Mimikry und Hemmung der Phagozytose. Mithilfe von Modulinen werden schließlich proinflammatorische Zytokine wie Interleukin 1, Interferon γ und Tumornekrosefaktor freigesetzt.

In der Regel beginnt eine Erkältung im Nasopharynx ­(Nasen-Rachen-Raum) und ist daher durch die initialen Symptome Schnupfen, Husten und Halsschmerzen gekennzeichnet. Der weitere Verlauf ist abhängig von der Ausbreitungsrichtung der Erreger. Ihre Deszendenz führt zunächst zu einer akuten Bronchitis, ihre Aszendenz zu einer akuten Sinusitis, wobei die Übergänge zumeist fließend sind.

Vom eiskalten Händchen zum Schnupfen?

Kälte allein kann keine Erkältung auslösen, auch wenn ihr erstes Symptom meist die subjektiv unangenehme Empfindung ist „zu frösteln“. Dieses Kältegefühl ist vielmehr die Folge einer Infektion bzw. Immunreaktion: Mediatoren veranlassen die Thermoregulation im Hypothalamus dazu, die Körperkerntemperatur zu erhöhen. Diese Sollwertverstellung hat zur Folge, dass der Körperperipherie „Wärme entzogen“ wird – durch Minderdurchblutung und somit Abkühlung der Extremitäten und der Haut. Das Kältezittern führt häufig zur Gänsehaut durch Aufstellen der Körperbehaarung (medizinisch: Piloerektion).

Allerdings kann Kälte durchaus einen Risikofaktor für Erkältungskrankheiten darstellen:

  • Durch die geringere Luftfeuchtigkeit bei Kälte werden die Schleimhäute der Atemwege trockener und somit anfälliger für Infektionen. Die Kälte als solche hemmt die Selbstreinigung des respiratorischen Flimmerepithels, was zusammen mit einer Verengung der kleinen Bronchien ebenfalls die Entstehung von Infekten fördern kann.
  • Bestimmte Erreger finden in kalter Umgebung bessere Überlebensbedingungen. Wie eine Anfang 2015 publizierte Studie aus Yale zeigt, reagierten die Epithelzellen der Atemwege von Mäusen nach einer Infektion mit Rhinoviren in der Lunge (Körperkerntemperatur 37 °C) mit einer deutlich stärkeren antiviralen Immunantwort als in der Nasenhöhle (33 bis 35 °C).
  • Kälte erhöht das Ansteckungsrisiko indirekt, da sich Menschen bei kalter Witterung häufiger in Gebäuden, in schlechter gelüfteten Räumen und damit in der Nähe bereits infizierter Mitmenschen aufhalten.

Rhinosinusitis

Da die Schleimhäute der Nase und Nasennebenhöhlen fast immer gemeinsam betroffen sind, sprechen die deutschen Leitlinien durchgängig von einer „Rhinosinusitis“. Im Gegensatz zum häufig allergisch bedingten chronischen Verlauf wird die akute Rhinosinusitis durch den gestörten Sekretabfluss verursacht und durch die gestörte Ventilation der Nasennebenhöhlen. Man schätzt, dass es in Deutschland im Schnitt bei Erwachsenen zu zwei bis fünf und bei Schulkindern zu sieben bis zehn akuten Rhinosinusitiden kommt.

Auch wenn das klinische Beschwerdebild erheblich variieren kann, sind dennoch folgende Symptome typisch:

  • verstopfte Nase mit Enge- oder Druckgefühl,
  • gesteigerte und oft eitrige nasale bzw. retronasale Sekretion,
  • Verminderung bis Verlust des Geruchssinns,
  • Schmerzen im Oberkiefer- und Stirnbereich, Schmerzzunahme bei Vornüberbeugung,
  • je nach Ausmaß des Infekts Halsschmerzen, Husten und Heiserkeit,
  • allgemeine Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, „Krankheitsgefühl“.

Je nach Klassifikation wird eine akute Rhinosinusitis diagnostiziert, wenn die Symptomatik maximal acht bzw. zwölf Wochen andauert. Verschlimmern sich die Beschwerden nach einer initialen Erholung wieder, spricht dieser biphasische Verlauf für eine bakterielle Superinfektion, meist mit Haemophilus influenzae oder Streptococcus pneumoniae. Warnzeichen für einen komplizierten Verlauf sind Nasenbluten, starke Kopf- und Gesichtsschmerzen, anhaltendes Fieber, orbitale Schwellungen, Sehstörungen, Exophthalmus, neurologische Ausfälle sowie Lethargie. Gefährliche Verläufe sind mit einer Häufigkeit bei Erwachsenen von etwa 1:10000 selten, unterscheiden lassen sich

  • orbitale Komplikationen wie eine eitrige Knochenentzündung mit Abszessbildung unter dem Periost bis hin zur Orbitalphlegmone,
  • intrakranielle Komplikationen: epidurale oder subdurale Abszesse, Meningitis, Enzephalitis, Sinusvenenthrombose.

In Bezug auf konservative Therapieoptionen bei akuter Rhinosinusitis erscheint die Datenlage eher heterogen. Basierend auf Studien unterschiedlicher methodischer Qualität werden symptomlindernde und/oder kurative Effekte unter anderem folgenden Substanzen zugeschrieben: Myrtol und Cineol, Extrakten aus Pelargonium sidoides, Gentiana-­Extrakten (siehe Artikel „Der richtige Zeitpunkt: Bei Erkältungskomplikationen rechtzeitig zum Arztbesuch raten“ auf S. 36 in dieser Ausgabe“). Topische nasale Corticosteroide können zumindest bei rezidivierend auftretenden akuten (sowie chronischen) Rhinosinusitiden die nasale Obstruktion sowie Kopf- und Gesichtsschmerzen vermindern.

Aufgrund der überwiegend viralen Genese der akuten Rhinosinusitis ist die routinemäßige Verordnung von Antibiotika nicht gerechtfertigt. Eine Indikation besteht bei Nachweis von Bakterien, starken Schmerzen mit erhöhten Entzündungszeichen, vor allem hohem Fieber, sowie anderen Verdachtsmomenten für Komplikationen, etwa im CT oder MRT. Mittel der ersten Wahl sind Amoxicillin (3 × 500 mg/Tag) oder Azithromycin (500 mg/d) bzw. Cephalosporin, z. B. Cefuroxim (2 × 250 mg/d).

Meningitis

Außer den primär neurotropen Viren, etwa dem Varizellen-Zoster-Virus, können auch die viralen Erreger von Atemwegsinfekten hämatogen zu den Hirnhäuten gelangen. Die akute virale Meningitis (synonym aseptische Meningitis) wird in unseren Breiten am ehesten von Coxsackie-A-/-B-Viren, Echo- und Arboviren verursacht. Nach einer Inkubationszeit von fünf bis zehn Tagen zeigen sich zunächst die typischen grippalen Beschwerden, dann setzen die eher neurologischen Symptome ein wie Kopf- und Nackenschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Licht- und Lärmscheu sowie Nackensteifigkeit (Meningismus). Greift die Entzündung auf das Gehirn über (Meningoenzephalitis), kann es zusätzlich zu Vigilanz- und/oder kognitiven Störungen kommen, aber auch zu Herdsymptomen wie epileptischen Anfällen, Lähmungserscheinungen und Sprachstörungen. Insgesamt jedoch zeigt das klinische Bild eine deutlich geringere Intensität als bei einer bakteriell verursachten Meningitis bzw. Meningoenzephalitis. Meist klingt die akute Symptomatik auch ohne spezifische Therapie nach Tagen bis wenigen Wochen ab. Um zwischen einer viralen oder bakteriellen Genese zu unterscheiden, empfiehlt neben anderen Fachgesellschaften auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie den Procalcitonin-Test (s. Kasten „Für alle Fälle ein Antibiotikum?“).

„Für alle Fälle“ ein Antibiotikum? – Der Procalcitonin-Test

Procalcitonin (PCT) wird als Hormonvorstufe des Calcitonins in der Nebenschilddrüse gebildet. Unter physiologischen Bedingungen im Serum nur in geringen Mengen vorhanden, steigt der Spiegel im Rahmen bakterieller Infekte stark an – getriggert durch Toxine und Entzündungsmediatoren. Dieser Effekt erlaubt die Nutzung von Procalcitonin als Biomarker und dadurch zwischen einer bakteriellen und viralen Infektion schnell und zuverlässig zu unterscheiden.

Während das C-reaktive Protein auch bei akuten viralen Erkrankungen ansteigen kann, wird in der Regel eine niedrige PCT-Konzentration gemessen. Ab einem Wert von 0,5 ng/ml ist eine bakterielle Infektion als Ursache möglich, ab 2,0 ng/ml besteht ein hohes Risiko, eine schwere systemische Infektion im Sinne einer Sepsis zu entwickeln.

Somit lassen sich mithilfe des PCT-Tests die Verordnungen von Antibiotika sinnvoll steuern und dadurch nicht indizierte antibiotische Behandlungen verringern.

Besteht der Verdacht auf eine Meningoenzephalitis durch Viren der Herpesgruppe, muss sofort ein Antiherpetikum verabreicht werden, in der Regel Aciclovir. Vor allem bei schwer verlaufender Enzephalitis können stationär spezielle Maßnahmen erforderlich sein wie zum Beispiel

  • eine Osmotherapie bei Hirnödem,
  • die Gabe von Glucocorticoiden bei kritischem Ansteigen des intrazerebralen Drucks,
  • eine antikonvulsive Therapie bei epileptischen Anfällen,
  • die Gabe von Analgetika bzw. Sedativa, wobei Neuroleptika wie Haloperidol eine Senkung der Krampfschwelle bewirken können.

Otitis media

Durch eine aufsteigende Infektion über die Nase oder Eustachi-Röhre (Verbindung zwischen Paukenhöhle und Nasenrachen) kann es auch zu einer schmerzhaften Entzündung der Schleimhäute des Mittelohres kommen. Fast jeder akuten Otitis media geht eine virale Infektion der oberen Atemwege voraus. Betroffen sind vor allem Kinder, die kumulative Prävalenz während der ersten sechs Lebensjahre betrug in einer deutschen Kohortenstudie 61,4%. Die häufigsten Erreger sind Respiratory-Syncytial-Viren, Influenza- und Parainfluenzaviren sowie Rhino-, Adeno- und Enteroviren. Allerdings lassen sich bei mehr als der Hälfte der Kinder gleichzeitig bakterielle Erreger nachweisen, vor allem Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis.

Pathologisch-anatomisch findet sich eine hyperämisierte und ödematöse Schleimhaut mit entzündlichem Infiltrat und eitrigem Exsudat in der Paukenhöhle. Typische Symptome und Befunde sind

  • meist plötzlich einsetzende Ohrenschmerzen,
  • Schwerhörigkeit,
  • ein vorgewölbtes Trommelfell bei Paukenerguss,
  • reduzierter Allgemeinzustand mit Fieber und Abgeschlagenheit, aber auch Unruhe und Reizbarkeit,
  • vor allem bei Kleinkindern zwanghafter Griff zum Ohr.

Hierbei stellen die starken Ohrenschmerzen das Kardinalsymptom dar, das bei der akuten Otitis media in der Regel den größten Leidensdruck verursacht. Unabhängig von anderen möglichen Maßnahmen ist daher auch und gerade bei Kindern unverzüglich eine adäquate systemische Schmerzbehandlung einzuleiten. Als Standardanalgetika gelten Paracetamol und Ibuprofen, wobei letztere Substanz aufgrund ihrer antiphlogistischen Wirkung von einigen Untersuchern als überlegen eingeschätzt wird. Lokale Analgetika zu applizieren, wird ausdrücklich nicht empfohlen. Ebenso wenig konnte ein objektiver Nutzen von schleimhautabschwellenden Nasentropfen bei akuter Otitis media nachgewiesen werden. Dennoch kann ihre Anwendung bei noch bestehender Rhinosinusitis Erleichterung verschaffen, zumal Kinder nach Abschwellung der Nasenschleimhaut erfahrungsgemäß wieder besser schlafen und mehr Flüssigkeit zu sich nehmen.

Bei der akuten Otitis media handelt es sich in der Regel um eine selbstlimitierende Erkrankung, die in nahezu 80% der Fälle innerhalb von zwei bis sieben Tagen spontan ausheilt. Daher sollte – abgesehen von Kleinkindern unter sechs Monaten – auf eine sofortige Gabe von Antibiotika verzichtet werden. Selbst bei Fieber und/oder Erbrechen ist es laut der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin vertretbar, die ersten 24 bis 48 Stunden unter Beobachtung des Kindes abzuwarten und erst bei weiterhin bestehenden Ohrenschmerzen und/oder einer Verschlechterung seines Zustands ein Antibiotikum zu verabreichen. Mittel der ersten Wahl ist Amoxicillin 50 mg pro kg Körpergewicht (KG) und Tag in zwei bis drei Einzeldosen über fünf bis sieben Tage, alternativ ein Cephalosporin wie z. B. Cefuroximaxetil 20 bis 30 mg pro kg KG und Tag. Als weitere Indikationen für eine sofortige Antibiotikatherapie gelten

  • Alter unter zwei Jahren mit bilateraler akuter Otitis media (auch bei nur geringen Ohrenschmerzen und Temperatur < 39,0 °C),
  • eine akute Otitis media mit mäßigen bis starken Ohrenschmerzen oder Temperatur ≥ 39,0 °C,
  • persistierende eitrige Otorrhö,
  • Risikofaktoren, z. B. Immunsuppression, schwere Begleit- oder Grunderkrankungen, rezidivierende Infekte, Down-Syndrom, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, Cochlea-Implantat-Träger.

Bronchitis

Breitet sich die Erkältung von den oberen auf die unteren Atemwege aus, kommt es in der Regel zu einer akuten Bronchitis. Neben der viralen Genese können auch Bakterien wie Mykoplasmen und Chlamydien die Ursache sein. In den meisten Fällen ist der Übergang fließend, sodass sich zunächst kaum eine typische Symptomkonstellation zeigt, die eine klare Abgrenzung zwischen den oberen und unteren Atemwegen ermöglichen würde. Zu den genannten Erkältungsbeschwerden wie Halsschmerzen oder nasale Sekretion kommen Symptome dazu wie

  • stärkerer Hustenreiz, je nach Intensität mit retrosternalen Schmerzen,
  • zäher, nur bei bakterieller Superinfektion eitriger Auswurf,
  • Krankheitsgefühl, Leistungsknick, Dyspnoe,
  • Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen.

Entgegen der oft geäußerten Befürchtung ist gelblich oder grünlich verfärbter Auswurf zwar ein Indikator für eine entzündliche Reaktion, aber nicht notwendigerweise ein Zeichen für eine bakterielle Infektion. Dasselbe gilt für das bei einer akuten Bronchitis nicht selten auftretende Fieber, auch hier besteht keine Indikation für einen sofortigen Einsatz von Antibiotika. In diesem Zusammenhang zeigten verschiedene Erhebungen auch in Deutschland, dass behandelnde Ärzte die patientenseitige Erwartung, ein Antibiotikum verschrieben zu bekommen, immer wieder überschätzen.

Wie die akute Rhinosinusitis wird auch die akute Bronchitis symptomatisch behandelt – siehe Artikel "Der richtige Zeitpunkt" auf S. 36.

Pneumonie

Auch wenn sich häufig kein eindeutiges klinisches Sym­ptommuster zeigt, können folgende Befunde den Verdacht auf eine Lungenentzündung stützen, die aus einer Erkältungskrankheit hervorgegangen ist:

  • schweres Krankheitsgefühl,
  • Dyspnoe mit erhöhter Atemfrequenz und Thorax­schmerzen,
  • Husten, oft mit rötlich-braunem Sputum,
  • Tachykardie, eventuell mit arterieller Hypotonie,
  • abgeschwächter Klopfschall bei großem pneumonischem Infiltrat oder Pleuraerguss,
  • auskultatorisch fein- bis mittelblasige klingende Rassel­geräusche,
  • als Hauptkriterium im Thorax-Röntgenbild (zwei Ebenen) oder CT ein neu aufgetretenes pneumonisches Infiltrat.

Wenn die Lungenentzündung weder nosokomial (in der Klinik) erworben noch durch andere Faktoren hervorgerufen wurde, etwa durch die Aspiration von Magensaft oder bei chronischer Herzinsuffizienz (Stauungspneumonie), spricht man von einer ambulant erworbenen Pneumonie (CAP = community-acquired pneumonia).

Die häufigsten bakteriellen Erreger der CAP bei Erwachsenen sind Streptococcus pneumoniae (30 bis 50%), Haemophilus influenzae (bis 10%) und Chlamydia pneumoniae (bis 10%); auch Infektionen mit Mykoplasmen und Legionellen sind nicht selten. Wegbahnend für bakterielle Superinfektionen können auch pneumotrope Viren sein, wie Influenza-/Parainfluenza-Viren, Adenoviren, Coronaviren und humane Metapneumoviren (hPMV).

Klinisch stabile CAP-Patienten unter 65 Jahren und ohne ernsthafte Komorbidität können ambulant bzw. hausärztlich behandelt werden. In allen anderen Fällen sollte die Behandlung zumindest initial stationär durchgeführt werden.

  • Mittel der Wahl bei Patienten ohne weitere Risikofaktoren ist Amoxicillin in einer oralen Dosierung von 3 × 0,75 g (< 70 kg) bzw. 3 × 1 g (≥ 70 kg). Die Wirkungslücke gegenüber M. pneumoniae und L. pneumophiliae scheint bei unkomplizierter ambulant erworbener Pneumonie die Effektivität dieser Therapie nicht zu beeinträchtigen. Alternativen bei Penicillin-Unverträglichkeit sind Makrolid-Antibiotika wie Azithromycin und Doxycyclin. Derzeit ist die Resistenzrate von Streptococcus pneumoniae gegenüber Doxycyclin günstiger als gegenüber Makroliden (bei Letzteren ca. 15%).
  • Bei Patienten mit Risikofaktoren werden nicht selten auch Bakterien wie Staphylococcus aureus und Enterobacteriaceae nachgewiesen. Als First-line-Therapie wird derzeit daher die Gabe eines Betalaktam-Antibiotikums empfohlen. Die Kombination aus Amoxicillin und dem Betalaktamase-Inhibitor Clavulansäure beispielsweise verhindert die Spaltung des Betalaktam-Rings durch Betalaktamase-bildende Erreger wie Staphylokokken.

Laryngitis

Die Erreger-Deszendenz bei einer Erkältungskrankheit kann auch die Entzündung des Kehlkopfs zur Folge haben, bei Erwachsenen nicht selten zusammen mit einer Rachenentzündung (Laryngopharyngitis). Dementsprechend wird eine akute Laryngitis fast immer durch die typischen Viren der oberen Atemwege ausgelöst. Als Kofaktoren (in manchen Fällen auch als alleinige Ursache) können ungünstige Umgebungsbedingungen wie Staub, trockene Luft und Tabakrauch sowie die Überlastung der Stimme die Entwicklung einer Kehlkopfentzündung fördern. Generell ist eine vorgeschädigte Kehlkopfschleimhaut für Krankheitserreger anfälliger, daher sind vor allem Raucher betroffen sowie Menschen, die sich häufig in schadstoffbelasteter Luft aufhalten.

Bei der endoskopischen Untersuchung zeigen sich gerötete und geschwollene Stimmbänder, die von zähem Schleim und bei schwererem Verlauf von weißlichen Fibrin-Belägen und eventuell eitrigem Sekret bedeckt sind.

Erstes Zeichen einer akuten Laryngitis ist in der Regel eine verallgemeinernd als Heiserkeit bezeichnete Veränderung der Stimme. Je nach Ausprägung klingt die Stimme belegt, rau, krächzend oder „heiser“, zwischen Dysphonie (Stimmstörung) oder Aphonie (Stimmlosigkeit) sind alle Stadien möglich. Dazu kommt häufig ein trockener, unproduktiver, manchmal auch bellender Reizhusten. Vor allem beim Sprechen oder Schlucken verspürt der Betroffene Schmerzen im Kehlkopfbereich. Gelegentlich tritt Fieber auf. Retrosternale Schmerzen legen den Verdacht auf eine Mitbeteiligung der Luftröhre nahe (Laryngotracheitis). Bei Kindern kann eine besonders starke Schwellung der entzündeten Stimmlippen zu Atemnot führen, die typischerweise an einem inspiratorischen Stridor zu erkennen ist.

Normalerweise heilt eine akute Laryngitis innerhalb einiger Tage folgenlos aus. Voraussetzung hierfür ist, die wichtigste Maßnahme konsequent einzuhalten, nämlich die Stimmbänder zu schonen nach Möglichkeit also nicht zu sprechen (auch nicht „nur leise“), nicht zu flüstern, sich nicht zu räuspern. Um die Schleimhäute zu befeuchten, empfehlen sich nicht nur ausreichend warme (nicht zu heiße) Getränke, sondern auch die Befeuchtung der Raumluft. Auf Alkohol und scharf gewürzte Speisen sollte verzichtet werden. Antitussiva und Inhalationen (z. B. mit Salbei) können lindernd wirken. Wie ein systematischer Cochrane Review vor zwei Jahren belegte, sind auch bei einer unkomplizierten akuten Laryngitis Antibiotika keine Medikamente der ersten Wahl.

Myokarditis

Der Begriff Myokarditis ist zunächst eine Sammelbezeichnung für eine entzündliche, toxische, rheumatische oder autoimmune Schädigung des Herzmuskels. Ausdrücklich ausgeschlossen ist eine ischämische Ursache. In unterschiedlichem Ausmaß betroffen sind die Kardiomyozyten (Herzmuskelzellen), das interstitielle und perivaskuläre Bindegewebe sowie Arteriolen, Venolen und Kapillaren der Herzwand. Allerdings ist das Herz in den meisten Fällen fokal befallen und nicht diffus.

Die akute infektiöse Myokarditis wird in etwa der Hälfte der Fälle durch Viren hervorgerufen, in Nordamerika und Europa vor allem durch Coxsackie-A-/-B-Viren, Adenoviren und Echoviren sowie in letzter Zeit zunehmend durch Parvovirus B 19 und humanes Herpesvirus 6. Die „klassische“ rheumatische Myokarditis im Rahmen des durch β-hämolysierende Streptokokken ausgelösten rheumatischen Fiebers ist inzwischen deutlich rückläufig.

Das klinische Bild ist ausgesprochen variabel und reicht von asymptomatischen oder milden Verläufen in der Mehrzahl der Fälle bis zum eher seltenen fulminanten Verlauf mit kardiogenem Schock bzw. plötzlichem Herztod. In etwa 15% der Fälle kann die akute Form in eine chronische dilatative Kardiomyopathie (Größenzunahme der Ventrikel ohne Dickenzunahme des Myokards) übergehen, die auch im Kindesalter eine signifikante Morbidität oder sogar Letalität aufweist.

Anamnestisch geht der Erkrankung zumeist ein etwa zwei Wochen zurückliegender viraler Infekt der Atemwege voraus. Je nach Alter kann die Myokarditis mit zunächst unspezifischen Symptomen einhergehen:

  • Säuglinge und Kleinkinder entwickeln initial nicht sicher zuordenbare Zeichen einer Infektion wie Fieber, vermehrtes Schwitzen, Trinkschwäche und Apathie. Apnoephasen oder eine Zyanose sind dringende Verdachtsmomente für eine kardiale Ursache.
  • Ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene klagen häufig über unspezifische respiratorische oder gastrointestinale Beschwerden, präkordiale Stiche oder thorakale Schmerzen, Herzstolpern und Leistungsknick.

In den meisten Fällen kommt es zu passageren Herzrhythmusstörungen wie Extrasystolen, supraventrikulären und ventrikulären Tachyarrhythmien sowie AV-Blockierungen. Im EKG finden sich darüber hinaus häufig Zeichen einer Koronarinsuffizienz (ST-Senkung, T-Abflachung) oder einer perikardialen Mitbeteiligung (Anhebung der ST-Strecke). Allerdings zeigt das EKG für die Diagnose einer Myokarditis eine geringe Spezifität.

In etwa 80% nimmt die akute virale Myokarditis einen gutartigen Verlauf und heilt spontan aus, wobei allerdings die Neigung zur (harmlosen) Extrasystolie persistieren kann. Eine spezifische oder kausale Therapie der akuten viralen Myokarditis gibt es nicht, die Empfehlungen beziehen sich auf den kardialen Verlauf oder die Komplikationen:

  • Bei Zeichen einer Herzinsuffizienz wie z. B. einer Belastungsdyspnoe sollte der Betroffene initial Bettruhe einhalten und sich für etwa drei bis sechs Monate körperlich schonen. Medikamentös können ACE-Hemmer bzw. AT1-Antagonisten oder Betablocker verabreicht werden.
  • Sowohl tachykarde als auch bradykarde Herzrhythmusstörungen sollten leitliniengerecht mit geeigneten Antiarrhythmika behandelt werden. Bei lebensbedrohlichen Tachyarrhythmien kann die passagere Versorgung mit einem ambulanten externen Defibrillator erforderlich sein.
  • Bei gesicherter Virämie wird auch eine antivirale Therapie mit Immunglobulinen empfohlen (1 bis 2 g/kg Körpergewicht über 48 Stunden). Aktuelle Studien bei Erwachsenen haben gezeigt, dass es unter Interferon β vor allem zu einer Elimination von Enteroviren kommt, weniger von Parvoviren. |

Literatur

 [1] Faderl B. Atemwegsinfektionen. Klinische Manifestation und Therapie. Ars Medici Dossier 2004;11:11-15

 [2] Holzinger F, Beck S, Dini L et al. Clinical practice guideline: The diagnosis and treatment of acute cough in adults. Dtsch Arztebl Int 2014;111:356–363, DOI: 10.3238/arztebl.2014.0356

 [3] Iwasaki A, Foxman EF, Storer JA et al. Temperature-dependent innate defense against the common cold virus limits viral replication at warm temperature in mouse airway cells. PNAS 2015;112(3):827-832, doi:10.1073/pnas.1411030112

 [4] Höffken G, Lorenz J, Kern W et al. Epidemiologie, Diagnostik, antimikrobielle Therapie und Management von erwachsenen Patienten mit ambulant erworbenen unteren Atemwegsinfektionen sowie ambulant erworbener Pneumonie. Pneumologie 2009;63:e1–e68, DOI: 10.1055/s-0029-1215037

 [5] Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Empfehlungen zur Therapie akuter Atemwegsinfektionen und der ambulant erworbenen Pneumonie. Arzneiverordnung in der Praxis, Band 40, 3. Auflage 2013

 [6] Schulten K, Jobst D, Popert U, Szecsenyi J. DEGAM-Leitlinie Rhinosinusitis. Kurzversion 2008

 [7] Rhinosinusitis. Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie. AWMF-Register Nr. 017/049,2011

 [8] Leitlinie Virale Meningoenzephalitis. Deutsche Gesellschaft für Neurologie. AMWF-Register Nr. 030/100,2012

 [9] Thomas JP, Berner R, Zahnert T, Dazert S: Acute otitis media: a structured approach. Dtsch Arztebl Int 2014;111(9):151-160, DOI: 10.3238/arztebl.2014.0151

[10] Leitlinie Ohrenschmerzen. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. AWMF-Register Nr. 053/009, 2014

[11] Kehlkopfentzündungen – Laryngitis, Pseudokrupp und Epiglottitis. HNO-Ärzte im Netz, www.hno-aerzte-im-netz.de/krankheiten/kehlkopfentzuendungen

[12] Paul T, Tschöpe C, Kandolf R. Leitlinie Pädiatrische Kardiologie: Myokarditis im Kindes- und Jugendalter. AWMF-Register Nr. 023/025,2012

[13] Myokarditis. in: Herold G und Mitarbeiter. Innere Medizin, 2014:230-232

[14] Burkhardt O, Ewig S, Haagen U et al. Procalcitonin guidance and reduction of antibiotic use in acute respiratory tract infection. Eur Respir J 2010;36:601–607

Autor

Clemens Bilharz ist Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin und zusätzlich als wissenschaftlicher Fachzeitschriftenredakteur ausgebildet. Er ist als Autor und Berater für Fachver­lage und Agenturen tätig.

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