Komplementäre Therapien

Die anthroposophisch erweiterte Pharmazie

Herstellung und Anwendung anthroposophischer Arzneimittel

Foto: Wala
Von Juliane Riedel | In den 20er-Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelte sich durch das Wirken von Dr. phil. Rudolf Steiner und Dr. med. Ita Wegman die anthroposophische Therapierichtung (siehe hierzu auch „Ein in­tegratives Konzept: Die Anthroposophische Medizin und ihr Menschenbild“, S. 51 dieser DAZ). Die naturwissenschaftlich-orientierte Medizin wird hierbei um geisteswissenschaftliche Erkenntnismethoden erweitert. Somit ist die Anthroposophische Medizin keine „Alternativmedizin“, sondern eine Therapierichtung, die die naturwissenschaftlich orientierte Medizin als Grundlage sieht und diese um geisteswissenschaftliche Aspekte ergänzt. (Der Begriff „Geisteswissenschaft“ meint hier nicht die akademischen Disziplinen der Geistes- und Kulturwissenschaften, sondern eine umfassende, „kosmologische“ Anschauung des Menschen und der Welt.)

Die anthroposophische Therapierichtung sieht im Menschen ein Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Seinsebenen Körper („physischer Leib“), Leben („Ätherleib“), Seele („Astralleib“) und Geist („Ich“). Diese werden als die „vier Wesensglieder“ bezeichnet. Neben diesen Ebenen werden die Funktionsebenen Nerven-Sinnes-System, rhythmisches System und Stoffwechsel-Gliedmaßen-System beschrieben. In jeder Funktionsebene wirken die vier Seinsebenen. Im gesunden Zustand befinden sich alle Ebenen in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander.

Krankheiten werden als Prozesse angesehen, bei denen die Wechselbeziehungen zwischen den Ebenen nicht mehr in einem harmonischen Verhältnis zueinander stehen.

Die Therapie versteht sich als ganzheitliche Therapie, da der Mensch als Patient aktiv an der Wiederherstellung des gesunden Gleichgewichtes beteiligt wird. Dies geschieht unter anderem durch die Heileurythmie, Kunsttherapien (z. B. Maltherapie, Musiktherapie, Plastizieren, Sprachgestaltung), äußere Anwendungen wie Bäder, Wickel/Auflagen oder die rhythmische Einreibung, Meditationen, Ideen zur Ernährung, der Kleidung, dem Tagesablauf oder der Lebensführung.

Foto: Birgit Emde

Zubereitungen aus Arnika äußerlich angewendet haben durchwärmende, entkrampfende und strukturierende Wirkungen.

Auch die anthroposophischen Arzneimittel wirken aktiv auf den Patienten: Sie fordern den Wärmeorganismus heraus, wieder gut tätig zu werden, geben „Vorbilder“ für gesunde Funktionen oder unterstützen die stärkenden Rhythmen im Organismus. Im menschlichen Organismus regen sie Prozesse an, damit dieser durch seine naturgegebenen Heilungskräfte die Krankheit überwinden kann.

Durch diesen Anspruch an die Wirkung ergeben sich Besonderheiten in der Herstellung der anthroposophischen Arzneimittel. Nicht die Substanzausbeute steht im Vordergrund, sondern das gemeinsame Wirken von Ausgangssubstanz und Herstellungsverfahren. Die Ausgangssubstanzen werden durch Umwandlungsprozesse, die „anthroposophisch-pharmazeutischen Prozesse“, denen geisteswissenschaftlich fundierte Überlegungen zugrunde liegen, zu anthroposophischen Arzneimitteln. Hierbei spielen die klassischen Verfahren wie differenzierte Wärmeprozesse (von der Mazeration bis zur Veraschung), Bewegungsprozesse (z. B. Potenzieren) und auch die Auswahl der Lösungsmittel eine wichtige Rolle. Dazu kommen die „besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren“, die durch die Anregung Rudolf Steiners zur Arzneimittelherstellung entstanden sind. Hierzu zählen die Metallspiegelzubereitungen, die vegetabilisierten Metalle, die rhythmischen Verfahren (Rh-Verfahren, Wala-Verfahren), die Idee der Kompositionen und auch Mischvorgänge in der Zentrifuge, wie sie z. B. bei den Herstellern anthroposophischer Mistelpräparate eingesetzt werden (s. hierzu auch die Kästen „Rh-Verfahren“, „Metall­spiegelverfahren“ und „Vegetabilisierte Metalle“.

Anthroposophische Menschen- und Naturerkenntnis:

Die Definition eines anthroposophischen Arzneimittels findet sich im Arzneimittelgesetz (AMG) in § 4 „Sonstige Begriffsbestimmungen“:

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

Aus dem Gesetzestext heraus wird die Abgrenzung zu den beiden weiteren seit 1978 im AMG erwähnten „besonderen Therapierichtungen“ deutlich:

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

Ein anthroposophisches Arzneimittel wird nach den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Natur­erkenntnis entwickelt, hergestellt und angewendet. Diese Definition drückt die Erweiterung in die Geisteswissenschaft aus. Der Hinweis: „gemäß der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis“ findet sich auch in jeder ­Packungsbeilage eines zugelassenen anthroposophischen Arzneimittels unter dem Punkt „Anwendungen“.

„Ein Heilmittel ist von der Natur veranlagt und vom Menschen durch Einsicht zu Ende ­gebracht.“

Paracelsus (1491 – 1541) auf die Frage, was denn ein Heilmittel sei.

Hinter dem Begriff „anthroposophische Menschenerkenntnis“ verbirgt sich das oben beschriebene Zusammenspiel der Seins- und der Funktionsebenen. Das Verhältnis der Ebenen zueinander wird im gesunden Zustand betrachtet, die Betrachtung des Krankheitsprozesses gibt Auskunft darüber, welche Kräfte nicht mehr im Gleichgewicht zueinander stehen. So überwiegen nach anthroposophischer Lehre beispielsweise bei einer Nesselsucht die sich ausdehnenden, zentrifugal wirkenden Aufbaukräfte in der Haut, die formgebenden Abbaukräfte sind geschwächt, die Haut schwillt zur Quaddel an. Bei vielen Stresssymptomen hingegen überwiegen die Abbaukräfte, die dann z. B. auf die Leberleistung Einfluss haben. Diese kann ihre substanzaufbauenden Funktionen nicht mehr vollständig ausführen, Erschöpfung ist eine Folge dieses Mangels.

Die „anthroposophische Naturerkenntnis“ beschäftigt sich mit den stoffbildenden Prozessen in der Natur. Nicht der ­fertige Stoff gibt das entscheidende Auswahlkriterium für die Wirkung eines Arzneimittels vor, der Prozess, der zur Entstehung des Stoffes geführt hat, fließt entscheidend in die Arzneimittelfindung ein.

„Eine Substanz ist ein zur Ruhe gekommener Prozess“ formulierte Rudolf Steiner. So ist es in der Anthroposophischen Medizin ein Unterschied, ob man Siliciumdioxid aus dem fertigen, stark von Formkräften durchdrungenen Bergkristall (Quarz) heraus verarbeitet oder ob man es als Silicea colloidalis, dem Natronwasserglas, welches schon von Johann Wolfgang von Goethe als „jungfräuliche Substanz“ bezeichnet wurde, gewinnt. Letzteres unterstützt die werdenden Prozesse, die z. B. für die Neubildung der Haut bei nässenden Ekzemen benötigt wird (z. B. in Silicea colloidalis comp. Hautgel [Wala]). Der Quarz aus dem Bergkristall hingegen wird häufig im Zusammenhang mit Funktionen der Sinnesorgane eingesetzt. Er gibt unter anderem ein Vorbild für ein gesundes Nerven-Sinnes-System, steht für Klarheit, kühlen Kopf, geformte, scharfe Gedanken – Eigenschaften, die beispielsweise bei Migräne oder Spannungskopfschmerzen nicht mehr vorhanden sind (z. B. Ferrum-Quarz-Kapseln [Weleda]).

Die Arbeit mit den Bildekräften der Substanzen in den an­throposophischen Arzneimitteln hat zur Folge, dass die Auswahl der Ausgangssubstanzen nach bestimmten Kriterien erfolgt. Verwendet werden aus der Natur entnommene ­Sub­stanzen. Diese können mineralischen, metallischen, pflanzlichen oder auch tierischen Ursprung haben. Nach Möglichkeit stammen die Ausgangssubstanzen aus biologisch-dynamischem Anbau oder Zuchten oder aus zertifizierten Wildsammlungen, um die geforderte Qualität zu ­gewährleisten. Das erklärt auch, warum es manchmal zu Engpässen bei der Versorgung durch die Hersteller anthroposophischer Arzneimittel kommen kann.

Rh-Verfahren/Wala-Verfahren

Bei den rhythmischen Verfahren (Rh-Verfahren/Weleda- bzw. Wala-Verfahren) werden wässrige Frischpflanzenauszüge stabilisiert. Beide Verfahren haben unterschiedliche Vorschriften, ähneln sich aber in der Idee:

Durch die Bearbeitung der Auszüge durch drei Rhythmen, einem Temperaturrhythmus (37 °C ←→ 4 °C), einem Bewegungsrhythmus und einem Tageszeitenrhythmus (morgens ←→ abends) entstehen wässrige (!) Urtinkturen, die ohne Zusatz von Alkohol oder anderen Konservierungsmitteln über Jahre haltbar sind. Erst bei der ­Weiterverarbeitung z. B. zu den wässrigen Rh-Präparaten der Weleda unterliegen die entstandenen Arzneimittel wieder den Verfallsprozessen.

Besonderheiten

Eine Besonderheit der anthroposophischen Therapierichtung, die auch in der Apothekenpraxis relevant ist, sind die „äußeren Anwendungen“. Hier wird in Form von Kompressen, Wickeln, Waschungen, Bädern, Massagen oder Einreibungen über die Haut eine Kraft im Menschen angesprochen, die als Ich-Organisation bezeichnet wird. Die Ich-­Organisation reguliert unter anderem die Wärmedurchdringung im Menschen, hat gestaltende, strukturierende, formende Fähigkeiten und kann als ordnende Kraft des Immunsystems bezeichnet werden. Somit haben äußere Anwendungen direkt eine tiefe systemische Wirkung auf den ganzen Organismus.

Ein gut im Apothekenalltag zu beratendes Beispiel ist der Herz-Salbenlappen:

Hierbei wird eine Baumwollkompresse (ca. 20 × 20 cm) dünn mit Aurum/Lavandula comp. Creme (Weleda) bestrichen. Die Salbenkompresse wird direkt auf die Herzgegend gelegt und leicht befestigt. Die Anwendungsdauer beträgt ca. 20 Minuten, hierbei sollte eine Ruhephase eingehalten werden (kein Fernseher, Radio, Handy etc.). Die Kompresse kann auch über Nacht auf der Haut bleiben.

Der Herz-Salbenlappen wirkt sofort beruhigend und ausgleichend bei Unruhe, Stress, Schlafproblemen, vegetativen Herz-Kreislaufstörungen oder auch Herzangst. Als Zusatzempfehlung kann er zu allen, auch im Rahmen der naturwissenschaftlich orientierten Medizin verordneten inneren Arzneimitteln empfohlen werden, er wirkt aber auch eigenständig.

Eine weitere, breit einsetzbare äußere Anwendung für den Apothekenalltag sind die Kupfersalben (Kupfer-Salbe rot [Wala], Cuprum metallicum praeparatum 0,4% [Weleda]). Kupfer wirkt aktiv anregend auf den Wärmeorganismus und organisierend im Lymph- und Venensystem. In der Nierengegend angewendet regen die Salben die Ich-Organisation an, lenkend bei Ausscheidungen und Abbauprozessen einzugreifen. Auf die Leber aufgetragen unterstützt Kupfer die aufbauenden Stoffwechselprozesse, unter den Füßen angewendet durchzieht Kupfersalbe den gesamten Organismus mit Wärmeprozessen. Krampfartigen Beschwerden des Magen-Darm-Traktes begegnet man mit Baucheinreibungen.

Hochwertige pflanzliche Öle stehen für Massagen und Einreibungen zur Verfügung und wirken je nach dem Wesen der Leitpflanze durchwärmend (Arnika Massageöl [Weleda]), beruhigend (Lavendel Entspannungsöl [Weleda]), schmerzlindernd (Aconit Schmerzöl [Wala]) oder auch abgrenzend, z. B. bei Wetterfühligkeit oder Migräne (Solum Öl [Wala]). Auch sie bieten sich eigenständig oder als be­gleitende Empfehlung zu den jeweils passenden inneren Therapien an.

Metallspiegelverfahren

Der Substanzbegriff in der Anthroposophischen Pharmazie beinhaltet immer auch den Bildeprozess (Steiner: „Eine Substanz ist ein zur Ruhe gekommener Prozess“). Durch das Metallspiegelverfahren wird der Bildeprozess umgekehrt: Ein Metall wird in einer besonderen Apparatur erwärmt, geschmolzen, verdampft und schlägt sich als dünner Metallspiegel am kühleren Teil des Kolbens wieder nieder. Dieser dünne Metallspiegel wird nach dem Erkalten entnommen und weiterverarbeitet (potenziert). Man hat jetzt eine ganz „junge“ Substanz, der man eine gesteigerte Heilwirkung zuspricht. Dieses Verfahren ­betont die Bedeutung des Prozesses gegenüber der Sub­stanz.

Zu erkennen sind die so bearbeiteten Metalle an dem ­Zusatz „metallicum praeparatum“.

Ein aus mehreren Bestandteilen zusammengesetztes Arzneimittel wird als „Komposition“ bezeichnet, die eine weitere Besonderheit der Therapierichtung ist. Es handelt sich in diesem Fall nicht um eine einfache „Mischung“ der Ausgangsstoffe, bei der sich die Wirkungen einfach addieren. Das Arzneimittel wird nach einem bestimmten Konzept bzw. einer Idee zusammengesetzt. So werden zum Beispiel mehrere Ausgangsstoffe einem weiteren gemeinsamen pharmazeutischen Prozess unterworfen, so dass letztlich eine neue Einheit, die Komposition entsteht. Durch diese Art der Herstellung werden Substanzen, die einzeln keinen ­direkten Bezug zum Krankheitsprozess haben, zu einem speziell wirksamen Arzneimittel zusammengefügt.

Die Misteltherapie ist ebenfalls eine Besonderheit der an­throposophischen Therapierichtung. Die Mistel wirkt durchwärmend, die Lebenskräfte schützend und stärkend. Sie wird als alleiniges Arzneimittel in der Onkologie oder auch in Kombination vor, während oder nach einer Chemo- bzw. Strahlentherapie oder begleitend zu Operationen eingesetzt. Einen Überblick über die Therapiemöglichkeiten gibt die von anthroposophischen Ärzten zusammengestellte Seite www.mistel-therapie.de.

Nicht der Gehalt an Mistellektin oder Viskotoxin ist hier das Auswahlkriterium bei der Herstellung eines Mistelpräpa­rates, entscheidend sind die Wirtsbäume der Misteln, Erntezeitpunkt und der anthroposophisch-pharmazeutische Herstellungsprozess.

Die Misteltherapie eignet sich aufgrund der Vielfalt der Möglichkeiten nicht für die Selbstmedikation, die individuelle Situation im jeweiligen Krankheitsstadium wird bei der Auswahl der Präparate durch den Arzt genau betrachtet. Sehr gut allerdings kann man in der Apotheke Nebenwirkungen der Chemo- bzw. Strahlentherapie begleiten. So stärken Gentiana Magen Globuli velati (Wala) mit ihren Bitterstoffen die Verdauungskräfte, die Übelkeit lässt nach, der Appetit kommt zurück. Combudoron Gel oder verdünnte ­Essenz (Weleda) wirkt schnell bei Strahlenschäden. Mit ­Hepatodoron (Weleda) hat man ein leberstärkendes Mittel zur Verfügung, das die Lebenskräfte, die der Leber entspringen und durch die Chemotherapeutika geschwächt werden, stärkt.

Vegetabilisierte Metalle

Bei diesem Verfahren übernimmt die Pflanze quasi das Potenzieren: Eine Pflanze wird mit einer Metallsalzzubereitung gedüngt. Diese nimmt das Metall auf. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wird sie geerntet und kompostiert. Dieser Kompost wird im zweiten Jahr auf eine nächste Generation dieser Pflanzenart gegeben. Wieder wird geerntet und kompostiert. Eine dritte Generation wird mit dem Kompost der zweiten Generation gedüngt. Diese dritte Generation wird dann nach der Ernte verarbeitet und weiter potenziert.

Das Metall wird auf diese Weise dem Menschen durch die Pflanze nähergebracht, sowohl Ausgangspflanze als auch das Metall haben jetzt eine modifizierte Wirkung.

Es werden Pflanzen mit Metallen zusammengebracht, die eine besondere Beziehung zueinander haben, z. B. die Brennnessel mit Eisen (Urtica dioica Ferro culta) oder Johanniskraut mit Gold (Hypericum uro cultum).

Gängige Darreichungsformen und Dosierungen

Da viele anthroposophische Arzneimittel eine Zulassung und entsprechend eine Packungsbeilage besitzen, lassen sich die Dosierungen bequem auffinden. Die Hersteller bieten zudem ausführliche Arzneimittelverzeichnisse an, in denen fehlende Informationen schnell nachzulesen sind. Gängige Darreichungsformen anthroposophischer Arzneimittel sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Übliche Dosierungen für diese Darreichungsformen finden sich in Tabelle 2.

Tab. 1:
Übliche Darreichungsformen anthroposophischer Arzneimittel
(aus: Emde/Riedel: Anthroposophische Arzneimittel)
Anwendungsart
Darreichungsform
innere Anwendung
Tropfen (Dilutionen), Globuli, ­Pulver (Triturationen), Tabletten, Suppositorien, Vaginaltabletten, Augentropfen, Ohrentropfen
äußere Anwendung
Öle, Salben, Gele, Essenzen, ­Waschungen, Teil- und Vollbäder, Wickel, Auflagen
Tab. 2:
Übliche Dosierungen anthroposophischer Arznei­mittel
(aus: Emde/Riedel: Anthroposophische ­Arzneimittel)
Darreichungsform
Dosierungen für Erwachsene, wenn nicht anders angegeben …
Globuli/Streukügelchen
3 × täglich 10 bis 15 Globuli einnehmen und unter der Zunge zergehen lassen
Tabletten/Kapseln
laut Packungsbeilage einnehmen
Pulver/Triturationen
2 bis 3 × täglich eine Messerspitze einnehmen
Pulver zum Gurgeln nach Anleitung mit dem beigefügten Dosierlöffel in warmem Wasser suspendieren
Augentropfen
3 × täglich ein Tropfen in den ­Bindehautsack tropfen
Ohrentropfen
Anwendung laut Packungsbeilage
Zäpfchen
1 bis 2 × täglich in den Mastdarm einführen
Vaginaltabletten
Anwendung laut Packungsbeilage
Salben/Gele
2 bis 3 × täglich dünn auf die Haut auftragen
Essenzen
laut Packungsbeilage verdünnen und 2 bis 3 × täglich zu Umschlägen oder Spülungen verwenden
Öle/ölige Einreibungen
1 bis 2 × täglich in die Haut einreiben
Rh-Dilutionen (wässrig)/Dilutionen (alkoholisch)
1 bis 3 × täglich 15 Tropfen nehmen
Cave: Bei alkoholhaltigen Tropfen ist die Dosisanpassung für Kinder besonders zu beachten!

Anthroposophische Arzneitherapie im Apothekenalltag

Um den Organismus im kranken Zustand wieder in ein gesundes Gleichgewicht zu bringen, arbeitet die anthroposophische Therapierichtung mit den folgenden Möglichkeiten:

Die Arzneimittel sollen den

  • Wärmeorganismus harmonisieren (→ Immunsystem stärken)
  • Lebensleib/Ätherleib stärken (→ Regenerationskräfte anregen)
  • Seelenleib/Astralleib am zu tiefen Eingreifen hindern (→ Schmerzen und Krämpfe reduzieren)

Die ausgewählten Präparate sollen als Einzelmittel oder als Komposition

  • den Selbstregulationskräften Vorbilder geben,
  • den Wärmeorganismus stärken,
  • helfen, den Rhythmus wiederfinden,
  • das gesunde Gleichgewicht unterstützen.

Einige konkrete Praxisbeispiele sollen nun das Therapie­prinzip verdeutlichen.

Indikation Erkältung/grippaler Infekt

Ganzheitliche Zusammenhänge

Der menschliche Organismus bleibt gesund, wenn er die Fähigkeit und die Kraft besitzt, auf äußere Einflüsse wie z. B. Kälteeinwirkungen mit genügend innerer Wärmebildung reagieren zu können. „Gesund bleiben ist Arbeit“ formulierte Rudolf Steiner.

Ist diese Fähigkeit bzw. Kraft geschwächt, äußert sich dies zuerst an den Grenzflächen zwischen „innen“ und „außen“. Die empfindlichsten Grenzflächen sind die Schleimhäute. Der Organismus versucht, diese Schwächung durch eine ­verstärkte Wärmereaktion auszugleichen. Symptome wie erhöhte Temperatur bis hin zum Fieber oder auch Entzündungsprozesse entstehen. Die Schleimhäute schwellen an, typische Erkältungssymptome stellen sich ein. Nicht nur äußere Kälte kann diese Reaktionen auslösen, auch seelischer Stress oder Erschöpfung schwächen die innere Wärme­bildung und destabilisieren so das Gleichgewicht.

Die Wärmereaktion des Organismus, von der erhöhten Temperatur bis zum Fieber, kann als Selbstheilungsversuch angesehen werden. Das ursprüngliche Gleichgewicht soll so wiederhergestellt werden, die erhöhte Temperatur dient gleichzeitig der Abwehr eindringender Erreger. In der Anthro­posophischen Medizin wird Fieber kontrolliert und geleitet, wenn möglich aber nicht unterdrückt.

Therapeutische Ansätze

Um den Wärmeorganismus in seiner Arbeit zu unterstützen, werden Arzneimittel eingesetzt, die „Vorbilder“ für den Umgang mit Licht- und Wärmequalitäten geben. In der Therapie der Erkältung spielt der Phosphor eine wichtige Rolle. Übersetzt bedeutet der Name „der Lichttragende“. Als Substanz zeigt der Phosphor diese Kräfte zum Beispiel durch seine Reaktionsfreudigkeit: Weißer Phosphor entzündet sich schon bei Raumtemperatur leicht selbst. Im menschlichen Organismus findet sich Phosphor überall da, wo aktive Stoffwechselprozesse stattfinden (z. B. in Form des Adenosin­triphosphats [ATP]) und unterstützt so sämtliche ­Lebens- und Aufbauprozesse. Zum anthroposophischen Arzneimittel verarbeitet wird er als durchwärmend, durchdringend, ordnend, auch formend angesehen. Folgerichtig enthalten viele anthroposophische Erkältungspräparate Phosphor, so zum Beispiel Infludo bzw. Infludoron (Weleda) oder Meteoreisen (Wala).

Ätherische Öle dagegen sind Sekundärstoffe der Pflanzen, die man letztlich auch als gespeicherte Sonnenwärme ansehen kann, da sie in der Wärme des Sonnenlichts entstehen. Sie können, therapeutisch eingesetzt, diese Wärmekräfte wieder freigeben und so den „erkälteten“ Organismus in seinen Wärmebildungsprozessen unterstützen. Dies lässt sich gut in Form einer äußeren Therapie vermitteln. So enthält Malvenöl (Wala) hochwertige ätherische Öle aus den Blüten, dem wärmsten Teil der Pflanze. Einreibungen des Rückens, des Bauchbereiches oder der Füße stabilisieren die Wärmehülle des Körpers, kräftigen und regen den Aufbaustoffwechsel z. B. in der Rekonvaleszenz an. Lavendelöl 10% (Weleda) wirkt beruhigend, krampflösend (u. a. bei Husten) und auch schlaffördernd.

Neben der inneren Therapie durch Arzneimittel und der äußeren Therapie durch die äußeren Anwendungen runden Tipps zur Lebensweise die ganzheitliche Therapie ab. Im Falle der Erkältung haben auch diese Tipps viel mit dem Wärmeorganismus zu tun: wärmende Kleidung, Ruhe, auch ein Hinweis auf die Wichtigkeit seelischer Wärme sind hier angebracht.

Indikation Verspannungen/Nackenschmerzen

Ganzheitliche Zusammenhänge

Im menschlichen Organismus, so auch im Muskelbereich, stehen Wärme- und Kälteprozesse in einem gesunden Gleichgewicht zueinander. Die Wärme bringt Stoffe in Bewegung und lockert auf. Überwiegt ein Kälteprozess in den Muskeln, so wird aus der Beweglichkeit eine Starre, aus ­Lockerheit eine Verdichtung bzw. Verfestigung. Mangelnde Durchblutung durch fehlende Bewegung oder Auskühlung des Gewebes können eine Ursache sein. Auch länger andauernde seelische Belastungen oder Überforderungen können zu Fehlhaltungen führen, die dann ebenfalls zu einer Muskel­erstarrung bzw. Verspannung führen können.

Bei der Therapie kommt es darauf an, die Beweglichkeit zu steigern, die Blutzirkulation zu fördern, die Stoffwechselvorgänge zu normalisieren, das Gewebe zu durchwärmen und die Verdichtung zu „durchlichten“. Verspannungen und Muskelschmerzen werden folglich mit Licht- und Wärmeprozessen therapiert, die das Wärme/Kälte-Verhältnis wieder ins richtige Maß bringen.

Therapeutische Ansätze

Magnesium hat einen sehr starken Bezug zum Licht. Als Substanz verbrennt es mit weißer, fast sonnenheller Flammenfärbung: Im Chlorophyll der Pflanzen wird mithilfe des Magnesiums Licht zur Pflanzensubstanz verdichtet, aus CO2, Wasser und Licht werden energiereiche Kohlenhydrate. Die anthroposophische Therapierichtung setzt Magnesium da ein, wo der Lichtstoffwechsel im Organismus gestört ist. So zum Beispiel im zu stark verdichteten und damit lichtlosen, verspannten Muskelgewebe. Auch die Depression wird als eine Erkrankung des Lichtstoffwechsels angesehen.

Bei Myogelosen, Verspannungen und Krämpfen kommen Präparate wie Magnesium phosphoricum acidum D6 Dil. (Weleda) oder Magnesium phosphoricum comp. Globuli velati (Wala) zum Einsatz.

Wärme- und Lichtkräfte aus Tier, Pflanze, Metall und Mineral werden in dem Kompositionspräparat Aurum/Apis regina comp. Globuli velati (Wala) gemeinsam verarbeitet und besonders bei Verspannungen aufgrund seelischer Belastungen eingesetzt.

Auch Neurodoron (Weleda) enthält mineralische Bestandteile, die einen Lichtbezug haben. Ein weiteres Therapieprinzip dieses Präparates ist die Unterstützung der Ebenen Körper – Seele – Geist im Menschen, wobei jede Ebene Vorbilder für ihre gesunde Funktion ­bekommt, an denen sich die Selbst­regulationskräfte im ­Organismus orientieren können. Der Organismus findet so zurück ins Gleichgewicht und stabilisiert sich.

Als äußere Therapie kommen die in der Tiefe durchwärmenden Qualitäten des Kupfers in Betracht, unter anderem in der Kombination mit den strukturierenden, ordnenden Kräften der Arnika in Arnica comp./Cuprum ölige Einreibung (Weleda) eingesetzt wird.

Stehen Nervenschmerzen im Vordergrund, eignet sich Aconit Schmerzöl (Wala). Der Eisenhut hat einen starken Bezug zum Nerven-Sinnes-Pol des Menschen und beruhigt hier bei übersteigerten Reaktionen. Die ätherischen Öle des enthaltenen Lavendels durchwärmen und entkrampfen, der lichtdurchdrungene Bergkristall bringt Licht-und Formkräfte an die zu stark verdichteten Bereiche.

Zusatzempfehlungen zur Lebensweise kommen auch hier aus dem Bereich der Pflege des Wärmeorganismus: Das Tragen von Schultertüchern oder Nierenwärmern, Empfehlungen zu durchwärmenden Bewegungen (z. B. der regelmäßige moderate Spaziergang) aber auch Tipps zur Achtsamkeitsschulung (wann verspanne ich mich, z. B. durch Sitz- oder Schlafpositionen) vervollständigen so die ganzheitliche Beratung.

Indikation Verdauungsbeschwerden

Ganzheitliche Zusammenhänge

Unter dem Begriff „Verdauung“ versteht die anthroposophische Medizin einen Verwandlungsprozess im Organismus, bei dem „Natur zum Menschen“ wird, körperfremde Substanz, unsere Nahrung, aufgenommen und letztlich zu körpereigener Sub­stanz umgewandelt wird. Die aufgenommene Nahrung durchläuft bei ihrem Weg vom Mund bis in den Zwölffingerdarm Zerkleinerungsprozesse, wird angewärmt, aufgelöst, durchmischt, rhythmisiert und schließlich im Dünndarm eingeschieden. Über das Pfortaderblut gelangen die bis auf ein Minimum abgebauten Substanzen in die Leber. Hier ­beginnt der Substanzaufbau: Die zuvor körperfremden Nahrungsbestandteile werden bei dem Durchgang durch die Leber in körpereigene Substanzen (Eiweiße, Kohlenhydrate) umgewandelt und stehen dem Organismus nun im Aufbaustoffwechsel zur Verfügung. Nicht im Dünndarm eingeschiedene Nahrungsbestandteile werden über den Dickdarm wieder ausgeschieden.

Der Verdauungsprozess ist sensibel: Fein aufeinander abgestimmte Prozesse der Rhythmik, der Sekretion und Resorption, das richtige Verhältnis von Flüssigem und Luftigem und im Besonderen auch das richtige Wärmemilieu während des Verdauungsprozesses bestimmen den gesunden Ablauf.

Die anthroposophische Therapierichtung versteht unter dem Begriff „Verdauungsbeschwerden“ nicht nur die gängigen Symptome wie Dyspepsien oder Verstopfung. Auch Erkrankungen, die mit einem geminderten Substanzaufbau in der Leber einhergehen, fallen darunter. Das können zum Beispiel Erschöpfungssymptome bis hin zur Depression sein.

Damit der Aufbau der körpereigenen Substanz in der gewünschten Qualität stattfinden kann, muss die aufgenommene Nahrung zuvor vollständig abgebaut werden. Hier liegt eine weitere Ursache vieler Erkrankungen: Ein Mangel an zerstörenden Verdauungskräften führt zu einem unvollständigen Abbau der Fremdsubstanzen. Unverträglichkeiten, Allergien, Ekzeme, Mykosen bis hin zu Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises können durch eine Unterstützung der Abbaukräfte im Verdauungstrakt positiv beeinflusst werden.

Unterstützung der abbauenden Tätigkeiten

Eine wichtige Substanzklasse zur Unterstützung des Nahrungsabbaus stellen die Bitterstoffe dar. Nimmt man über die Geschmacksknospen auf der Zunge einen Bitterstoff wahr, so werden sofort die Speicheldrüsen aktiv. Weiterhin fördern die Bitterstoffe reflektorisch die Motilität und Sekretion von Magen, Duodenum, Pankreas und Gallenwegen.

Die anthroposophische Therapierichtung spricht davon, dass Bitterstoffe wieder ein „Bewusstsein“ für die sensiblen Verdauungsprozesse in die Verdauungstätigkeit bringen.

Der Empfindungsleib ist bei einem unvollständigen Nahrungsabbau nicht zentripetal im Stoffwechsel aktiv, um den Abbauprozess zu unterstützen, sondern wirkt zentrifugal Richtung „Außenwelt“.

Die heutige moderne Lebensweise, bei der ein bewusstes Schmecken und Genießen der Nahrung selten geworden ist, unterstützt die zentrifugale Richtung, der vollständige Substanzabbau wird so in vielen Fällen verhindert.

Der Geschmack des Bitteren dagegen bringt den Organismus sofort zurück zu sich selbst – diesem Geschmackserlebnis kann man sich kaum entziehen. Bis in die stoffliche Wirkung hinein kann man die Geste der Bitterstoffe nachvollziehen.

Foto: Wala

Bitterstoffe, z. B. aus der Wurzel des Gelben Enzians, werden nicht nur bei Verdauungsstörungen eingesetzt.

Bei Appetitlosigkeit, funktioneller Dyspepsie oder Meteorismus empfiehlt sich eine Einnahme von Bitterstoffen ca. 15 Minuten vor jeder Nahrungsaufnahme. Das kann in Form von Amara-Tropfen (Weleda) oder Bitter Elixier (Wala) erfolgen. Das Präparat Gentiana Magen Globuli velati (Wala) enthält zusätzlich potenzierte Brechnuss und stellt eine gute Komposition dar, wenn Übelkeit hinzukommt. Gentiana Magen Globuli können auch bei Schwangerschaftsübelkeit eine große Hilfe sein.

Bitterstoffe kommen in der anthroposophischen Therapierichtung über diese Indikationen hinaus zum Einsatz. In der Geriatrie werden sie bei Ermüdungserscheinungen als „Wachmacher“ eingesetzt. Auch beobachtet man eine ­Zunahme an Lebensenergie und Lebensfreude durch die ­regelmäßige Einnahme von Bitterstoffen. Hier kann das ­zuckerfreie, sehr bittere Enzian Magentonikum (Wala) empfohlen werden.

Bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis, Ekzeme, Rhagaden liegt meist ebenfalls eine Verdauungsschwäche im oben erläuterten Sinne vor. Adjuvant zu bestehenden Therapien wird hier z. B. Gentiana lutea Decoct 5% (Weleda) gegeben.

Wenn der Empfindungsleib pathologisch zu stark in den Verdauungsprozess eingreift, kommt es zu einem zu starken Bewusstseinserleben am falschen Ort, Schmerzen und Krämpfe entstehen. Eine Hyperacidität des Magens, Reflux oder auch Krämpfe sind die von Kunden beschriebenen Symptome. In diesem Fall werden potenzierte Alkaloide eingesetzt: sie wirken regulierend auf den zu tief eingetauchten Seelenleib.

Die Robinie ist ein alkaloidhaltiger Baum. Robinia comp. Globuli velati (Wala) eignen sich als Konstitutionsmittel zur Normalisierung der zu stark einwirkenden Empfindungskräfte, eingesetzt werden sie bei Hyperacidität, Reflux und Ulcera. Sie werden akut eingesetzt und sollen bei Einnahme über einen längeren Zeitraum die Säurebildung auf ein Normalmaß stabilisieren.

Stehen Krämpfe im Vordergrund, so ist der ebenfalls alkaloid­haltige Tabak hilfreich: In Nicotiana comp. Globuli velati (Wala) wird er von der ebenfalls krampflösenden Kamille begleitet und hilft bei Krämpfen der glatten Muskulatur.

Bei Schmerzen und Krämpfen im Unterleib empfiehlt sich begleitend als äußere Anwendung eine Baucheinreibung mit einer Kupfersalbe (siehe bei „Besonderheiten) oder mit dem gut durchwärmenden Arnika Massageöl (Weleda).

Der Darm ist ein rhythmisch arbeitendes Organ, Ruhe und Bewegung, Sekretion und Resorption finden in regelmäßigem Wechsel statt und halten die Verdauungstätigkeit stabil. Äußere Rhythmen haben Einfluss auf den Darmrhythmus, Entleerungsstörungen treten vermehrt auf, wenn sich die äußeren Rhythmen verändern. So haben Reisen oder Nahrungsumstellungen Einfluss auf die Darmtätigkeit, akute Durchfälle, Infektionen oder auch Verstopfungen können die Folge sein. Chronischer Durchfall, auch eine Reizdarmproblematik, kann durch Stress, Nervosität oder auch verborgene Ängste entstehen.

Die Blätter einer Pflanze werden in der anthroposophischen Pharmazie eingesetzt, um das „rhythmische System“, zu dem alle rhythmisch arbeitenden Organe oder Prozesse wie Herz, Lunge, Darm und auch das Hormongeschehen gehören, anzusprechen. Das Wesen der Pflanze bestimmt zusätzlich das therapeutische Ziel. Farne sind Pflanzen, die in dunkel-erdig-feuchter Umgebung wachsen und schon so ­einen Bezug zum Darmmilieu zeigen. Die Blätter der Farne sind in sich besonders rhythmisch gegliedert. Präparate, die verschiedene Farne enthalten, sprechen die unterschiedlichen zeitlichen Rhythmen der Abschnitte im Verdauungstrakt an. Im Digestodoron (Weleda) sind drei verschiedene Farne mit drei verschiedenen Weiden enthalten. Die Weiden sind Pflanzen des Lichtes und der Luft. Sie wachsen an Ufern und gestalten diese Übergänge von wässrigem und festem. Digestodoron ist eine Komposition, bei der die Einzelkomponenten keinen direkten Bezug zum Krankheitsprozess haben. Durch den gemeinsamen anthroposophisch-pharmazeutischen Prozess, in diesem Fall der Digestio, bei der sich schon im Herstellungsprozess Gemeinsamkeiten zum Verdauungsprozess erkennen lassen (Herstellung bei 37 °C im geschlossenen System), bekommt das Präparat seine Wirksamkeit. Es wird eingesetzt bei Rhythmusstörungen im Verdauungsprozess wie z. B. Durchfällen, Verstopfung, Reizdarm, Colitis ulcerosa und eignet sich auch zur Wiederherstellung des Darmmilieus nach Antibiotikagaben.

Unterstützung des Aufbaustoffwechsels

Die Leber verwandelt körperfremde Nahrungsbausteine in körpereigene Substanz, Lebensbausteine und Lebenskräfte entspringen ihr. Ist dieser Aufbaustoffwechsel gestört oder geschwächt, ist der ganze Organismus geschwächt, Symptome wie Erschöpfung, Müdigkeit, Schlafstörungen, Antriebslosigkeit, Verdauungsbeschwerden oder Hauterscheinungen stellen sich ein.

Eine Komposition zur Unterstützung der Aufbaukräfte in der Leber ist Hepatodoron (Weleda), welches gedörrte Blätter des wilden Weines und der Walderdbeere enthält. Beide Pflanzen zeigen einen besonderen Umgang mit Eiweiß- und Kohlehydratprozessen. Auch hier erreicht man erst durch den anthroposophisch- pharmazeutischen Prozess die optimale Wirkung.

Als Basismittel begleitet Hepatodoron die angegebenen Indikationen, begleitend wird das Präparat auch Patienten gegeben, die eine Leberschädigung durch eine lange Einnahme chemotherapeutischer Arzneimittel erfahren haben oder Vergiftungen erlitten haben. |

Literatur bei der Verfasserin

Autorin

Juliane Riedel ist Apothekerin in Leverkusen. Sie hat die Weiterbildung zur „Apothekerin und Referentin für An­throposophische Pharmazie (GAPid)“ absolviert und ist Referentin und ­Autorin, unter anderem des Kittel­taschenbuchs „Anthroposophische Arzneimittel“.

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